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Natriumgehalt in Brause­tabletten oft zu hoch

Blas Wasser mit sprudelnder Brausetablette daneben hält eine Frau weitere Tabletten in der Hand
Ein hoher Gehalt an Natriumsalzen lässt Brausetabletten sprudeln. | Bild: Belkina Margarita / AdobeStock

Damit Brausetabletten schön sprudeln, enthalten sie meist hohe Mengen an Natriumsalzen als Hilfsstoffe. Diese tragen oft erheblich zur täglich empfohlenen Aufnahme von Kochsalz bei.  

Wissenschaftler des Universitätsklinikums des Saarlandes haben sich deshalb in einer Untersuchung den Natriumgehalt verschiedener Brausetabletten genauer angeschautBMJ Open: "Hidden sodium in effervescent-tablet dietary supplements and over-the-counter drugs: a comparative cross-sectional study" . Sie untersuchten dabei verschiedene Nahrungsergänzungsmittel (NEM) aus Drogerien und Supermärkten sowie Arzneimittel aus der Apotheke. 

Die nachgewiesenen Mengen an Natriumsalz waren teilweise sehr hoch, was den meisten Patienten allerdings nicht bekannt war. Bei Nahrungsergänzungsmitteln muss der Natriumgehalt nicht einmal deklariert werden. Bei Arzneimitteln hingegen muss der Gehalt zwar angegeben werden, allerdings wird dieser häufig nicht beachtet. 

Brausetabletten sind beliebt

Aufgrund ihrer einfachen Einnahme zählen Brausetabletten zu den beliebtesten Arzneiformen. Die nicht überzogenen Tabletten werden vor der Einnahme in einem Glas Wasser aufgelöst. Die Wirkstoffe liegen dann im Wasser gelöst vor, dadurch kann die beabsichtigte Wirkung auch schneller eintreten als bei der Einnahme von normalen Tabletten. 

Diesen Vorteil macht man sich unter anderem bei analgetischen Wirkstoffen zunutze, diese werden häufig als Brausetabletten nachgefragt. 

Brausetabletten können auch gut bei Kindern oder Patienten mit Schluckschwierigkeiten eingesetzt werden.

Zur Erinnerung: Wie kommt es zum Brauseeffekt?

Brausetabletten bilden beim Kontakt mit Wasser Kohlenstoffdioxid. Als Hilfsstoffe zur CO2-Bildung werden Natriumsalze wie Natriumcarbonat oder Natriumhydrogencarbonat eingesetzt, diese reagieren mit organischen Säuren wie Citronensäure oder Weinsäure zu CO2. Dadurch kommt es dann zum Sprudeleffekt und die Tablette löst sich auf. 

Laut Arzneibuch müssen Brausetabletten in Wasser innerhalb von fünf Minuten zerfallen sein.

Wofür braucht der Körper Natrium?

Natrium ist für den Körper ein lebensnotwendiges Element und kommt von Natur aus oder durch Zufuhr von Natriumchlorid (Kochsalz) in fast allen Nahrungsmitteln vor. 

Die meisten Na+-Kationen befinden sich außerhalb der Körperzellen in der extrazellulären Flüssigkeit. Zusammen mit Kalium-Kationen und Chlorid-Anionen gehören Natrium-Kationen zu den wichtigsten Elektrolyten im Körper. 

Aufgrund ihres hohen Wasserbindungsvermögens spielen die Na+-Kationen eine wichtige Rolle bei der Regulation des Flüssigkeits- und Säure-Base-Haushalts sowie des Blutdrucks. 

Die meisten Menschen in Deutschland nehmen tendenziell zu viel Natriumchlorid mit der Ernährung auf. Ein Natriummangel kommt praktisch nicht vor.

Laut WHO: Am besten nur 2 Gramm Natrium am Tag

Eine zu hohe Zufuhr von Kochsalz steht im Zusammenhang mit der Entstehung von Bluthochdruck und dem vermehrten Auftreten von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt daher die tägliche Zufuhr von Kochsalz auf 5 Gramm zu beschränken, das entspricht rund 2 Gramm Natrium pro Tag. Auch die S3-Leitlinie Nationale VersorgungsLeitlinie Hypertonie rät Patienten mit Bluthochdruck die Aufnahme von Natriumchlorid zu beschränken, die Höchstmenge liegt hier bei 6 Gramm (= 2,4 g Natrium). 

Eine natriumreduzierte Ernährung gilt als effektive Maßnahme, den systolischen und diastolischen Blutdruck zu senken. In Deutschland liegen die aufgenommenen Werte meist deutlich höher – Frauen nehmen durchschnittlich 8,4 Gramm Kochsalz und Männer sogar 10 Gramm täglich zu sich. 

Einen hohen Anteil daran haben hochverarbeitete Lebensmittel, die oft sehr salzhaltig sind. Aber auch versteckte Natriumquellen wie in Brausetabletten tragen ihren Teil dazu bei.

Vitamin-C-Brausetablette als Spitzenreiter

Von allen untersuchten Präparaten war der höchste Gehalt an Natrium in einer Vitamin-C-Brausetablette zu finden. In einer einzelnen Tablette waren 564,7 mg Natrium enthalten, dies entspricht bereits mehr als einem Viertel der von der WHO empfohlenen Tagesdosis. 

Brausetabletten mit Ascorbinsäure zählen zu den äußerst beliebten Nahrungsergänzungsmitteln und werden zur Vorbeugung eines Vitamin-C-Mangels und zur Stärkung der Immunabwehr eingenommen. Viele Verbraucher konsumieren diese Brausetabletten dabei über einen langen Zeitraum beispielsweise während der gesamten Wintermonate. 

Auch Nahrungsergänzungsmittel mit Magnesium und Calcium enthalten hohe Mengen an Natrium, auch diese Produkte werden oft regelmäßig eingenommen. 

Die von den Wissenschaftlern untersuchten Magnesium-Brausetabletten enthielten im Durchschnitt 232,7 mg Natrium, bei den Calcium-Brausetabletten waren es immerhin noch 170,4 mg Natrium. Durch die tägliche Zufuhr einer Brausetablette werden also bereits zwischen 9 % und 12 % der empfohlenen Zufuhr an Natrium erreicht.

Gut zu wissen: Natrium-Gehalt muss bei Nahrungsergänzungsmitteln nicht deklariert werden

Bei einer Magnesium-Brausetablette muss die Menge an enthaltenem Magnesium und der Referenzwert in Prozent angegeben werden, damit ist der Anteil gemeint, den eine Tablette zur empfohlenen Tageszufuhr beiträgt. Dies gilt auch für Calcium-Brausetabletten. 

In den üblichen Nahrungsergänzungsmitteln wird Natrium nicht als Mineralstoff zugesetzt und ist nur als Hilfsstoff enthalten. Eine Kennzeichnung des Natriumgehalts muss daher nicht erfolgen. Verbraucher können also nicht erkennen, welche Mengen an Natrium mit dem Verzehr einer Brausetablette zugeführt werden.

Hohe Mengen an Natrium auch in Arzneimitteln

Nicht nur in Nahrungsergänzungsmitteln, auch in OTC-Arzneimitteln sind hohe Mengen an Natrium in Brausetabletten zu finden. Im Unterschied zu NEM muss bei Arzneimitteln der Natriumgehalt angegeben werden, dieser ist in der Packungsbeilage zu finden. 

Das Analgetikum und Antipyretikum Paracetamol-ratiopharm® 500 mg Brausetabletten enthält in einer Brausetablette 416 mg Natrium, dies entspricht bereits 21 % der für Erwachsene von der WHO empfohlenen täglichen Natriummenge. Die Tageshöchstdosis für Paracetamol beträgt für Erwachsene bekanntlich 4.000 mg. Bei einer Einnahme von acht Brausetabletten wird die maximale tägliche Natriumaufnahme deutlich überschritten. 

Eine Untersuchung zu diesem Thema hat bereits gezeigt, dass es einen Zusammenhang zwischen der Einnahme von Brausetabletten mit Paracetamol und einem erhöhten Risiko für eine Einweisung ins Krankenhaus bei Herz-Kreislauf-Patienten gibt.

Brausetabletten mit Acetylsalicylsäure

Auch Brausetabletten mit Acetylsalicylsäure haben einen hohen Gehalt an Natrium. Aspirin® Plus C enthält neben Acetylsalicylsäure (400 mg) noch Ascorbinsäure (240 mg) als Wirkstoff. Die empfohlene Einzeldosis im Rahmen einer Erkältung beträgt 1–2 Tabletten, als Tagesgesamtdosis können 3–6 Brausetabletten eingenommen werden. Da in einer Brausetablette 466,4 mg Natrium enthalten ist, werden bei der Einnahme von zwei Tabletten schon 47 % der täglichen empfohlenen Natriummenge erreicht. 

Als weitere Acetylsalicylsäure-haltige Brausetablette ist Aspirin® Migräne mit 500 mg Wirkstoff auf dem Markt. Zur Akutbehandlung einer Migräneattacke werden 1.000 mg Acetylsalicylsäure als Einzeldosis empfohlen, die über den Tag verteilt bis zu dreimal eingenommen werden kann. In zwei Brausetabletten sind 1.088 mg Natrium zu finden. Bereits mit einer Dosis werden über 50 % der maximalen empfohlenen Natriummenge aufgenommen. 

Brausetabletten auch bei Husten

Neben Schmerz- und Erkältungspräparaten werden in Apotheken häufig auch Hustenlöser als Brausetabletten verkauft. Acetylcystein kommt als Schleimlöser zum Einsatz und wird als Brausetablette mit 200 mg und 600 mg Wirkstoff pro Darreichungsform angeboten. 

Die Natriummengen unterscheiden sich in den Brausetabletten nicht wesentlich: ACC akut 200 mg enthält 98,9 mg Natrium, ACC akut 600 mg mit 138,8 mg Natrium etwas mehr. Zur Begrenzung der Natriumaufnahme wäre also die Einnahme einer Brausetablette mit 600 mg empfehlenswerter als dreimal täglich eine 200 mg Tablette.

Dauerhafte Einnahme von Brausetabletten problematisch 

Brausetabletten gegen Schmerzen und Erkältung sowie gegen Husten sind nicht zur Daueranwendung gedacht und werden meist nur für wenige Tage eingenommen. Problematisch hinsichtlich der Aufnahme von Natrium sind eher Nahrungsergänzungsmittel mit Vitaminen und Mineralstoffen, die häufig über einen längeren Zeitraum konsumiert werden. Dadurch können sie erheblich zur täglich aufgenommenen Menge an Natrium beitragen. 

Um die Einnahme von versteckten Natriumquellen gering zu halten, sollten Herz-Kreislauf-Patienten möglichst wenig Brausetabletten aufnehmen. In der Apotheke sollte dieser Patientengruppe eher zu normalen Tabletten geraten werden, da diese deutlich weniger Natrium pro Darreichungsform enthalten. Quellen:
- https://bmjopen.bmj.com/content/13/11/e076302
- https://www.test.de/Natrium-in-Brausetabletten-Unnoetige-Gefahr-fuers-Herz-6094431-0/
- https://register.awmf.org/assets/guidelines/nvl-009k_S3_Hypertonie_2023-06.pdf
- https://www.bfarm.de/DE/Arzneimittel/Arzneimittelinformationen/Besonderheitenliste/_node.html