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Auffällige Zeckenfunde? – bitte melden!

Bis zu dreimal so groß wie ihr europäischer Verwandter, der gemeine Holzbock (links) – die tropische Zecke Hyalomma (rechts) | Bild: Uni Hohenheim / Marco Drehmann

Tropische Zecke in Deutschland: Hyalomma

Sie heißen Hyalomma marginatum und Hyalomma rufipes. Eigentlich sind sie in Afrika, Asien und Südeuropa zu Hause. Diese Zeckenarten sind doppelt bis dreimal so groß wie die bei uns heimischen Zecken. Im vergangenen Jahr meldeten Forscher der Universität Stuttgart-Hohenheim zahlreiche Hyalomma-Funde in Deutschland. Man nimmt an, dass die tropischen Zecken mit Zugvögeln zu uns kamen.

Nutznießer des Klimawandels

Diese Hyalomma-Entdeckungen werden wohl nicht die einzigen bleiben. „Der Klimawandel scheint es der Hyalomma-Zecke zu erlauben, auch dauerhaft in Deutschland Fuß zu fassen“, vermutet Professor Dr. Ute Mackenstedt, Zeckenexpertin an der Universität Hohenheim. Hyalomma-Zecken bevorzugen eine geringere Luftfeuchtigkeit als die bei uns heimischen Zecken wie etwa der Gemeine Holzbock (Ixodes ricinus). Der trocken-heiße Sommer im vergangenen Jahr kam ihnen also zugute.

Ein aktiver Jäger

Die Hyalomma-Zecke hat nicht nur ein anderes Erscheinungsbild als unsere heimischen Zecken. Sie legt auch ein abweichendes Verhalten an den Tag, erklärt die Hohenheimer Zeckenforscherin: Während der heimische Holzbock als „Lauerzecke“ auf Gräsern oder an Büschen wartet, bis er von Wildtieren oder dem Menschen abgestreift wird, geht Hyalomma aktiv auf die Jagd. Die tropische Zecke erkennt Warmblüter auf Distanzen von bis zu zehn Metern. Sie kann ihren Wirt verfolgen und dabei eine Strecke von 100 Metern zurücklegen.  

Anderes Erreger-Spektrum

Die erwachsenen Hyalomma-Zecken saugen Blut vor allem an großen Tieren. Auch der Mensch ist ein potenzieller Wirt. Die Larven- und Nymphen-Stadien sind dagegen vor allem an Vögeln und Kleinsäugetieren zu finden. Sie bleiben bis zu 28 Tage auf ihrem Wirt. Ob diese bei uns neuen Zeckenarten hier auch Krankheiten übertragen, ist laut Professor Ute Mackenstedt noch unklar. In ihrer Heimat ist Hyalomma jedoch Überträgerin einiger gefährlicher Krankheitserreger. Dazu gehören Viren, die das Hämorrhagische Krim-Kongo-Fieber auslösen sowie Rickettsien-Bakterien, die eine Form des Fleckfiebers verursachen. Solche Rickettsien wurden in einigen der in Deutschland gefundenen Hyalomma-Exemplare nachgewiesen, betont Mackenstedt. 

Forscher bitten um Zusendung

Um die Ausbreitung und mögliche Gefahren durch die neuen Zecken zu erforschen, bittet die Wissenschaftlerin nun die Bevölkerung um Mithilfe: „Wir sind dankbar um jede eingesandte Hyalomma-Zecke, die wir im Labor erforschen können.“ Insbesondere wer reitet, sollte beim Pferdestriegeln aufmerksam sein. Hyalomma befällt nämlich gerne große Säugetiere. Festgebissene Zecken entfernt man wie auch den Holzbock am besten mit Zeckenzange, Zeckenkarte oder Pinzette. Das Tierchen kann man in einem kleinen, festverschlossenen Gefäß mit Angabe des Fundorts senden an: 

Prof. Dr. Ute Mackenstedt 
Fachgebiet für Parasitologie 
Emil-Wolff-Straße 34 
70599 Stuttgart 

Auch ein (Handy-)Foto kann hilfreich sein (bitte senden an: tropenzecken@uni-hohenheim.de). Weitere Informationen gibt es unter: zecken.uni-hohenheim.de

Zecken-Jahr 2018: FSME-Rekord

Auch in anderer Hinsicht war 2018 ein auffälliges Zecken-Jahr. So gab es im vergangenen Jahr die höchste jemals gemessene Zeckenaktivität in Deutschland. Bei der Zecken-übertragenen FSME (Frühsommer-Meningoenzephalitis) wurde ebenfalls ein Rekordhoch verzeichnet: Bundesweit erkrankten 583 Menschen an FSME. Dieser Höchststand ist zum einen auf die hohe Zeckenzahl im vergangenen Jahr zurückzuführen. Zum anderen hielten sich wegen des anhaltend schönen Wetters die Menschen häufig im Freien auf und waren daher Zecken-exponiert, erklärt PD Dr. Gerhard Dobler, Leiter des Nationalen Konsiliarlabors für FSME am Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr.

FSME-Erreger wandert nach Norden

Circa 85 Prozent aller FSME-Erkrankungsfälle treten in Bayern und Baden-Württemberg auf. In 2018 wurden mit 47 Prozent die meisten Fälle aus Baden-Württemberg gemeldet, so Dr. Rainer Oehme vom Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg. Allerdings ist der FSME-Erreger auch in nördlicheren Bundesländern auf dem Vormarsch. Erstmals gibt es mit dem Landkreis Emsland auch in Niedersachsen ein Risikogebiet. 

Zu niedrige Impfraten

Die Experten beklagen die in Deutschland nach wie vor niedrige FSME-Durchimpfungsrate. So seien nur 20 bis 40 Prozent der Bevölkerung gegen FSME geimpft. Die Krankheitszahlen lägen deshalb rund viermal höher als in Österreich, wo 80 Prozent der Bevölkerung geimpft seien.  

Quelle: Pressekonferenz zu aktuellen Forschungsergebnissen im Zeckenjahr 2018, Universität Hohenheim, 27. Februar 2019