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So will Pharmaziestudent Bühler den Bundestag vom Rx-Versandverbot überzeugen

Pharmaziestudent Benedikt Bühler möchte den Petitionsausschuss des Bundestages vom Rx-Versandverbot überzeugen. | Bild: PTAheute.de / Marc Hugger

Am 27. Januar 2020 um 12:00 Uhr wird der 20-jährige Pharmaziestudent Benedikt Bühler vor dem Petitionsausschuss des Bundestages in Berlin seine Forderung nach einem Rx-Versandverbot begründen. Die Petition von Bühler zieht, auch politisch, immer größere Kreise. Offensichtlich plant nun auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zur Anhörung zum Versandverbot im Petitionsausschuss in den Bundestag zu kommen. Und auch auf der Besuchertribüne könnte es außerordentlich voll werden. In den sozialen Netzwerken organisieren sich derzeit schon mehrere Gruppen von Apothekerinnen und Apothekern, um gemeinsam nach Berlin zu reisen.

„Ich möchte nicht über die rechtliche Umsetzbarkeit des Rx-Versandverbotes sprechen, sondern darüber, wie ein solches zügig umgesetzt werden kann!“

Im PTAheute-Podcast berichtet Bühler, wie die Anhörung vor dem Petitionsausschuss des Bundestages ablaufen wird und wieso er keinesfalls über eine EU-rechtliche Umsetzbarkeit diskutieren möchte. Wie er die Abgeordneten von seinem Vorhaben überzeugen möchte, erfahren Sie hier:

Erfolgreichste e-Petition aller Zeiten

Seit 2005 ist die Einreichung von Online-Petitionen beim Deutschen Bundestag möglich. Seitdem haben 26 Petitionen das Quorum von 50.000 Unterstützenden erreicht. Die bislang meisten Unterstützer konnte die Petition gegen den Gesetzentwurf zum Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) für sich gewinnen. Im Dezember 2018 wurden insgesamt 203.459 Unterschriften gesammelt, davon haben 159.779 die Petition online mitgezeichnet. Nun hat der 20-jährige Pharmaziestudent diesen Rekord mithilfe der Apotheken nicht nur gebrochen und insgesamt mehr als 400.000 Mitzeichnungen erreichen können, sondern er konnte diesen Rekord sogar verdoppeln.

Wann und wo findet die Anhörung statt?

Die Anhörung findet im Rahmen einer öffentlichen Sitzung des Petitionsausschusses am Montag, 27. Januar 2020 von 11:00 Uhr bis 14:00 Uhr im Marie-Elisabeth-Lüders-Haus, Raum 3.101 (Anhörungssaal) statt. Die Anhörung zur Petition für ein Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ist für 12:00 Uhr anberaumt. Der Petitionsausschuss behandelt an diesem Tag außerdem folgende Petitionen: 11:00 Uhr: Stopp der humanitären Krise in Hongkong und um 13:00 Uhr: Drittes Gesetz zur Änderung des Waffengesetzes. In der Sitzung wird Bühler fünf bis zehn Minuten lang die Möglichkeit haben, sein Anliegen kurz darzustellen und auf Nachfragen der Ausschussmitglieder auch zu erläutern.

PTA und Apotheker können teilnehmen

Interessierte Zuhörer können sich unter Angabe von Namen und Geburtsdatum beim Sekretariat des Petitionsausschusses, Platz der Republik 1, 11011 Berlin (Tel.: 030/227–35257, Fax: 030/227–36053, E-Mail: vorzimmer.peta@bundestag.de) anmelden. Diese Anmeldung dient ausschließlich der beschleunigten Einlasskontrolle. Im Hinblick auf die begrenzten räumlichen Kapazitäten garantiert der Bundestag einen damit verbundenen Zugang nicht. In diesen Tagen deutet sich an, dass die Anhörung eine sehr gut besuchte Veranstaltung werden könnte. Es sei deshalb ratsam, so Bühler, bereits zwischen 10:00 Uhr und 10:30 Uhr zu erscheinen. Zum Einlass wird ein gültiger Personalausweis benötigt. Auch diejenigen, die nicht persönlich anwesend sein können, können der Sitzung auf den Internetseiten des Bundestages oder über die Bundestags-App auf PC bzw. mobilen Geräten folgen. Die Sitzung wird aufgezeichnet und ab 16:00 Uhr im Parlamentsfernsehen des Deutschen Bundestages übertragen. Ob die Sitzung auch live im Stream übertragen werden wird, ist derzeit noch nicht bekannt.

Hintergrundwissen

Die sogenannte Arzneimittelpreisverordnung regelt die Preisbildung aller verschreibungspflichtigen Arzneimittel in Deutschland. Der Grundgedanke dabei ist, dass an Patienten das gleiche Arzneimittel in jeder Apotheke zum selben Preis abgegeben wird. Würde es in Apotheken diese „Gleichpreisigkeit“ nicht geben, dann würde sich der Preis von Arzneimitteln willkürlich oder abhängig vom Bedarf immer wieder ändern. Das ist nicht im Interesse der Gesellschaft und deshalb ist die Honorierung der Apotheker staatlich festgeschrieben. 

Dieser Arzneimittelpreisbindung unterliegen aber nur verschreibungspflichtige Arzneimittel, sogenannte Rx-Präparate. Für jede Packung Rx, die der Apotheker abgibt, bekommt er also einen bestimmten Preis, der in der Arzneimittelverschreibungsverordnung gesetzlich festgelegt ist. Bisher war das auch bei der Belieferung von Rezepten durch sogenannte Versender so. Hat ein Patient also eine Verordnung vom Arzt per Post an einen Versender geschickt, bekam er einige Tage später das Präparat per Post zugeschickt – ebenfalls zum festgelegten Preis. Dieses Szenario nennt sich Rx-Versand. 

Der wichtigste und zugleich umstrittenste Plan des Bundesgesundheitsministeriums bei der Apotheken-Reform ist hier die Streichung des § 78 Absatz 1 Satz 4 aus dem Arzneimittelgesetz (AMG). Der Satz war erst 2012 ins Arzneimittelgesetz eingefügt worden und enthält die Vorgabe, dass sich auch EU-Versender an die Rx-Preisbindung halten müssen. Das BMG plant nun, diesen Satz zu streichen und ihn durch ein sogenanntes Rx-Boni-Verbot im Sozialgesetzbuch (SGB) V zu ersetzen. Hintergrund ist, dass der Europäische Gerichtshof (EuGH) den AMG-Satz 2016 für europarechtswidrig erklärt hatte. 

Bereits seit 2013 verlangt die EU-Kommission über ein – zwischenzeitlich ruhendes – Vertragsverletzungsverfahren die Aufhebung dieses Satzes. Anfang März 2019 ließ die Kommission dieses Verfahren wieder aufleben und setzte der Bundesrepublik eine zweimonatige Frist, die Preisbindung für EU-Versender zu streichen. Spahn will dieser Forderung nachkommen: In der Entwurfsbegründung steht derzeit sogar, dass die Bundesregierung damit ausdrücklich die Rechtsauffassung der Europäischen Kommission akzeptiert. Die Apotheker laufen Sturm gegen dieses Vorhaben. Apothekenrechtsexperten warnen sogar davor, dass hierdurch die gesamte Rx-Preisbindung kippen könnte und damit viele Vor-Ort-Apotheken schließen müssten.