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RX-Versandverbot: SPD blockiert weiter, ADEXA sieht gute Beziehungen gefährdet

Die SPD blockiert weiterhin das generelle Versandverbot verschreibungspflichtigere Arzneimittel. ADEXA sieht nun die langjährigen guten Beziehungen zu den Sozialdemokraten gefährdet. | Bild: PTAheute

SPD-Ministerien bremsen RX-Versandverbot

Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hatte nach zweifacher Nachbesserung Mitte Februar einen Referentenentwurf zum Rx-Versandverbot an alle anderen Bundesministerien zur Ressortabstimmung geschickt. Schon während einer Vorabstimmung zu dem Thema hatte das SPD-geführte Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) protestiert und bemängelt, dass ein solches Gesetz europarechts- und verfassungswidrig sei. Das BMG änderte anschließend einige Passagen in der Begründung des Entwurfes und leitete die Ressortabstimmung trotzdem ein. Allerdings hat das BMG auch in der offiziellen Ressortabstimmung keine Einigkeit herstellen können. Aus Koalitionskreisen hieß es, dass gleich zwei Bundesministerien Veto eingelegt haben und das Gesetz nicht im Bundeskabinett haben möchten. Einerseits betrifft das das Bundesjustizministerium von Heiko Maaß (SPD). Das Justizministerium soll erhebliche europarechtliche und verfassungsrechtliche Bedenken haben. Noch viel deutlicher hat sich allerdings das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) von Brigitte Zypries (SPD) geäußert.

ADEXA mahnt SPD und fordert weiterhin ein generelles Versandverbot für rezeptpflichtige Arzneimittel

Angesichts der Verweigerungshaltung führender SPD-Politiker sieht ADEXA den sozialdemokratischen Gedanken mit anderen Augen. Wer multinationalen Konzernen Tür und Tor öffne, die bewährte niederschwellige Arzneimittelversorgung zerstöre und tausende an Arbeitsplätzen gefährde, sei als sozialdemokratischer Partner nicht ernst zu nehmen. Apothekenangestellte erwarteten von einer Regierungspartei, dass sie sich für familienfreundliche Arbeitsplätze und für wohnortnahe persönliche pharmazeutische Beratung einsetzt – und dass sie sich für die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung stark macht. Die Bundestagswahl naht. Apothekenangestellte seien nicht nur Wähler, sondern Multiplikatoren des öffentlichen Lebens.

In einer Resolution forderte auch die Apothekengewerkschaft ADEXA vergangenen Herbst ein generelles Versandverbot für rezeptpflichtige Arzneimittel. Der Gesetzgeber solle die Handlungsspielräume der Präsenzapotheken stärken und die pharmazeutische Kompetenz nutzen. Mit einem Verbot müsse der Einstieg großer Logistikkonzerne ohne jegliche pharmazeutische Kompetenz in den deutschen Markt verhindert werden. In der Resolution, die der Vorstand und die Vorsitzenden der ADEXA-Landesverbände unterzeichnet haben, heißt es, das EuGH-Urteil zu Rx-Boni verschaffe ausländischen Versandapotheken erhebliche Wettbewerbsvorteile gegenüber deutschen öffentlichen Apotheken. Denn sie müssten sich künftig nicht mehr an die deutschlandweit geltende Arzneimittelpreisverordnung halten. Dadurch werde sich der bereits seit 2009 anhaltende Rückgang der Apothekenzahlen weiter beschleunigen und von den 138.000 Arbeitsplätzen der Angestellten in öffentlichen Apotheken werde ein Teil abgebaut werden müssen. Die flächendeckende Arzneimittelversorgung von Patientinnen und Patienten durch Präsenzapotheken in Deutschland sei daher bedroht und werde sich mittelfristig deutlich verschlechtern.

Hintergrund

Nach einer Klage der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs (Wettbewerbszentrale) hatte das Oberlandesgericht Düsseldorf dem EuGH im März 2015 die Frage vorgelegt, ob es mit europäischem Recht vereinbar sei, wenn die in Deutschland geltende Preisbindung für rezeptpflichtige Arzneimittel auch auf Anbieter aus anderen EU-Mitgliedstaaten angewendet wird, die solche Medikamente nach Deutschland versenden. Bislang haben sowohl der Gesetzgeber als auch der Gemeinsame Senat der Obersten Gerichtshöfe des Bundes in Deutschland diese Frage ausdrücklich bejaht.

Doch nun hat der EuGH entschieden, dass diese Preisbindung für verschreibungspflichtige Medikamente in Deutschland gegen EU-Recht verstößt – für deutsche Apotheken bleibt die Preisbindung bestehen. Die Regelung stelle eine nicht gerechtfertigte Beschränkung des freien Warenverkehrs dar, urteilten die Richter in Luxemburg. Im aktuellen Fall ging es um eine Kooperation zwischen der Deutschen Parkinson Vereinigung mit Sitz in Neuss und der niederländischen Versandapotheke DocMorris. Danach konnten die Vereinsmitglieder bei DocMorris Boni für rezeptpflichtige Parkinson-Medikamente erhalten. Dagegen hatte die deutsche Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs (ZBW) vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf geklagt. Die deutsche Regelung, die auch EU-ausländischen Versandapotheken zur Einhaltung der Arzneimittelpreisverordnung verpflichtet, wenn sie Arzneimittel an Kunden in Deutschland versenden, stelle eine nicht gerechtfertigte Beschränkung des freien Warenverkehrs dar, so der Richter. Denn die Festlegung einheitlicher Abgabepreise wirke sich auf in anderen Mitgliedstaaten ansässige Apotheken stärker aus, sodass der Zugang zum deutschen Markt für Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten stärker behindert werden könnte als für inländische Erzeugnisse. Mit dieser Argumentation folgte der Gerichtshof ganz der Linie der DocMorris-Anwälte und des Generalanwalts.