Titelbild: Schelbert / DAV
Preise für Rezepturen: So funktioniert die Berechnung

Die Preisberechnung von in der Apotheke hergestellten Arzneimitteln ist in der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) geregelt. Sie ist anzuwenden bei:
• verschreibungspflichtigen Rezepturen,
• nicht verschreibungspflichtigen Rezepturen bei Abgabe auf einem Rezept der gesetzlichen Krankenkassen (GKV).
Die AMPreisV gilt dagegen nicht, wenn nicht verschreibungspflichtige Rezepturarzneimittel auf einem Privatrezept abgegeben oder auf Wunsch des Kunden angefertigt werden.
Preisberechnung für Rezepturen bei unveränderten Arzneimitteln
Wird das Arzneimittel nur ab- oder umgefüllt, also unverändert abgegeben, dann ist zur Berechnung des Preises § 4 AMPreisV heranzuziehen.
Der Abgabepreis setzt sich demnach aus dem anteiligen Einkaufspreis (plus 100 Prozent Zuschlag) plus dem Einkaufspreis für das Abgabegefäß (plus 100 Prozent Zuschlag) zusammen. Auf diesen Netto-Verkaufspreis ist anschließend die Mehrwertsteuer von 19 Prozent aufzuschlagen.
Preisberechnung nach § 5 Arzneimittelpreisverordnung
Bei der Preisberechnung einer in der Apotheke hergestellten Zubereitungen ist dagegen § 5 AMPreisV gültig. Hiernach setzt sich der Preis aus drei Bestandteilen zusammen:
- einem Zuschlag von 90 Prozent auf die verwendeten Substanzen und Gefäße,
- einem Rezepturzuschlag für die Herstellung und
- einem Zuschlag von 8,35 € für Abgabe und Beratung.
Je nach Art der Herstellungsmethode und der Herstellungsmenge beträgt der Rezepturzuschlag normalerweise 3,50 €, 6,00 € oder 8,00 €.
Beispiel zur Preisberechnung einer verschreibungspflichtigen Rezeptur nach § 5 AMPreisV:
Herstellung einer verschreibungspflichtigen Creme 50 g | |
---|---|
Apothekeneinkaufspreis für Wirkstoff, Grundlage und Gefäß | 20,50 € |
+ Zuschlag von 90 % | 18,45 € |
+ Rezepturzuschlag für die Herstellung einer Creme bis 200 g | 6,00 € |
+ Festzuschlag | 8,35 € |
= Netto-Apothekenverkaufspreis | 53,30 € |
+ Mehrwertsteuer 19 % | 10,13 € |
= Apothekenverkaufspreis | 63,43 € |
Um die tatsächliche Ausgabe der gesetzlichen Krankenkasse für die Rezeptur zu ermitteln, müssen gegebenenfalls noch die Zuzahlung des Patienten und der gesetzliche Apothekenabschlag von 1,77 € abgezogen werden.
Preisberechnung in der Rezeptur: Dürfen Mehreinwaagen berücksichtigt werden?
Bei einigen Ausgangsstoffen sind in der Rezeptur Einwaagekorrekturen erforderlich. Bei diesen Substanzen reicht es nicht aus, die auf dem Rezept angegebene Menge abzuwiegen.
Gründe dafür können ein relativ hoher Wassergehalt oder ein Trocknungsverlust sein, auch bei korrekter Einwaage käme es sonst zu einer Unterdosierung der Zubereitung. Diese Mehreinwaagen dürfen zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgerechnet werden.
Anders sieht es dagegen bei Produktionszuschlägen aus, wie sie beispielsweise bei der Herstellung von Kapseln oder Zäpfchen angewendet werden. Auch wenn diese Zuschläge zur Kompensation unvermeidbarer Verluste ausdrücklich vom Neuen Rezeptur-Formularium (NRF) empfohlen werden, gehen diese zulasten der Apotheke.
Packmittel bei der Preisberechnung
Als Gefäße dürfen die Primärpackmittel abgerechnet werden, die für die hergestellte Arzneiform typisch sind. Sind zum korrekten Abmessen der anzuwendenden Dosis Hilfsmittel mit Pipetten oder Spatel notwendig, dürfen diese auch taxiert werden.
Eine Ausnahme hierzu gibt es im Sprechstundenbedarf. Hierbei dürfen normalerweise keine Abgabegefäße in Rechnung gestellt werden. Teilweise sehen die regionalen Lieferverträge jedoch andere Regelungen vor.
Zur Erinnerung: Was war in der Hilfstaxe geregelt?
Lange Jahre musste bei der Preisberechnung von Rezepturen die sogenannte Hilfstaxe berücksichtigt werden. Diese stellte einen Vertrag zwischen dem Deutschen Apothekerverband (DAV) und dem GKV-Spitzenverband dar. Darin waren Preise festgelegt, die bei der Abgabe von Stoffen in unverarbeitetem Zustand und bei der Abgabe von Rezepturen berücksichtigt werden mussten.
In der Anlage 1 der Hilfstaxe waren die Preise für Wirk- und Hilfsstoffe aufgeführt, in Anlage 2 die Preise für verwendete Gefäße. Die gelisteten Preise wurden auf Basis von Durchschnittspreisen verschiedener Händler festgesetzt und waren für alle Apotheken bindend.
Zahlte die Apotheke also einen höheren Einkaufspreis für eine benötigte Substanz, so durfte sie trotzdem nur den Preis berechnen, der in der Hilfstaxe aufgeführt war.
War eine Substanz dagegen nicht in der Hilfstaxe gelistet, so konnte die Apotheke den tatsächlich bezahlten Preis in Rechnung stellen.
Kündigung der Hilfstaxe zum Januar 2024
Die Preise der Hilfstaxe wurden zuletzt vor über sechs Jahren im Januar 2019 angepasst – ursprünglich war einmal jährlich eine entsprechende Anpassung geplant. Die Einkaufspreise für Substanzen haben sich jedoch mittlerweile deutlich erhöht, sodass die Preise in der Hilfstaxe schon länger nicht mehr marktgerecht waren.
Dennoch waren die Krankenkassen aber nicht bereit, mehr zu zahlen. Daher konnte der DAV mit dem GKV-Spitzenverband keine Einigung erzielen und hatte die Anlage 1 und 2 der Hilfstaxe zum 31.12.2023 gekündigt.
Seit Anfang 2024 herrscht nun ein sogenannter „vertragsloser Zustand“ und die Apotheken rechnen bei der Abgabe von Stoffen und bei der Herstellung von Zubereitungen ausschließlich nach § 4 und § 5 Arzneimittelpreisverordnung ab.
Gut zu wissen: Manche Anlagen der Hilfstaxe weiterhin gültig
Für einige Zubereitungen gelten bei der Preisberechnung Sonderregelungen, welche in Anlagen zur Hilfstaxe festgelegt sind.
Dabei handelt es sich beispielsweise um die Preisbildung für parenterale Lösungen und die Taxierung von Cannabisblüten und -extrakten sowie Dronabinol-Zubereitungen. Die Anlagen für diese Sonderrezepturen wurden nicht gekündigt und sind weiterhin gültig.
Preise für Aqua purificata auch ungültig
Wurde Gereinigtes Wasser (Aqua purificata) zur Herstellung benötigt, so galt bisher, dass der Preis unabhängig vom Einkaufpreis festgelegt war. Pro 1.000 ml konnten 0,80 € plus Zuschlag berechnet werden, hinzu kam noch der Qualitätszuschlag von 1,46 €.
Doch auch diese Preise haben aktuell keinen Bestand mehr. Aqua purificata zur Rezepturherstellung kann nur noch als Leitungswasser abgerechnet werden.
Als weitere Möglichkeit kann Aqua purificata auch vorgefertigt bezogen werden. Hier kann der Preis nach § 4 und § 5 AMPreisV berechnet werden.
Zur Erinnerung: Wasser als Rezepturbestandteil
Aufgrund des hohen Risikos der Keimvermehrung unterliegt Wasser als Rezepturbestandteil besonderen Vorgaben. Gereinigtes Wasser (Aqua purificata) Ph. Eur. wird zur Herstellung von Zubereitungen eingesetzt, die weder steril noch pyrogenfrei sein müssen.
Eine Gewinnung erfolgt meist mithilfe von Ionenaustauschern: Dabei wird Trinkwasser durch ein Granulat von organischen Ionenaustauscherharzen geleitet und dadurch demineralisiert. Dieses entsalzte Wasser erfüllt aber noch nicht die Anforderungen des Arzneibuchs an die mikrobielle Qualität von Gereinigtem Wasser.
Vor der Verwendung zur Herstellung von Arzneimitteln muss das Wasser daher einer standardisierten Maßnahme zur Keimreduktion unterzogen werden. In der Apotheke wird dazu das Wasser meist in einem Gefäß mit glatter Oberfläche für mindestens 5 Minuten zum Sieden erhitzt und kann dann für maximal 24 Stunden zur Herstellung von Arzneimitteln verwendet werden. Dieser Mehraufwand wurde bisher durch den Qualitätszuschlag für Gereinigtes Wasser honoriert.
Keine Abrechnung mehr von Teilmengen
Aufgrund der gekündigten Hilfstaxe werden bei einer Preisberechnung von Rezepturen keine Teilmengen mehr berücksichtigt. Die Preisbildung nach AMPreisV geht vom Einkaufspreis der erforderlichen Abpackung aus, laut Empfehlung des DAV ist dabei die gesamte Packung zu berechnen. Dies gilt sowohl für benötigte Stoffe als auch für Fertigarzneimittel. Eine anteilige Berechnung ist nicht vorgesehen.
Werden zur Herstellung einer Rezeptur z. B. 3 g Substanz benötigt und der Ausgangsstoff ist in Packungsgrößen zu 5 g, 10 g und 25 g erhältlich, so wird für die Taxation der Einkaufspreis der 5-g-Packung herangezogen.
Die Abrechnung ganzer Packungen führt zu einem deutlich höheren Preis der einzelnen Zubereitungen und die Rezepturpreise steigen somit teilweise um mehr als das Doppelte.
Höhere Zuzahlungen fallen an
Diese höheren Preise bekommen auch die Kunden zu spüren. Wird regelmäßig eine bestimmte Zubereitung ärztlich verordnet, so muss möglicherweise eine höhere Zuzahlung geleistet werden.
Sind Kunden nicht von der Zuzahlung befreit, so müssen sie 10 Prozent des Apothekenverkaufspreises dazuzahlen. Diese Zuzahlung beträgt mindestens 5 Euro, höchstens fallen 10 Euro an.
Es kann also sein, dass ein Patient, der im letzten Jahr für seine Creme noch 5 Euro zugezahlt hat, aktuell 10 Euro bezahlen muss.
Krankenkassen betrachten Preisberechnung anders
Die gesetzlichen Krankenkassen legen die Arzneimittelpreisverordnung – wenig überraschend – etwas anders aus. Sie sind der Auffassung, dass die in der Packung noch vorhandene Menge an Substanz oder Reste eines Fertigarzneimittels für eine erneute Verwendung aufzubewahren sind.
Abgerechnet werden dürfe nach Meinung der Krankenkassen nur die tatsächlich eingesetzte Menge. Eine Abrechnung der restlichen Menge als Verwurf wäre nicht zulässig.
Rezepturen: Abrechnung auf Privatrezept?
Ob sich eine Apotheke nun bei der Abrechnung von Rezepturen an die Empfehlung des Verbands hält oder die Vorgaben der Krankenkassen befolgt, das Risiko einer Retaxation bleibt bei der Apotheke.
In diesem Zusammenhang kam der Vorschlag auf, Kassenrezepte für Zubereitungen wie Privatrezepte zu behandeln. Der Patient würde zunächst die Kosten für das gewünschte Rezepturarzneimittel bezahlen und anschließend das Rezept bei seiner Krankenkasse einreichen.
Dieses Vorgehen ist allerdings nicht zulässig. Denn: Die Versorgung von Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen hat nach dem Sozialgesetzbuch grundsätzlich nach dem Sachleistungsprinzip zu erfolgen.
Die Apotheke muss bei der Herstellung von Rezepturen zwingend mit der Krankenkasse abrechnen und darf die Leistung nicht dem Patienten in Rechnung stellen.
Auch mehr als eineinhalb Jahre nach Kündigung der Hilfstaxe ist noch nicht abzusehen, wie lange der vertragslose Zustand noch anhalten wird. In jedem Fall kann der weitere Verlauf der Verhandlungen zwischen dem DAV und dem GKV-Spitzenverband mit Spannung erwartet werden. Quellen:
- https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2024/daz-1-2024/neue-preise-fuer-rezepturarzneimittel
- https://www.deutschesapothekenportal.de/rezept-retax/apothekenfragen-archiv/vollstaendiger-beitrag/abrechnung-von-rezepturen-seit-01-01-2024/
- https://www.cgm.com/_Resources/Persistent/c676fcf729698454b548530fc24e7c2b509fb99d/Anleitung_WA64_Abrechnung_von_Rezepturen_nach_K%C3%BCndigung_der_Hilfstaxe-Vereinbarung.pdf
- https://www.abda.de/apotheke-in-deutschland/preise-und-honorare/beispielrechnung/
- https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2024/01/18/bei-rezepturen-wird-die-volle-packung-faellig
Ziegler A.: Vortrag im Rahmen des Rezeptursommers 2025 des Deutschen Apotheker Verlags, Taxation in der Rezeptur
Rezeptursommer 2025: Vortrag zur Taxation in der Rezeptur
Im Rahmen der digitalen Fortbildungsreihe „DAV-Rezeptursommer“ des Deutschen Apotheker Verlags können Sie sich den Vortrag von Herrn Dr. Ziegler ansehen.
Der Apotheker ist u. a. Autor zahlreicher Bücher zu verschiedenen Rezepturthemen, die im Deutschen Apotheker Verlag erschienen sind, und gilt als ausgesprochener Rezepturexperte.
In seinem Vortrag geht Herr Dr. Ziegler ausführlich auf die Preisberechnung von Rezepturarzneimitteln ein und erklärt das Thema anhand zahlreicher praxisrelevanter Beispiele.
Weiterführende Informationen zu den Inhalten und zur Buchungsmöglichkeit erhalten Sie in der DAV-Akademie.