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Passt die Grippeimpfung für die aktuelle Grippewelle?

schützt nur die Vierfach-Grippeimpfung vor der aktuellen Grippewelle oder wirkt auch die Dreifach-Impfung? | Bild: REDPIXEL / Adobe Stock

Für Grippe-Experten wohl die Frage schlechthin in jeder neuen Influenza-Saison: Wie gut passt der eingesetzte Impfstoff auf das tatsächlich kursierende Grippevirus? Haben die Wissenschaftler einen „guten Job“ gemacht und liegen mit ihrer Prognose richtig? Denn die Entwicklung von Grippeimpfstoffen erfolgt für jede Saison neu. Die Empfehlung, welche Impfkomponenten in jedem Grippewinter „verimpft“ werden sollen, spricht die Weltgesundheits-Organisation WHO aus – und es bleibt immer ein bisschen ein Blick in die Kristallkugel und eine spannende Frage: Passt die Grippeimpfung in dieser Saison auf das aktuelle Virus?

Nur die Vierfach-Grippeimpfung schütz vor der aktuellen Grippewelle

Die derzeitige Grippewelle in Deutschland stuft das Robert Koch-Institut (RKI) aktuell noch mit „mäßig“ ein. Auch andere europäische Länder kämpfen mit der Virusinfektion: Italien und Irland trifft es am heftigsten. Beide Länder melden eine „hohe Grippeaktivität“. Für die Grippewelle maßgeblich verantwortlich ist in dieser Saison ein Influenza B-Stamm, die Yamagata-Linie. Fast 60 Prozent der nachgewiesenen Grippeviren der Patienten gehören zu dieser B-Linie. Welche Impfung schützt davor? Leider nicht jede, lediglich die Vierfach-Grippeimpfung bietet einen Schutz gegen diesen Grippevirus-Stamm. Was sollen nun Patienten tun, die in der aktuellen Grippesaison „nur“ einen Dreifachimpfschutz erhalten haben – nichts oder nachimpfen? Das RKI spricht sich hier klar aus – es empfiehlt keine generellen Nachimpfungen mit einer quadrivalenten Vakzine, wenn Patienten bereits mit einem dreifachen Impfschutz aufwarten können. Allerdings könnte in Einzelfällen, die der Arzt entscheidet, eine Nachimpfung durchaus indiziert sein, und zwar für Hochrisikopatienten. Darunter versteht das RKI beispielsweise Patienten, die gleichzeitig an COPD und Herzinsuffizienz leiden. Wie verträglich ist aber eine solche Nachimpfung für die Patienten? Die Impfexperten gehen davon aus, dass es bei einer Nachimpfung mit dem Vierfach-Impfstoff verstärkt zu den für Influenza-Impfungen üblichen unerwünschten Wirkungen kommen kann. Typischerweise klagen die Patienten nach dem Grippeschutz über Schwellungen und Rötungen an der Injektionsstelle.

Patienten mit einer Dreifach-Grippeimpfung könnten dennoch geschützt sein

Doch selbst Patienten mit einem „einfachen“ Dreifach-Impfschutz könnten gegen das hauptsächlich zirkulierende Virus geschützt sein, und das, obwohl der Dreifachimpfstoff diese Komponente gar nicht enthält – wie funktioniert das? Auch der trivalente Grippeimpfstoff hat nämlich eine Influenza B-Komponente, und zwar die Victoria-Linie. Diese könnte aufgrund von Kreuzimmunität einen gewissen Schutz auch vor der Yamagata-Linie bieten. Das RKI schränkt allerdings gleichzeitig ein, dass eine exakte Voraussage, wie groß dieser Schutz sein könne, nicht möglich sei. Und noch eine weitere Möglichkeit des Schutzes vor der Yamagata-Linie besteht. Ist dieser Stamm auch in dieser Saison in der dreifachen Impfung nicht enthalten, war er jedoch in vergangenen Influenzasaisons bereits Bestandteil der Impfung. Das bedeutet: Treue und eifrige Grippeimpfungsempfänger könnten durch eine frühere Impfung noch einen gewissen Schutz haben. Auch hier verweist das RKI auf die theoretische Überlegung. Aber es gibt auch gute Nachrichten zur Grippeimpfung: Denn neben den Influenza B-Viren, zirkulieren zu 30 Prozent Influenza A-Viren H1N1. Diese Komponente passt, und vor diesem Influenzasubtyp A H1N1 schützt sowohl die Dreifach- als auch die Vierfach-Grippeimpfung. In der vergangenen Grippesaison 2016/17 war die Impfstoffzusammensetzung ungünstiger. Damals zeichneten sich zu 75 Prozent Influenza A-Viren des Subtyps H3N2 für die Grippewelle verantwortlich – dieser war in den Impfstoffen 2016/17 jedoch gar nicht enthalten gewesen.

Macht eine Grippeimpfung jetzt noch Sinn?

Der optimale Zeitpunkt für Patienten, sich gegen Grippe impfen zu lassen, sind die Monate Oktober und November. Bis ein ausreichender Grippeschutz aufgebaut ist, dauert es etwa zehn bis 14 Tage. Doch auch zum jetzigen Zeitpunkt sprechen sich die Impfexperten des RKI noch für eine Grippeschutzimpfung aus, falls Patienten bislang noch nicht geimpft sind. Der Hochpunkt der Influenzawelle lässt sich schwer voraussagen, genau so wenig die Dauer der Grippewelle, so dass auch selbst zu Beginn einer solchen eine Influenzaimpfung sinnvoll ist: „Die Schwere und der Verlauf einer Grippewelle lassen sich nie vorhersagen, weil sie von vielen verschiedenen Faktoren abhängen. Grippewellen verlaufen von Saison zu Saison und auch von Region zu Region sehr unterschiedlich; wie heftig eine Welle tatsächlich war, weiß man erst am Ende der Welle,“ erklärt eine Sprecherin des RKI.

Ab nächster Influenzasaison 2018/19: Vierfach-Grippeimpfung für alle

Die aktuelle Grippesaison scheint die Entscheidung des Robert Koch-Instituts zur vierfachen Grippeimpfung zu untermauern. Erst jüngst hatte die Ständige Impfkommission am Robert Koch-Institut ihre Impfempfehlungen zur Grippeschutzimpfung aktualisiert: Sah die STIKO bislang keinen grundsätzlichen Vorteil einer tetravalenten Grippeschutzimpfung gegenüber einem lediglich dreifachen Grippeschutz, hat sie ihre Meinung hierzu mittlerweile geändert. Mit Beginn der kommenden Grippesaison 2018/19 sollen alle Patienten, denen ein Grippeschutz empfohlen wird, mit der quadrivalenten Vakzine geschützt werden. Dreifach- und Vierfachimpfungen hatten in der Vergangenheit immer wieder zum Zwist zwischen Patienten und Krankenkassen geführt. Der Leistungskatalog der GKV orientiert sich bei den Impfungen an den STIKO-Empfehlungen, sprich bislang der Dreifachimpfung. Die GKV-Patienten fühlten gegenüber privat Krankenversicherten hier benachteiligt und zurückgesetzt – private Kostenträger sind auch seither in der Regel schon für die Vierfachimpfung bei Grippe in Leistung getreten und haben ihren Versicherten die Kosten erstattet.