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Nach dem Tod mehrerer Krebspatienten: AMK warnt vor 3-Brompyruvat

Bild: vege / Adobe Stock

Der Tod von mindestens drei Krebspatienten, die kurz nach einer alternativmedizinischen Behandlung eines Heilpraktikers aus Brüggen-Bracht verstarben, sorgte im Sommer 2017 für großes Aufsehen und rief gesundheitspolitische Debatten um die rechtlichen Handlungsspielräume von Heilpraktikern hervor. Obwohl die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Krefeld noch immer laufen und ein direkter Zusammenhang der Todesfälle mit der Gabe des ungeprüften Mittels Brompyrovat nicht bewiesen ist, informiert die AMK nun offiziell darüber, wie Apotheker mit dem Brenztraubensäure-Derivat 3-BP umgehen sollten.

3-Brompyruvat könnte tatsächlich gegen Krebs wirken

In der Stellungnahme erläutert die AMK die potenzielle zytotoxische Wirkung auf Krebszellen. Sie vermutet, dass das Mittel 3-Brompyruvat tatsächlich relativ selektiv die Energieproduktion von Krebszellen hemmen könnte, weil es in den Glukosestoffwechsel eingreift und Krebszellen als Energiequelle den raschen Abbau von Glucose ohne Sauerstoffzufuhr (Warburg-Effekt) bevorzugen. Allerdings gäbe es bislang wenig Untersuchungen hierzu. In verschiedenen Tiermodellen zeigte 3-BP deutliche tumorspezifische antitumorale Wirkungen − eine rasche Eradikation − „ohne toxische Effekte“, so die AMK. Der Mechanismus dieser Wirkung in experimentellen Tumorstudien sei aber ungeklärt, da 3-BP außer der Hemmung der Glykolyse weitere Effekte zeigt. Auch über die Pharmakokinetik von 3-BP sei wenig bekannt.

Nicht ohne ärztliche Verschreibung abgeben

Bisher hat keine Bundesoberbehörde 3-BP als bedenklich eingestuft, betont die AMK. Potenziell wirksame Dosierungsbereiche und Toxizität sind nicht hinreichend bekannt. Nach Meinung der AMK erscheint daher nur die Anwendung als Heilversuch unter genau geprüften Umständen und unter Zustimmung einer Ethikkommission gerechtfertigt. 
Auf Rezepturen mit 3-BP treffe zu, was die AMK in den allgemeinen Empfehlungen ihrer Information zu “Bedenklichen Rezepturarzneimitteln“ anführt, schreibt die Kommission: „Stoffe, gegen die Vorbehalte wegen unzureichender Daten bestehen, können in Rezepturarzneimitteln nur Mittel der ferneren Wahl sein. Die AMK rät von der Abgabe ohne ärztliche Verschreibung und von der defekturmäßigen Herstellung dringend ab.“

Nutzen/Risiko-Bewertung durchführen und dokumentieren

Wie soll die Apotheke nun reagieren, wenn sie ein Rezept für ein 3-BP-haltiges Rezepturarzneimittel vorgelegt bekommt? Die AMK rät, dass die Apotheke sich beim Arzt über die Hintergründe der Verordnung informieren und ihm ihre Vorbehalte, möglichst mit Literaturbelegen, erläutern soll. Apotheker und Arzt sollten anhand der Literaturdaten gemeinsam den zu erwartenden Nutzen und die möglichen Risiken für den individuellen Patienten bewerten und Therapiealternativen in Erwägung ziehen. "Bewertet einer der Beteiligten das Nutzen/Risiko-Verhältnis negativ, so soll die Rezeptur nicht angefertigt werden", schreibt die AMK. "Die Apotheke sollte die Ergebnisse der Nutzen/Risiko-Bewertung dokumentieren."

Außerdem müsse bei Vorlage einer Verschreibung eines 3-BP-haltigen Rezepturarzneimittels zunächst die pharmazeutische Qualität des Ausgangsstoffes und des Endproduktes sichergestellt werden. „Da dies hier voraussichtlich nicht entsprechend Paragraf 11 der ApBetrO möglich ist, müssen Apotheker und verschreibender Arzt Nutzen und Risiken auch im Hinblick auf die pharmazeutische Qualität und die vorgesehene Indikation gegeneinander abwägen“, erklärt die AMK.