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Neue Regeln zur Substitutionsbehandlung Opioidabhängiger

Die neue Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV) bringt Änderungen für die Apotheken. | Bild: dpa

Bereits Ende Mai war die jüngste Verordnung zur Änderung der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV) in Kraft getreten. Allerdings galten die Regelungen zunächst noch unverändert weiter – denn die Bundesärztekammer (BÄK) war zunächst aufgefordert, in einer Richtlinie Details zu Voraussetzungen und Zielen der Substitutionstherapie zu regeln. Der Verordnungsgeber wollte so bewusst die Therapiehoheit der Ärzteschaft stärken. Die BÄK ist diesem Auftrag mittlerweile fristgerecht nachgekommen. Diese Woche Montag wurde die Richtlinie im Bundesanzeiger bekannt gemacht. Damit finden die neuen BtMVV-Regeln seitdem Anwendung.

Warum die Änderungen?

Mit der Reform der BtMVV wollte der Verordnungsgeber die Möglichkeiten zur Behandlung opioidabhängiger Menschen ausbauen sowie an den wissenschaftlichen Erkenntnisfortschritt und an aktuelle praktische Bedürfnisse anpassen. Da viele langjährig Substituierte inzwischen auch in Pflegeheimen oder Hospizen leben, wird den behandelnden Ärzten die Betreuung dieser Patienten in diesen Einrichtungen erleichtert.

Bezug auch weiterhin unter Aufsicht

Grundsätzlich sollen Opioidabhängige ihr Substitutionsmittel auch künftig nur im Beisein von Fachpersonal einnehmen. Die neue Verordnung erweitert aber die Ausnahmen von diesem Grundsatz. Für Apotheken von Interesse ist nicht zuletzt die Ausweitung von Take-home-Verschreibungen. So wird etwa die bisherige Zwei-Tage-Ausnahmeregelung beibehalten, der Überbrückungszeitraum aber ausgedehnt, wenn einem Wochenende Feiertage vorausgehen oder folgen, auch wenn ein Brückentag dazwischenliegt (bis zu maximal fünf Tage). Auch die Sieben-Tage-Regel bleibt. Der Arzt muss eine solche Verschreibung nach dem Buchstaben „S“ zusätzlich mit dem Buchstaben „Z“ kennzeichnen (erst „S“, dann „Z“).

Neue Regelung zum Sichtbezug und zu „Take-Home“

Neu für Apotheken ist, dass die Substitutionspatienten selbst mit einem BtM-Rezept über Substitutionsmittel zum unmittelbaren Verbrauch (Sichtbezug) in die Apotheke kommen können. Bislang musste der substituierende Arzt die Verschreibungen über den Sichtbezug entweder selbst in der Apotheke vorlegen oder die Vorlage erfolgte durch von ihm beauftragtes Praxispersonal. Nun kann der Arzt, wenn er es für vertretbar hält, die Sichtbezugs-Verordnungen dem Patienten aushändigen. Wichtig für die Apotheken ist: Per Sichtbezug darf eine Apotheke nur versorgen, wenn sie zuvor eine entsprechende Vereinbarung mit dem Arzt geschlossen hat. Ohne diese ist der Sichtbezug unzulässig. Die Bundesapothekerkammer hat eine entsprechende Muster-Vereinbarung sowie eine Muster-Einwilligungserklärung zur Schweigepflicht-Entbindung erarbeitet. Die neuen Take-home-Verordnungen werden ebenfalls Veränderungen für die Apotheken mit sich bringen. Der Arzt kann stabilen Patienten jetzt in begründeten Einzelfällen Substitutionsmittel für bis zu 30 Tage verordnen. Ferner kann er auf Take-Home-Verordnungen die Abgabe von Teilmengen in der Apotheke festlegen. Der Patient kann also die verordnete Menge an mehreren ärztlich vorgeschriebenen Zeitpunkten in der Apotheke abholen. Ebenso kann der Arzt festlegen, dass das Substitutionsmittel dem Patienten in Teilmengen zu bestimmten Zeitpunkten zum unmittelbaren Verbrauch in der Apotheke oder der Arztpraxis (Sichtvergabe) zu überlassen ist.

Mehr Dokumentationsaufwand für Apotheken

Diese neue Form von Mischrezepten bedeutet Mehraufwand für Apotheken. Sie müssen sich etwa über die Lagerung des Anbruchs des Substitutionsmittels Gedanken machen. Vor allem aber werden mehr Abgaben und damit mehr Dokumentationen auf die Apotheken zukommen. Mehr Dokumentationspflichten entstehen zudem, weil im Falle des Sichtbezugs der Verbleib nicht mehr zwingend vom Arzt patientenbezogen nachzuweisen ist. Diese Pflicht wird auf weitere Fachkreise erweitert – darunter auch Apotheken –, wenn der substituierende Arzt mit ihnen eine Vereinbarung getroffen hat. Der Arzt, der die Nachweisführung nicht selbst vornimmt, muss dabei sicherstellen, dass diese andere Person ihm bis zum Ende jedes Kalendermonats über die Prüfung und Nachweisführung schriftlich oder elektronisch unterrichtet. Weiterhin müssen nun alle Take-home-Rezepte außer mit dem Buchstaben „S“ auch mit dem Buchstaben „T“ gekennzeichnet sein. Dabei ist das „T“ nach dem Buchstaben „S“ aufzubringen. Auch die Reichdauer in Tagen ist anzugeben.

Die ABDA hat für die wichtigsten Fragen der Apotheker und PTA ein FAQ-Papier „Opioidsubstitution“ zusammengestellt. Dieses kann im Mitgliederbereich unter www.abda.de (Info-Projekte) abgerufen werden.