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Auf unbestimmte Zeit verschoben: BMG stoppt E-Rezept-Start

Nach Ansicht des Bundesgesundheitsministeriums stehen die technischen Systeme noch nicht ausreichend flächendeckend zur Verfügung. | Bild: IMAGO / Müller-Stauffenberg

Wirklich überraschend kommt es wohl für niemanden: Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat ein Einsehen und verlängert die Testphase für das E-Rezept

In einem Schreiben an die (übrigen) Gesellschafter der Gematik, die sich zuletzt ebenfalls für eine Verlängerung der Tests ausgesprochen hatten, heißt es, dass das Ministerium derzeit eine Vielzahl von Rückmeldungen aus dem Gesellschafterkreis zur bevorstehenden Einführung des E-Rezepts erreichten. 

Diese äußerten erhebliche Bedenken, ob Ausstellung, Übermittlung, Annahme und Abrechnung von elektronischen Rezepten ab dem 1. Januar 2022 möglich sein werden. Anlass für die Bedenken gäben die noch laufenden Tests und die unzureichende Erprobung – es sollen bisher nur 42 E-Rezepte abgerechnet worden sein. 

Technik steht noch nicht flächendeckend bereit

Das BMG teilt demnach die Auffassung der übrigen Gesellschafter, dass sich aufgrund der geringen Teilnehmerzahl an den Feldtests in der Fokusregion die erforderlichen Rückschlüsse auf eine flächendeckende technische Funktionalität noch nicht ziehen lassen. 

Zwar würden die Ergebnisse der ausgeweiteten Testphase noch ausstehen, aber gleichzeitig werde deutlich, dass die erforderlichen technischen Systeme noch nicht flächendeckend zur Verfügung stehen – anders als oftmals von den Akteuren kommuniziert. 

Die flächendeckende technische Verfügbarkeit sei gemäß § 360 Abs. 1 SGB V Grundvoraussetzung für die verpflichtende Einführung des E-Rezepts, so das BMG. 

BMG: Testprozesse müssen sich verbessern

Weiter appelliert das BMG, gemeinsam darauf hinzuwirken, dass die Rahmenbedingungen für die Einführung des E-Rezepts schnellstmöglich geschaffen werden. Bis dahin solle der kontrollierte Test- und Pilotbetrieb schrittweise fortgesetzt und ausgeweitet werden. 

Das Ministerium macht aber auch unmissverständlich klar, dass es so wie bisher nicht weitergehen kann: „Diese kontrollierte Test- und Pilotphase in den kommenden Wochen erfordert jedoch auch deutliche Verbesserungen in der Unterstützung und der Verbindlichkeit der Testprozesse mit klaren Verantwortlichkeiten, einer höheren Transparenz über den Projektfortschritt seitens aller Beteiligten und einen Reporting­-Prozess, der geeignet ist, Missverständnisse über den Reifegrad der Einzelkomponenten sowie des Gesamtsystems zukünftig zu vermeiden.“

Neues Datum für E-Rezept steht noch nicht fest

Auch rückt man offenbar von einem fixen Einführungsdatum ab: Sobald die vereinbarten Qualitätskriterien erfüllt sind, solle die Umstellung auf das E-Rezept nach einem noch festzulegenden Rollout-Verfahren erfolgen, so das BMG. 

Wie geht es weiter mit dem E-Rezept?

Wie es nun konkret weitergeht, insbesondere mit Blick auf „die gegenseitigen Pflichten im Rahmen der weiteren Testung“, will das BMG in den kommenden Wochen mit den Gesellschaftern abstimmen. 

Alle Beteiligten seien umso mehr gefordert, den Prozess der Einführung des E-Rezepts zu unterstützen und voranzubringen, wird zum Schluss betont. Es gelte, „dieses politisch höchst bedeutsame Digitalisierungsprojekt entsprechend der gesetzlichen Vorgaben zügig in der Versorgung zu etablieren“.

DAV: Friedenspflicht aufgrund Testverlängerung nicht mehr nötig

Die Gematik-Gesellschafter wurden offenbar im Nachgang zur Mitgliederversammlung am 20. Dezember vom BMG zunächst telefonisch über die Verschiebung informiert. Das Schreiben sei dann umgehend im Anschluss an das Telefonat per E-Mail übermittelt worden, heißt es in einer Mitteilung des DAV an die Geschäftsführer der Apothekerverbände. 

Die Forderung des DAV, die Testphase zu verlängern, sei sowohl seitens der Kassenärztlichen Bundesvereinigung als auch vom GKV-Spitzenverband mitgetragen worden. Der DAV geht außerdem davon aus, dass für eine Friedenspflicht, die man offenbar ursprünglich erwirken wollte, aufgrund der zugesagten Verlängerung der Testphase aktuell kein Bedarf ist. 

Update: DAV begrüßt Fortsetzung der Testphase

In einer aktuellen Pressemitteilung der ABDA äußert sich Thomas Dittrich, Vorsitzender des DAV, zur geplanten Verlängerung der Testphase: „Wir sind generell für das E-Rezept und seine zügige Einführung. Was die Anbindung an die Telematik-Infrastruktur angeht, sind die Apotheken auch längst E-Rezept-ready.“

Allerdings gebe es bei der Betrachtung des kompletten Prozesses (Verordnung, Einlösung, Quittierung, Abrechnung) noch erhebliche technische Probleme, so Dittrich. Diese „sollten vor der Einführung behoben sein, sonst wird die Versorgungssicherheit der Patienten gefährdet“.

Laut Dittrich hätte eine Pflichteinführung zum Jahreswechsel für die Apotheken auch wirtschaftliche Risiken mit sich gebracht: „Es gibt Unstimmigkeiten im elektronischen Signaturverfahren. Solange sie nicht ausgeräumt sind, läuft die Apotheke Gefahr, nach der Belieferung des E-Rezeptes retaxiert zu werden, also keine Vergütung zu bekommen. Das ist nicht akzeptabel.“ Quelle: Pressemitteilung ABDA