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Im DiGA-Verzeichnis dauerhaft gelistete Apps: Diese Apps zahlt die Kasse –Teil 1

20 Gesundheitsapps werden derzeit von den Kassen bezahlt, doch nicht alle haben bisher den notwendigen positiven Nutzennachweis erbracht. | Bild: Kaspars Grinvalds / AdobeStock

Seit Inkrafttreten des Digitale-Versorgung-Gesetzes im Dezember 2019 können digitale Gesundheitsanwendungen – kurz DiGA – vom Arzt verschrieben und von der GKV erstattet werden. Unter digitalen Gesundheitsanwendungen versteht man dabei zertifizierte Medizinprodukte niedriger Risikoklassen (I oder IIa), die hauptsächlich auf digitalen Technologien basieren. Sie sollen den Nutzer bei Diagnose, Adhärenz und Therapie von Krankheiten, Verletzungen oder Behinderungen unterstützen. Voraussetzung für die Erstattungsfähigkeit durch die Krankenkassen ist die Aufnahme in das DiGA-Verzeichnis, welches seit Oktober 2020 vom BfArM (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte) geführt wird.

Nutzennachweis erforderlich

Um in das DiGA-Verzeichnis zu gelangen, müssen die Anbieter der Apps einen Antrag beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) stellen. Damit dieser genehmigt wird, müssen die DiGA zunächst als Medizinprodukt zertifiziert sein und dadurch ihre Sicherheit und Funktionstauglichkeit nachweisen. Ferner müssen Qualität, Datenschutz und Informationssicherheit belegt und ein positiver Effekt auf die Patientenversorgung nachgewiesen werden. Kann dieser Nachweis noch nicht erbracht werden, dürfen DiGA – nach Vorliegen einer Begründung und eines Evaluationskonzeptes – auch vorübergehend für 12 Monate in das Verzeichnis aufgenommen werden. Sobald die jeweiligen Apps im Verzeichnis gelistet sind, können sie von Ärzten und Psychotherapeuten verschrieben oder durch die GKV genehmigt werden.

Wirft man aktuell (Stand September 2021) einen Blick ins DiGA-Verzeichnis, findet man darin 20 Apps, wobei lediglich fünf Anwendungen (vier davon vom selben Anbieter) bereits dauerhaft gelistet sind. In Teil 1 dieser Miniserie wollen wir wissen: Welche Apps sind das und für wen sind sie geeignet?

deprexis – Ergänzendes Selbsthilfeprogramm bei Depressionen

Deprexis stellt eine Ergänzung zur ärztlichen bzw. psychotherapeutischen Behandlung dar und richtet sich an volljährige Patienten mit Depressionen sowie depressiven Verstimmungen. Dafür setzt das interaktive Selbsthilfeprogramm auf das psychotherapeutische Verfahren der kognitiven Verhaltenstherapie. In mehreren klinischen Studien konnte eine Reduktion der depressiven Beschwerden bei zusätzlicher Nutzung der Anwendung belegt werden.

In einem virtuellen Dialog werden die Nutzer darin unterstützt, ihre persönliche Situation besser einzuschätzen sowie geeignete Methoden und Übungen für ein besseres Wohlbefinden zu entdecken. Mit einem Stimmungstagebuch sowie Fragebögen soll der Symptomverlauf abgebildet und in Übersichten der regelmäßige Fortschritt veranschaulicht werden. Die Verläufe können auf Wunsch mit dem Behandler geteilt werden. Anregungen und Tipps per SMS oder E-Mail sollen die Nutzer darüber hinaus im Alltag motivieren und bei Antriebslosigkeit mit Impulsen unterstützen. Die Anwendung kann von Ärzten und Psychotherapeuten für 90 Tage verordnet werden. Weitere Infos unter: https://de.deprexis.com/

Gut zu wissen: Was ist die kognitive Verhaltenstherapie?

Die kognitive Verhaltenstherapie (KVT) ist eine etablierte und wissenschaftlich gut untersuchte Form der Psychotherapie. Sie folgt der Annahme, dass jedes Verhalten erlernt, aufrechterhalten und auch wieder verlernt werden kann, wobei unter Verhalten auch innere Vorgänge wie Gefühle und Gedanken einzuordnen sind.

velibra – Virtueller Dialog gegen Angststörungen

Velibra wurde für volljährige Patienten mit generalisierter Angststörung, Panikstörung, Platzangst sowie sozialen Störungen als Ergänzung zur ärztlichen bzw. psychotherapeutischen Behandlung entwickelt. Die Webanwendung basiert auf Methoden der kognitiven Verhaltenstherapie und konnte in einer klinischen Studie mit 139 Teilnehmern von ihrem Nutzen überzeugen. Laut Anbieter konnten z. B. bei 45 Prozent der Studienteilnehmer mit generalisierter Angststörung nach Nutzung der Anwendung die Kriterien für diese Diagnose nicht mehr festgestellt werden.

Das Online-Programm ist zur Eigenanwendung konzipiert und basiert hauptsächlich auf einem therapeutischen Dialog, dessen Verlauf von den Antworten des Nutzers abhängt. Auf diese Weise sollen Techniken und Übungen vermittelt und Patienten im Umgang mit ihren Ängsten unterstützt werden. Weitere Infos unter: www.velibra.de

somnio – Digitales Training bei Schlafstörungen

Für Patienten mit Ein- oder Durchschlafstörungen steht im DiGA-Verzeichnis die App bzw. Web-Anwendung somnio zur Verfügung. Die Anwendung beruht auf einer Kombination aus Analyse, Wissensvermittlung sowie personalisiertem Training und basiert auf Techniken aus der kognitiven Verhaltenstherapie. Der medizinische Nutzen wurde in einer randomisierten kontrollierten Studie nachgewiesen. Demnach konnten mit Schlafstörungen assoziierte Symptome um 50 Prozent reduziert und die nächtlichen Wachzeiten verkürzt werden.

Um dieses Ziel zu erreichen, lernen die Nutzer mit der App z. B. ihren individuellen Schlaf-Wach-Rhythmus kennen und erfahren, wie sie schlafhindernde Gedanken ablegen und sich selbst in einen schlafförderlichen Zustand versetzen. Auf Wunsch können Fitnesstracker zur Schlafanalyse eingebunden werden. Weitere Infos unter: www.somn.io

elevida – Unterstützung von MS-Patienten mit Fatigue

Elevida richtet sich an volljährige MS-Patienten (Patienten mit Multipler Sklerose), die unter einer anhaltenden Müdigkeit bzw. Erschöpfung (sog. Fatigue) leiden. Ziel der Anwendung ist es, diese Begleiterscheinung zu reduzieren – in einer klinischen Studie mit 275 Patienten konnte dieser Effekt belegt werden.

Elevida ist als Ergänzung zur Behandlung durch einen Arzt bzw. Psychotherapeuten gedacht und basiert auf anerkannten psychotherapeutischen Verfahren. Die Webanwendung umfasst einen virtuellen Dialog, die Möglichkeit zur Erstellung eines Tagebuchs, Übungsaufgaben sowie Audiodateien mit therapeutischen Übungen. Weitere Infos unter: https://elevida.de/

vorvida – Digitale Unterstützung bei schädlichem Alkoholkonsum

Für Volljährige mit Alkoholabhängigkeit oder schädlichem Alkoholkonsum steht im DiGA-Verzeichnis die Anwendung vorvida bereit. Mit der Webanwendung sollen die Nutzer in die Lage versetzt werden, ihre Trinkmenge zu reduzieren und ihr Trinkverhalten besser zu managen. Ein Nachweis der Wirksamkeit wurde in einer klinischen Studie mit 608 Patienten erbracht.

Auch vorvida basiert auf einem virtuellen Dialog, der sich je nach ausgewählter Antwortmöglichkeit individuell auf den Nutzer einstellt. Auf diesem Wege werden dem Anwender Informationen angeboten und durch Arbeitsblätter, Übungen (zum Teil als Audiodatei) und Fragebögen ergänzt. Wie auch bei deprexis (s. o.) können Nutzer auf Wunsch Wiederholungen und Tipps per SMS oder E-Mail erhalten. Zu beachten ist auch hier, dass vorvida keine alleinige Therapie, sondern vielmehr eine Ergänzung zur ärztlichen Behandlung darstellt. Weitere Infos unter: https://de.vorvida.com/

In Kürze widmen wir uns in Teil 2 dieser Miniserie den vorübergehend im DiGA-Verzeichnis gelisteten Anwendungen.