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Hilfestellung oder neue Retaxgefahr?: Seit dem 1. April muss die PZN aufs Kassenrezept

Seit dem 1. April muss zu jedem verordneten Arzneimittel auch eine PZN auf dem Rezept angegeben werden. Aber was, wenn sie fehlt oder nicht mit dem Medikament übereinstimmt? | Bild: pikselstock / Adobe Stock

Worum geht’s?

Die Vorgabe, die Rezepte mit der Pharmazentralnummer (PZN) zu versehen geht auf das sogenannte Arzneimittelversorgungs-Wirtschaftlichkeitsgesetz (AVWG) zurück, welches am 1. Mai 2006 in Kraft trat. Ziel des Gesetzes war es, die Arzneimittelausgaben bei gesetzlich Versicherten weiter zu reduzieren. Es enthielt unter anderem auch einige Anforderungen an die Verordnungssoftware der Arztpraxen. So wurde Praxissoftware verboten, die keinen manipulationsfreien Preisvergleich von Arzneimitteln ermöglicht. Nur noch von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) zertifizierte Software darf in den Arztpraxen zum Einsatz kommen. Zuvor war es üblich, dass die Pharmaindustrie über die Software versuchte, das Verordnungsverhalten der Ärzte zu beeinflussen.

Praxissoftware muss auf dem neuesten Stand sein

Außerdem wurde festgelegt, dass für die Verordnung von Arzneimitteln nur elektronische Programme verwendet werden dürfen, die auf dem neuesten Stand sind. Dazu zählen unter anderem Informationen zu Arzneimittelpreisen und den Inhalten der Arzneimittelrichtlinien. Seit dem 1. April müssen deshalb die Arzneimittelstammdaten in der Verordnungssoftware der Ärzte monatlich aktualisiert werden. Sollte der Zeitpunkt des vorgesehenen Updates dann um fünf Arbeitstage überschritten werden, erhält der Arzt einen Hinweis. Bisher erfolgte die Aktualisierung der Daten mindestens quartalsweise. Der alte Aktualisierungszeitraum war dem Gesetzgeber nicht ausreichend. In der Begründung heißt es, dass Ärzte ihrer Pflicht zur wirtschaftlichen Verordnung nur mit aktuellen Preis- und Produktinformationen nachkommen können. Außerdem unterstützen die aktuellen Daten den Arzt dabei, die Patienten ausreichend zu informieren, zum Beispiel über Aufzahlungen bei Festbeträgen, Rabattverträgen oder therapeutischen Alternativen. Besonders wichtig für Apotheken: Mit der höheren Aktualisierungsfrequenz sollen Retaxationen vermieden werden. Diese können derzeit entstehen, wenn Apotheken aufgrund ihrer aktuellen Software andere Informationen verwenden als der verordnende Arzt.

PZN wird automatisch mit aufs Rezept gedruckt

Ebenfalls seit dem 1. April 2018 wird die Pharmazentralnummer (PZN) der Arzneimittel automatisch mit auf das Rezept gedruckt. Damit soll die Verordnung eindeutiger gestaltet werden, wodurch die Bearbeitung der Rezepte in der Apotheke erleichtert werden kann. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) verspricht sich davon, dass „Fehlinterpretationen in der Apotheke“ vermieden werden. In der Folge soll es so zu weniger entsprechenden Rückfragen in den Arztpraxen kommen. Im AVWG heißt es: „Auf Rezepten dürfen nur Produkt- beziehungsweise Wirkstoffbezeichnung, Wirkstärke, Darreichungsform, Packungsgröße und gegebenenfalls Normgröße angegeben werden. Die gleichzeitige Angabe von Packungsgröße und Normgröße ist zulässig. Soweit verfügbar, ist die PZN anzugeben“.

Ist die fehlende PZN-Angabe heilbar?

Versäumt ein Arzt es, die PZN auf das Rezept zu drucken, können Apotheker die Rezepte dennoch weiterhin beliefern. Wie eine Sprecherin des LAV-Baden-Württemberg gegenüber DAZ.online erklärt, gilt die Vorgabe nur für Ärzte. Weder in den gültigen Lieferverträgen, noch in der Arzneimittelverschreibungsverordnung ist die Angabe der PZN aktuell gefordert. Ein Retax-Risiko wegen fehlender PZN sieht der Verband derzeit nicht.

PZN und Arzneimittelbezeichnung stimmen nicht überein – was tun?

Anders ist die Situation allerdings, wenn PZN und Arzneimittelbezeichnung nicht übereinstimmen. Dann liegt nach Recherchen von DAZ.online eine sogenannte unklare Verordnung vor – und zwar ganz unabhängig von der neuen Vorgabe an die Ärzte. Nach § 17 (5) der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) muss die Apotheke in solchen Fällen Rücksprache mit dem Arzt halten. Ist der Sachverhalt geklärt, kann die Apotheke die falsche PZN korrigieren – mit Handzeichen und Datum versehen versteht sich. Dieser Sachverhalt falle unter §3 des Rahmenvertrags und sei somit heilbar. Wie einzelne Kassen dann damit umgehen, kann man natürlich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen. Daher rät beispielsweise der Landesapothekerverband Baden-Württemberg seinen Mitgliedern vor allem bei Hochpreisern beim Arzt ganz genau nachzuhaken und vielleicht sogar dort auf Korrektur zu drängen.

Die betroffenen Praxen, bei denen es zu unklaren Verordnungen aufgrund unterschiedlicher PZN und Bezeichnungen kommt, so ergaben Recherchen der Kollegen von DAZ.online, nutzen allesamt eine bestimmte Software der CompuGroup Medical SE. DAZ.online hat beim Anbieter nach möglichen Ursachen gefragt:

PZN auf Rezept passt nicht zum Arzneimittel - daran liegt es

Übrigens: Befindet sich auf dem Rezept nur eine PZN und die Arzneimittelbezeichnung im Wortlaut fehlt, ist die Verordnung nicht vollständig. Denn die AMVV fordert explizit die Bezeichnung des Fertigarzneimittels auf dem Rezept. Auch hier ist Rücksprache mit dem Arzt erforderlich.