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Wie geht es jetzt weiter?: Schachmatt für Jamaika-Koalition

Bild: mojolo / Adobe Stock

Mehr als vier Wochen lang hatten die Vertreter von CDU, CSU, FDP und Grünen über die Bildung einer Jamaika-Regierung verhandelt. Am späten Sonntagabend brach die FDP die Gespräche ab - dabei waren die anderen Parteien nach eigenen Aussagen zuversichtlich, dass es zu einer Einigung kommen würde und zeigten sich enttäuscht über das plötzliche Aussteigen der FDP. Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner begründete die Entscheidung mit der mangelnden Kompromissbereitschaft der Grünen. Seine Partei steht nach dem Jamaika-Ausstieg stark in der Kritik.

Wie geht es jetzt weiter?

Acht Wochen nach der Bundestagswahl ist noch immer offen, wie es mit der Regierungsbildung weitergeht. Am Montag rief Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Parteien auf, ihre Haltung zu überdenken und sich weiter um eine Regierungsbildung zu bemühen. Am Dienstag traf er die Parteichefs von Grünen und FDP, um sich über die Gründe für den Abbruch der Verhandlungen mit der Union zu informieren. Auch ein Treffen mit den Spitzen von CSU und SPD ist geplant. Zudem möchte er die Präsidenten von Bundestag, Bundesrat und Bundesverfassungsgericht in den nächsten Tagen sprechen und dabei Möglichkeiten ausloten, doch noch zu einer neuen Regierung zu kommen. Doch wie könnte so eine Regierung aussehen?

Option 1: Doch Jamaika?

Diese Option ist eher unwahrscheinlich, dennoch betonen Vertreter von CDU und Grünen, dass die Türen für die Liberalen noch immer offen seien. Vielleicht lässt sich FDP-Chef Lindner ja im Gespräch mit dem Bundespräsidenten dazu bewegen, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. 

Option 2: GroKo mit der SPD

„Wer sich in Wahlen um politische Verantwortung bewirbt, der darf sich nicht drücken, wenn man sie in den Händen hält“, sagte Steinmeier nach dem Platzen der Jamaika-Verhandlungen. Diese Worte richteten sich nicht nur an die FDP, sondern sicherlich auch an Steinmeiers eigene Partei. Bisher schließt die SPD eine weitere Große Koalition (GroKo) strikt aus. Ob Parteichef Martin Schulz sich von Steinmeier doch noch überzeugen lässt, über eine Verlängerung der GroKo zu verhandeln?

Option 3: Minderheitsregierung

Sollten FDP und SPD bei ihrer Entscheidung bleiben, hat Angela Merkel keine für sie akzeptable Möglichkeit mehr, eine Regierung zu bilden, denn eine Koalition mit der AfD hat sie ausgeschlossen und andere Zusammenschlüsse (z.B. Rot-Rot-Grün) würden keine Mehrheit bringen. Bliebe eine Minderheitsregierung unter der Führung Merkels, etwa mit den Grünen oder der FDP. Das bedeutet, bei jeder Entscheidung müsste sich die Regierung eine Mehrheit mit Stimmen aus der Opposition organisieren - immerwährende Verhandlungen und wechselnde Bündnisse wären die Folge. Im Gegensatz zu einer Koalition, die dank einer dauerhaften Stimmenmehrheit ihre Gesetzesvorhaben durchbringen kann, bedeutet eine Minderheitsregierung Instabilität. Sie wäre in Deutschland auf Bundesebene ein Novum.

Option 4: Neuwahlen

Auch Neuwahlen sind ein mögliches Szenario. Der Weg dorthin ist aber verfassungsrechtlich nicht einfach, denn dazu müsste der Bundespräsident den Bundestag zunächst auflösen. Dies wäre denkbar, wenn die Kanzlerwahl mehrfach scheitert. Bedeutet: Laut Artikel 63 Grundgesetz muss Bundespräsident Steinmeier dem Bundestag nach einer Bundestagswahl einen Kandidaten für die Kanzlerwahl vorschlagen - höchstwahrscheinlich Angela Merkel. Sie bräuchte bei der Wahl die absolute Mehrheit im Parlament, die sie unter den gegebenen Umständen wohl verfehlen dürfte. Dann hätte der Bundestag 14 Tage Zeit, um auf Grundlage eigener Vorschläge einen Kanzler zu wählen. Auch hier wäre eine absolute Mehrheit erforderlich. Scheitert auch der zweite Wahlgang, ist ein dritter möglich, bei dem Frau Merkel (oder einem anderen Kandidaten) eine einfache Mehrheit der Stimmen reichen würde. In diesem Fall müsste der Bundespräsident die Entscheidung treffen, ob er Angela Merkel zur Kanzlerin ernennt und es eine Minderheitsregierung gibt, ober ob er den Bundestag auflöst und Neuwahlen stattfinden. Diese Neuwahlen müssten innerhalb von 60 Tagen nach der Auflösung erfolgen.

Regierungs-Krimi mit offenem Ende

Die Regierungsbildung bleibt also spannend. Alle hoffen, dass schleunigst eine Lösung gefunden wird und bis Weihnachten sollte sich entschieden haben, ob wir uns auf Neuwahlen einstellen müssen oder nicht. Wir halten Sie auf dem Laufenden.