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Bundesarbeitsgericht bestätigt Pflicht: Arbeitszeiterfassung: Was bedeutet das EuGH-Urteil?

Das Bundesarbeitsgericht bestätigt das EuGH-Urteil von 2019: Es besteht eine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung. | Bild: Ralf Geithe / AdobeStock

Laut einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) aus dem Jahr 2019 müssen Betriebe die Arbeitszeit ihrer Angestellten komplett erfassen – egal, ob diese im Büro, im Außendienst oder von zu Hause aus arbeiten. Über die Umsetzung wird in der Ampel-Regierung, in der Wirtschaft und unter Arbeitsrechtlern derzeit noch heftig diskutiert. 

Bundesarbeitsgericht hat geurteilt

Nun ist das Bundesarbeitsgericht aber vorgeprescht. Es hat letzte Woche geurteilt, dass in Deutschland eine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung besteht. Die Präsidentin des höchsten deutschen Arbeitsgerichts, Inken Gallner, begründete die Pflicht von Arbeitgebern zur systematischen Erfassung der Arbeitszeiten ihrer Beschäftigten mit der Auslegung des deutschen Arbeitsschutzgesetzes nach dem sogenannten Stechuhr-Urteil des EuGH. 

Eigentlich ging es in dem Fall vor dem Bundesarbeitsgericht darum, ob ein Betriebsrat auf Einführung und Anwendung einer elektronischen Zeiterfassung bestehen kann. Der Betriebsrat hatte hier ein Initiativrecht gefordert. Das lehnte das Bundesarbeitsgericht zwar ab, allerdings nur, weil es in § 3 Abs. 2 Nr. 1 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) eben schon eine entsprechende gesetzliche Verpflichtung gebe. So heißt es in einer Mitteilung des Gerichts:

„Der Arbeitgeber ist nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG verpflichtet, ein System einzuführen, mit dem die von den Arbeitnehmern geleistete Arbeitszeit erfasst werden kann. Aufgrund dieser gesetzlichen Pflicht kann der Betriebsrat die Einführung eines Systems der (elektronischen) Arbeitszeiterfassung im Betrieb nicht mithilfe der Einigungsstelle erzwingen. Ein entsprechendes Mitbestimmungsrecht nach § 87 BetrVG besteht nur, wenn und soweit die betriebliche Angelegenheit nicht schon gesetzlich geregelt ist.“

Mitteilung des Bundesarbeitsgerichts

Pflicht zur Arbeitszeiterfassung auch in Apotheken

Was bedeutet das nun für die Apotheken? Arbeitgeber sollten sich darüber im Klaren sein, dass nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung besteht, kommentiert der Stuttgarter Arbeitsrechtler Marcel Seifert das Urteil auf „Anwalt.de“. Da in den Apotheken mobiles Arbeiten und Vertrauensarbeitszeit nicht die Regel ist und zumeist irgendeine Form der Erfassung stattfindet, dürfte diese Pflicht zunächst erfüllt sein. Weder der EuGH noch das Bundesarbeitsgericht machen Angaben dazu, wie die Arbeitszeiterfassung zu erfolgen hat. Es gibt also keine Vorschrift, die Arbeitszeit elektronisch zu erfassen. 

Allerdings hieß es schon im EuGH-Urteil von 2019, dass Arbeitgeber verpflichtet werden müssen, eine objektive, verlässliche sowie zugängliche Erfassung der Arbeitszeit einzuführen, um die von den Angestellten geleistete tägliche Arbeitszeit zu messen. Wenn ein Stundenzettel oder eine Excel-Tabelle dies gewährleistet, sind diese Lösungen zumindest nach aktuellem Stand ausreichend.

Pflicht gilt ab sofort

Wer allerdings die Arbeitszeit der Mitarbeiter nicht genau erfasst, muss schleunigst nachbessern. Laut Pressemitteilung des Gerichts heißt das: „Der Arbeitgeber ist nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG verpflichtet, ein System einzuführen, mit dem die von den Arbeitnehmern geleistete Arbeitszeit erfasst werden kann.“ Die Pflicht gilt also ab sofort.