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ACC & Co. ohne Evidenz: Honig gegen Husten?

Bild: Ruslan Mitin / Adobe Stock

Was empfehlen Sie Ihren Husten-Patienten? ACC und Ambroxol vielleicht bei Schleimhusten, Dextrometorphan bei Patienten mit Reizhusten? Oder pflanzliche Alternativen mit Thymian, Efeu, Primel? Nach Ansicht eines amerikanischen Wissenschaftler-Teams sind Sie damit auf der völlig falschen Spur. Denn geht es nach den Forschern, sollten Hustenpatienten eigentlich nichts tun, Honig essen und Zink nehmen. Vor allem aber von ACC und Dextrometorphan die Finger lassen.

Dass so richtig tolle Daten zur Wirksamkeit von OTC-Hustenmitteln rar sind, ist ein alter Hut – wobei es Bionorica beispielsweise gelang, für ihr Bronchipret® die Wirksamkeit nachzuweisen. Jedoch weit verbreiteter Standard ist das nicht bei Hustenpräparaten. Das wollten amerikanische Wissenschaftler endlich ändern: Sie durchforsteten Studien und Untersuchungen, um herauszufinden: Was hilft bei einem erkältungsbedingten Husten? Sechs einfache Fragen stellten sie sich hierzu, um die gängigen Therapieempfehlungen bei einem gewöhnlichen Erkältungshusten zu durchleuchten.

Hilft ACC? Wirkt Dextrometorphan?

Verkürzt Acetylcystein (ACC) den Husten – ja oder nein? Die Wissenschaftler ziehen ein ernüchterndes Fazit. Sie kommen zu dem Schluss, dass nach einer Therapiedauer von einer Woche mit ACC sich der Husten durchaus besserte. Allerdings – das sei auch ohne Arzneimittel der Fall. Sie sehen folglich in einer ACC-basierten Hustenlöser-Therapie keinen Nutzen für den Patienten – und raten davon ab. ACC ist hier jedoch nicht allein auf weiter Flur. Auch andere Hustenlöser wie Bromhexin und Guaifenesin ereilt dieses Schicksal: keine Empfehlung. Guaifenesin ist vor allem in den Vereinigten Staaten verbreitet, in Deutschland findet sich das Expektorans eher seltener, unter anderem aber in Wick® Hustenlöser-Sirup und Fagusan®.

Wie schaut es bei den Hustenstillern aus? Dextrometorphan wird als Antitussivum kein besseres Zeugnis ausgestellt. Die Daten, die zur Verfügung stehen, sind laut den Wissenschaftlern nicht ausreichend für eine Empfehlung. Selbst Codein nicht – was in den Vereinigten Staaten, im Gegensatz zu Deutschland, als OTC-Präparat erhältlich ist.

Auch nicht gut bestellt ist es um Erkältungskombis mit Antihistaminen wie Doxylamin oder Sympathomimetika wie Pseudoephedrin, die systemisch abschwellend auf Schleimhäute wirken. Auch hier dürfte das Fazit der Wissenschaftler wenig überraschen: Keine Empfehlung für Paracetamol, Diphenhydramin und Pseudoephedrin-Kombis. Selbst wenn die Experten wohl durchaus positive Daten für eine Kombination aus Paracetamol, Ephedrin, Dextrometorphan und Doxylamin fanden, für eine Empfehlung überzeugten die Daten dann wohl nicht hinreichend.

Honig gegen Husten? Und: Zink hilft!

Auch kein gutes Haar lassen die Wissenschaftler an NSAR. Können NSAR einen Husten bessern, indem sie die Entzündung verringern? Laut den Experten: nein. NSAR beeinflussten in keiner Weise, die Dauer oder die Stärke des Hustens. Nach diesen ersten drei Punkten – ACC, Dextrometorphan, Erkältungskombis – keimt schon fast der Gedanke auf: alles ist nichts. Doch ganz so, wie es scheint, ist es nicht – auch wenn die Empfehlung der Wissenschaftler nur teilweise in der Apotheke zu bekommen ist. Denn sie sehen Potenzial bei Honig und Zink.

Wie wirkt sich Honig auf Husten aus? Insbesondere die Hustentherapie mit Honig bei Kindern nahmen die Wissenschaftler unter die Lupe – und finden durchaus, dass Honig einen guten Effekt bei akutem Husten erzielen könne, es sei verglichen mit Placebo sogar wirksamer gewesen.

Auch zu einer Empfehlung für Zink-Präparate können sich die Amerikaner durchringen. Denn die Frage, ob Zink die Hustendauer verkürzt, kann mit „ja“ beantwortet werden. Einschränken müssen die Wissenschaftler ihre Empfehlung allerdings für Kinder, denn die Studien hierzu wurden hauptsächlich in Zinkmangel-Ländern durchgeführt. Somit könnten diese Daten nicht einfach auf Länder mit einer guten Zinkversorgung wie die Vereinigten Staaten übertragen werden.

Keine Evidenz bedeutet nicht automatisch „wirkungslos“

Nun, was sollen PTA und Apotheker jetzt empfehlen? Doch den Rat der amerikanischen Wissenschaftler beherzigen: Honig essen, Zink nehmen und auf ACC verzichten? Und den Patienten mit leeren Händen aus der Apotheke schicken? Nein, denn in der Apotheke muss stets auch der Wunsch des Patienten berücksichtigt werden. Und das „Patientenbedürfnis“ ist wiederum fester Bestandteil einer evidenzbasierten Medizin.

Nasensprays wirken, auch mit fehlender „Evidenz“

Außerdem bedeutet „keine Evidenz“ oder „kein Nachweis der Wirksamkeit“ nicht automatisch, dass die Arzneimittel wirkungslos sind. Es fehlen einfach nur gute Daten dazu. Bestes Beispiel: abschwellende Nasensprays mit Xylometazolin. Hier wurden Studien an über 2000 Teilnehmern ausgewertet, und das Fazit lautete: Abschwellende Nasentropfen oder -sprays hätten einen kleinen positiven Effekt auf das Symptom „verstopfte Nase. Inwiefern dieser Effekt jedoch relevant sie, ließe sich nicht sage; die Evidenz reiche nicht aus, um belastbare Schlussfolgerungen zu ziehen. Nun weiß wohl aber jeder aus leidvoller Erfahrung mit einem Schnupfen, wie segensreich Xylometazolin sein kann. Auch ohne Evidenz.