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So steht’s bei der Bühler-Petition

Die Unterschriftenbögen, mit denen Apotheken ihre Apothekenkunden mitzeichnen lassen, werden unter anderem von Noweda zur Verfügung gestellt. | Bild: DAZ.online

Apotheken können seit dem 17.07.2019 Unterschriften für den Erhalt der Apotheke vor Ort sammeln. Nachdem Apotheker Christian Redmann im vergangenen Jahr eine Petition für ein Rx-Versandverbot im Online-Portal openPetition gestellt hatte, die derzeit übrigens rund 60.000 Mitzeichner hat, geht es nun um eine e-Petition beim Deutschen Bundestag. Die hatte der 19-jährige Pharmaziestudent Benedikt Bühler schon vor einigen Monaten eingereicht. Der Petitionsausschuss hatte dem Studenten vor einiger Zeit mitgeteilt, dass eine gesonderte Veröffentlichung nicht möglich sei, Bühler hatte aber dagegen protestiert. Seit dem 17.07.2019 ist die Petition nun online. Online ist der derzeitige Mitzeichner-Stand bei 7.450. Die Hoffnung liegt nun auf den Unterschriftenbögen, die morgen zu den Pharmagroßhandlungen Noweda, Leopold Fiebig und PharmaPrivat gesendet werden sollen. 

Feedback aus den sozialen Netzwerken 

„Die Petition läuft schon auf Halbzeit und doch sind es erst knappe 7.500 Unterschriften online – unfassbar bei fast 20.000 Apotheken.“ „150.000 Arbeitsplätze zählt man in Deutschlands Apotheken, aber wo sind die Unterzeichner, die Akteure für unsere berufliche Zukunft? […]“ „Wenn jede Apotheke nur 20 Unterschriften sammelt, kämen wir auf 400.0000.“ „Wisst ihr, was für eine Niederlage das für uns ist, wenn das Quorum nicht erreicht wird? Die Politik wird denken: „Ach guck mal! Den Apotheken geht‘s noch gut!“ Solche und viele ähnliche Appelle findet man bei Facebook. 

Christian Redmann ruft zur Unterstützung auf 

Apotheker Christian Redmann, dessen Petition für ein Rx-Versandverbot bei openPetition lief und leider trotz erreichtem Quorum (61.194 Unterstützer) vor dem Petitionsausschuss nicht besprochen wurde, rief die Mitzeichner seiner Petition auf, die Petition des jungen Kollegen zu unterstützen. 

Und Unterstützer braucht es noch so einige. Denn bislang haben erst 7.450 Personen (Stand: 02. August 2019, 11:00 Uhr) online mitgezeichnet. Zwar dürfte da noch eine Reihe von „echten“ Unterschriften dazukommen – schließlich sammeln viele Apotheken vor Ort mithilfe von Unterschriftenbögen. Bis Samstag, den 3. August 2019, sollen die Mitzeichnungsbögen (Sie finden sie zum Download am Ende des Textes) an die entsprechenden Großhandlungen beziehungsweise Bühler mit Rücksendeschein zurückgegeben werden. Aber bis 50.000 ist doch noch ein weiter Weg. (Übrigens: Auch nach dem 3. August 2019 können weiter Unterschriften gesammelt werden. Diese müssen Bühler zufolge dann bis zum 13. August 2019 direkt an den Petitionsausschuss gefaxt werden. Faxnummer: 030-22736053.) 

Unterschied zwischen ePetition und openPetition 

Viele negative Kommentare beziehen sich auf das Scheitern der Redmann-Petition im vergangenen Jahr. Bei openPetition, wo auch Apotheker Christian Redmann seine Petition für ein Rx-Versandverbot durchgeführt hat, handelt es sich um eine gemeinnützige gGmbH, die laut ihrer Website Petenten dabei unterstützt, „ihre Petition zu erstellen, Unterschriften zu sammeln und die Petition beim entsprechenden Empfänger einzureichen“. Während also ePetitionen zuerst beim Bundestag eingereicht werden und dann die Zeichnungsfrist beginnt, sieht es bei openPetition genau andersrum aus: Erst läuft die Zeichnungsfrist, dann können die Unterschriften als Sammelpetition schriftlich beim Bundestag eingereicht werden. Dabei können auch längere Sammlungszeiträume gewählt werden. Allerdings: Nach einer Entscheidung der Abgeordneten des Bundestags-Petitionsausschusses von 2011 werden auf openPetition gesammelte Online-Unterschriften nicht für die Berechnung des Anhörungs-Quorums anerkannt. Das heißt, wer auf openPetition mehr als 50.000 Unterschriften sammelt, bekommt nicht automatisch eine öffentliche Anhörung vor dem Petitionsausschuss. Der eingereichten Petition können die Unterschriftenlisten jedoch beigelegt werden. „Dadurch wird die gesellschaftliche Relevanz deutlich“, so die Portalbetreiber. 

Argumente für Ihr Kundengespräch 

Fleißigen Followern unserer Social-Media-Kanäle ist es sicher schon aufgefallen: Wir posten seit geraumer Zeit sogenannte „Memes“, auf denen kurz und knapp zur Zeichnung der Petition aufgerufen wird – und das mit den entsprechenden Argumenten. Über Facebook und Instagram können Sie sich die Memes kostenlos herunterladen und via SocialMedia, WhatsApp etc. verbreiten.

Die einzelnen Argumente im Überblick 

Temperatur 

Wer in den vergangenen Wochen oder Tagen ein Päckchen in Empfang genommen hat, hat sicher selbst festgestellt, wie warm ein solches aus den Transportfahrzeugen der gängigen Zustelldienste kommt. Dies verdeutlicht auch ein Experiment des Apothekers Christian Gerninghaus. Er nutzte die hochsommerlichen Wetterbedingungen für einen Feldversuch:  Er verschickte ein Päckchen mit Minimum-Maximum-Thermometern, um die Temperaturbelastung von Arzneimitteln beim Versand zu überprüfen. Ergebnis waren Temperaturen von bis zu 60 Grad Celsius. 

Memes: „Weil dein Antibiotikum keine Hitze mag!“ „Weil dein Arzneimittel keine Pizza ist!“ 

Akutversorgung im Nacht- und Notdienst 

Wie viele besorgte Eltern und leidende Erwachsene haben Apothekerinnen und Apotheker sowie PTA in Nacht- und Notdiensten stets kompetent und zu jeder Tages- und Nachtzeit mit Arzneimitteln versorgt? 

Memes: „Für die Arzneimittelversorgung nachts, sonntags und an Feiertagen!“, „Damit dein Kind auch nachts nicht lange leiden muss!“ 

Wir sind ein Europa 

Viele „Gegner“ der Petition berufen sich auf die Binnenhandelsfreiheit innerhalb der europäischen Union. Im europäischen Ausland sind Versandverbote mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln jedoch die Regel. Außerdem sieht der Maastrichter Vertrag vor, dass die einzelnen Mitgliedsstaaten für die Organisation des Gesundheitswesens vollumfassend selbst zuständig sind – nicht die Union. Das Gesundheitswesen soll also schon EU-rechtlich in deutscher Hand bleiben und sollte nicht durch EU-Regularien unterwandert werden. Auch ist es ein großer Fehler, davon auszugehen, dass Arzneimittel ein normales Wirtschaftsgut sind. Arzneimittel sind ein besonderes Gut, das dem Schutz der menschlichen Gesundheit dient. Sie sollten von der EU auch so behandelt werden und nicht immer nur unter dem Punkt „Binnenmarkt“ besprochen werden. 

Memes: „Weil Rx-Versandverbote in Europa die Regel sind.“, „Für die Arzneimittelversorgung Made in Germany!“ 

Die Aufgabe der Apotheke vor Ort 

Die Arzneimittelversorgung soll auch in den kommenden Jahren noch aufrechterhalten werden, aber hierzu braucht es sichere Rahmenbedingungen aus der Politik. Gegenüber dem Versandhandel sind die Apotheken vor Ort mehr als reine Medikamenten-Verkaufsstellen. Sie sind ein wichtiger Pfeiler im Gesundheitswesen. Sie sind Orte des Vertrauens, sie sind Orte der Geborgenheit, sie sind Orte der sozialen Wärme. 

Meme: „Damit die menschliche Nähe erhalten bleibt!“ 

Gleichberechtigung gesetzlich und privat Versicherter 

Erinnern Sie sich an den Aufschrei beim Thema „schnellere Terminvergabe für Privatversicherte ja oder nein?“. Das Apotheken-Stärkungsgesetz, das derzeit in aller Munde ist, sieht vor, dass auch Versender künftig keine Boni mehr auf Rx-Präparate für gesetzlich Versicherte geben dürfen. Bei Missachtung drohen empfindliche Sanktionen bis zum Ausschluss aus der Versorgung. Als Gegenleistung bekommen die europäischen Versender den PKV- und Selbstzahler-Bereich. Dass DocMorris & Co Privatversicherten künftig noch Rx-Boni anbieten dürfen, dient aus Sicht des Ministeriums dazu, das Boni-Verbot für den GKV-Bereich zu rechtfertigen. Gleichberechtigung sieht anders aus. 

Meme: „Für die Gleichberechtigung von gesetzlich und privat Versicherten!“