Häufige Interaktionen
Interaktionsmeldungen treten im Apothekenalltag sehr häufig auf. Dabei geht es sowohl um Interaktionen zwischen verschiedenen Wirkstoffen als auch um Wechselwirkungen zwischen Wirkstoffen und Nahrungsmitteln, bzw. der Nahrungsaufnahme allgemein.
Nicht jede Interaktionsmeldung erfordert auch tatsächlich eine Gegenmaßnahme, manchmal sind Wechselwirkungen sogar erwünscht. In dieser Serie greifen wir die relevantesten Interaktionen auf, erklären die Hintergründe und geben Ihnen wichtige Informationen für das Beratungsgespräch an die Hand.
Titelbild: Schelbert / PTAheute
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Beeinflussen Antibiotika die Antibabypille?

Frau hält Blister der Antibabypille in der Hand und drückt eine tablette auf die Hand
Bei der gleichzeitigen Einnahme von Antibabypille und Antibiotika gibt es einiges zu beachten. | Bild: Seventyfour / AdobeStock

Das Thema „Antibiotikum und Antibabypille“ taucht in Apotheken immer wieder auf. Viele Patientinnen haben gehört, dass Antibiotika die Verhütung unsicher machen können. Dies sorgt bei Patientinnen für Angst und führt häufig zu Rückfragen. Für PTA und Approbierte ist es deshalb wichtig, die Fakten zu kennen und sie verständlich weiterzugeben.

Rifampicin und Rifabutin: Wenn Antibiotika die Antibabypille schwächen

Die Antibabypille enthält Östrogene und Gestagene. Diese Hormone verhindern den Eisprung, verdicken den Schleim am Gebärmutterhals und verändern die Gebärmutterschleimhaut. Damit die Pille zuverlässig wirkt, müssen die Hormonspiegel im Blut stabil bleiben. 

Genau hier setzen die beiden Antibiotika Rifampicin und Rifabutin an. Sie werden bei Tuberkulose und seltenen Infektionen eingesetzt und regen bestimmte Leberenzyme – vor allem CYP3A4, CYP2C9 und CYP2C19 – an. Dadurch werden Östrogene und Gestagene schneller abgebaut. 

Folglich sinken die Hormonspiegel ab und die Antibabypille schützt nicht mehr zuverlässig vor einer ungewollten Schwangerschaft. Während der Einnahme von Rifampicin und Rifabutin sowie noch 28 Tage danach muss deshalb zusätzlich verhütet werden, z. B. mit Kondomen.

Antibiotika und Darmflora: Hat das Einfluss auf die Wirkung der Antibabypille?

Die meisten Antibiotika, die verschrieben werden, beeinflussen die Wirkung der Antibabypille nicht direkt. Dazu gehören Penicilline, Cephalosporine, Makrolide oder Fluorchinolone. Viele Studien haben gezeigt, dass diese Antibiotika den Hormonspiegel nicht verändern. 

Der bekannte Mythos entstand, weil man früher einen anderen Verdacht hatte: Antibiotika könnten die Darmflora stören und damit den sogenannten enterohepatischen Kreislauf der Hormone unterbrechen. Heute weiß man, dass dieser Effekt eine weniger große Rolle bei der Wirksamkeit der Antibabypille spielt. 

Selbst wenn Bakterien im Darm geschwächt werden, reicht die direkte Aufnahme der Hormone im Dünndarm aus, um eine sichere Wirkung der Pille zu gewährleisten. Ausnahmen sind lediglich die beiden Antibiotika Rifampicin und Rifabutin, die ein echtes Risiko darstellen.

Gut zu wissen: Was ist der enterohepatische Kreislauf?

Ein Teil der Östrogene wird in der Leber umgebaut und mit der Galle in den Darm ausgeschieden. Dort spalten Darmbakterien diese Verbindungen wieder auf. So können die Hormone erneut aufgenommen und zurück ins Blut transportiert werden. Dieser Kreislauf hilft, die Hormonspiegel stabil zu halten. 

Wird die Darmflora gestört, beispielsweise durch Antibiotika, könnte dieser Mechanismus abgeschwächt werden. Heute weiß man jedoch: Für die gängigen Antibabypillen ist dieser Effekt nicht entscheidend, da die Hormone auch direkt im Dünndarm zuverlässig aufgenommen werden.

Antibabypille und Magen-Darm-Beschwerden: Risiko im Alltag?

Ein anderes Problem kann aber trotzdem auftreten: Magen-Darm-Beschwerden. Manche Antibiotika verursachen Durchfall oder Erbrechen. Passiert das kurz nach der Einnahme der Antibabypille, wird der Wirkstoff nicht mehr vollständig aufgenommen. 

Besonders kritisch ist Erbrechen innerhalb von drei bis vier Stunden nach der Einnahme der Pille. Der Empfängnisschutz ist dann nicht mehr sichergestellt. In diesen Fällen sollten Patientinnen die Hinweise im Beipackzettel beachten und vorübergehend zusätzlich, beispielsweise mit einem Kondom, verhüten.

Antibiotika und Antibabypille: Wichtig für die Beratung

Für die Beratung in der Apotheke bedeutet das: Handelt es sich um die beiden Antibiotika Rifampicin oder Rifabutin, sollte der Hinweis auf ein zusätzliches Kontrazeptivum unbedingt gegeben werden. 

Bei anderen Antibiotika kann Entwarnung gegeben werden, solange keine starken Magen-Darm-Beschwerden auftreten. Kommt es zu Erbrechen oder Durchfall, sollten Patientinnen wissen, dass die Wirkung der Antibabypille eingeschränkt sein kann. 

Werden diese Informationen klar und ruhig vermittelt, nimmt dies Unsicherheit bei Patientinnen und zeigt die Apotheke als verlässliche Anlaufstelle. Quellen:
- https://www.akdae.de/arzneimitteltherapie/arzneiverordnung-in-der-praxis/ausgaben-archiv/ausgaben-ab-2015/ausgabe/artikel/2021/2021-03-04/arzneimittelwechselwirkungen-zwischen-antibiotika-und-oralen-kontrazeptiva
- https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2018/08/29/pille-und-antibiotika-wie-relevant-ist-die-interaktion
 

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