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Rückblick auf den Deutschen Apothekertag 2023: Erleichterte Filialisierung und Vertretung durch PTA?

Gesundheitsminister Karl Lauterbach präsentierte seine Vorschläge dem Plenum des Deutschen Apothekertags. | Bild: Alex Schelbert / PTAheute

Die Pläne von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), das Apothekensystem zu liberalisieren, haben für viel Aufregung gesorgt und den Ablauf des Deutschen Apothekertags (DAT) in Düsseldorf vergangene Woche maßgeblich mitbestimmt. Am 26. September hatte die Frankfurter Allgemeine Zeitung einen Bericht dazu veröffentlicht, also einen Tag vor dem erwarteten digitalen Besuch Lauterbachs des DAT am Mittwoch.

Das sind Lauterbachs Pläne

Die Ideen des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) sollen Grundlage für Gespräche mit der ABDA am 13. Oktober sein. Vorgesehen sind laut BMG unter anderem, die Bestimmungen zum Mehrbesitz zu ändern und damit die Gründung von Apothekenfilialen zu erleichtern sowie erweiterte Vertretungsmöglichkeiten durch PTA, eine Reform der Apothekenvergütung und Entbürokratisierung.

Bei einer Pressekonferenz im BMG am vergangenen Mittwoch erläuterte Lauterbach die Pläne auch vor der versammelten Presse in Berlin. Die Grundidee des Ministers scheint dabei zu sein, dass durch seine Gesetzesvorhaben Apotheken leichter neue Filialen in sogenannten strukturschwachen Regionen aufbauen können. In diesen sollen Rezeptur, Labor und Notdienst keine Pflicht mehr sein und Apotheker durch erfahrene PTA vertreten werden können. Darauf deuten auch seine Pläne für flexiblere Öffnungszeiten hin. Hauptapotheke und Filialen sollen sich untereinander koordinieren.

Der Minister kam immer wieder darauf zu sprechen, dass das Gesetz zu neuen Apotheken führen würde – in Regionen, in denen sonst keine neuen entstehen würden. Die Filialen könnten dies ermöglichen, da hier die „Kosten niedriger“ wären als in der Hauptapotheke.

Adexa und BVpta gegen „Apotheken light“ 

Die Apothekerschaft hat an dieser Stelle eine ganz andere Sicht auf die erleichterte Filialgründung. Sie befürchtet, dass bestehende Einzelapotheken in „Apotheken light“ umgewidmet werden. In diesem Sinne hatte sich nicht nur die ABDA wiederholt geäußert. 

Auch die Apothekengewerkschaft Adexa machte deutlich, dass sie den Ansatz des Ministers kritisch sieht. Aus Sicht von Adexa ergibt es keinen Sinn, Aufgaben und Anwesenheiten von einer Berufsgruppe mit Fachkräftemangel (Approbierte) auf eine andere mit ebensolchem Fachkräftemangel (PTA) zu verlagern. Zumal PTA für diese Verantwortung weder durch ihre aktuelle Ausbildung vorbereitet seien noch entsprechend für eine derartig hohe Verantwortung bezahlt werden würden, heißt es in einer Pressemitteilung. 

Adexa erinnert zudem daran, dass PTA in der Regel unter Aufsicht eines Apothekers oder einer Apothekerin arbeiten. Das Versorgungsproblem wäre mit Lauterbachs Ideen also nicht gelöst. Adexa hält es vielmehr für unrealistisch, dass sich die Versorgung der Patientinnen und Patienten durch „Light“-Filialen ohne anwesendes approbiertes Personal und ohne die Verpflichtung zu Nacht- und Notdiensten verbessern würde. Ebenso sei nicht ersichtlich, dass dies die Attraktivität der Arbeitsplätze steigern würde.

Der Bundesverband PTA (BVpta) zeigte sich über die Pläne ebenfalls entsetzt. PTA seien bereits jetzt zu wenige und diese „Notnagel-Maßnahmen“ machten den PTA-Beruf nicht attraktiver. PTA seien sehr gut qualifiziert, übernehmen in den Apotheken viele Patienten-Kontakte, fertigen einen Großteil der Rezepturen an. Aber PTA, so der BVpta, seien keine Apotheker und ließen sich nicht gegen ihre approbierten Kolleginnen und Kollegen ausspielen. Für „Apotheke light“ und „Filialleitung light“ stünden sie nicht zur Verfügung.  

„Arzneimittelabgabe eher überbezahlt“

Zum Apothekenhonorar sagte der Minister in der Pressekonferenz, dass in Zukunft die „beratende Leistung“ besser vergütet werden müsse. Die „Abgabe des Medikaments“ sei zumindest bei „großen Apotheken“ hingegen „eher überbezahlt“. „Das Geld folgt nicht unbedingt der Leistung“, so Lauterbach.

„Werden mit Lieferengpässen kämpfen müssen“ 

Nicht zuletzt sagte der Minister, dass die Apothekenreform gut vorbereitet werden müsse; sie könne „kein Schnellschuss sein“. Insgesamt solle das System „liberaler“ werden. Zugleich wolle man verhindern, „dass die Apotheke der Zukunft die Versandhandelsapotheke ist“.

Im Gegensatz zu früheren Gelegenheiten erklärte der Minister auch unumwunden, dass man in Herbst und Winter mit Lieferengpässen werde „kämpfen müssen“. Das von ihm diesbezüglich ausgearbeitete Gesetz brauche noch weitere Jahre, um zu wirken, und hätte viel früher kommen müssen, wiederholte Lauterbach. Allerdings werde beispielsweise in der Pharmaindustrie bei der Generikaproduktion „24/7“ gearbeitet.