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Rote-Hand-Brief: : Versorgungsengpässe bei Champix

Champix sollte nicht einfach ohne Rücksprache abgesetzt werden. | Bild: IMAGO / suedraumfoto

Wie die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) vergangenen Freitag informierte, hat sie bereits Champix-Chargenrückrufe diverser Importeure im Mitgliederbereich der AMK-Homepage veröffentlicht. Mit Stand vom 16. Juli 2021 hätten der AMK jedoch noch keine Rückrufe des Originators Pfizer für Deutschland vorgelegen. Bis heute sind auf der AMK-Webseite noch keine veröffentlicht.

Aus Vorsicht pausiert Pfizer den Vertrieb

Grund für diesen Hinweis der AMK ist, dass Pfizer in Abstimmung mit der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) und dem Landesamt für Gesundheit und Soziales Berlin (LAGeSo) in einem Rote-Hand-Brief über den „Rückruf von Chargen aufgrund von Verunreinigungen mit N-Nitroso-Vareniclin oberhalb der von Pfizer akzeptierten Tagesdosis“ informiert. Pfizers Arzneimittel zur Raucherentwöhnung Champix enthält den Wirkstoff Vareniclin. Aus Vorsichtsgründen pausiere Pfizer zusätzlich zu den Chargenrückrufen den Vertrieb, bis weitere Tests durchgeführt sind, heißt es. Ein unmittelbares Risiko für die Patienten bestehe aber nicht. Dennoch sollen vorerst keine Patienten neu auf Champix eingestellt werden. Es gilt als sicher, dass es zu Versorgungsengpässen kommt.

Zur Erinnerung: Wie wirkt Vareniclin?

Vareniclin wirkt als teilweiser Agonist (Partialagonist) an nikotinergen Acetylcholinrezeptoren: Vareniclin wirkt dort wie Nikotin, nur weniger stark, und mindert so die Entzugssymptomatik. Gleichzeitig wirkt es in Gegenwart von Nikotin als Antagonist und hemmt die Wirkung von extern zugeführtem Nikotin, was zusätzliches Rauchen wirkungslos macht (Belohnungs- und Verstärkungseffekt von Niktotin wird reduziert). 

Seit 2006 ist der Wirkstoff in der EU zur Rauchentwöhnung bei Erwachsenen zugelassen, Pfizer vermarktet Champix seit 2007 auch in Deutschland. /cm 

Behandelnde Ärzte sollten also die Umstellung auf eine alternative Therapie erwägen. Wie unsere Kollegen von DAZ.online bereits berichteten, sind Nikotinersatzpräparate und Bupropion geeignete Alternativen. Außerdem heißt es:

Der behandelnde Arzt sollte auch die Notwendigkeit berücksichtigen, eine langsame Reduzierung der Dosis in Betracht zu ziehen, da die Fachinformation Folgendes angibt: ‚Am Ende der Behandlung war das Absetzen von Champix bei bis zu 3 % der Patienten verbunden mit einer Zunahme von Reizbarkeit, Verlangen zu rauchen, Depression und/oder Schlaflosigkeit.‘“ 

Rote-Hand-Brief von Pfizer; Berlin, 15.07.2021

Champix sollte also nicht einfach ohne Rücksprache abgesetzt werden.  

Pfizer: Nutzen überwiegt weiterhin das Risiko

Wie Pfizer erklärt, ist die Verunreinigung N-Nitroso-Vareniclin ein Nitrosamin. Es gilt damit als potenziell krebserregend für den Menschen. Der erwartete Nutzen von Champix überwiegt aus Sicht von Pfizer jedoch weiterhin das geringe potenzielle Risiko durch eine temporäre N-Nitroso-Vareniclin-Exposition. Denn die Behandlungsdauer ist begrenzt: Zur Unterstützung einer Rauchentwöhnung wird eine Behandlungsdauer von zwölf bis 24 Wochen angegeben. 

Zudem betont Pfizer in dem Brief, dass der Nachweis von Nitrosamin nicht in einem Zusammenhang mit einer Änderung des Herstellungsprozesses von Champix stehe.