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MCT auf Rezept: Was muss beachtet werden?

Mittelkettige Triglyceride (medium-chain triglycerides oder kurz MCT) findet man relativ selten als ärztliche Verordnung auf einem E-Rezept. Dabei stellen sie, verarbeitet als spezielle Diät-Produkte, eine sinnvolle Therapieergänzung bei bestimmten Fettstoffwechselstörungen dar.
Was sind mittelkettige Triglyceride?
Die mittelkettigen Triglyceride sind Verbindungen aus Glycerin und drei Fettsäuren mittlerer Länge, bestehend aus sechs bis zwölf Kohlenstoffatomen. Davon abzugrenzen sind Triglyceride mit kurzkettigen Fettsäuren (short-chain fatty acid, SCFA), die nach Fermentation entstehen oder auch von Darmbakterien gebildet werden, sowie mit langkettigen Fettsäuren (long-chain triglycerides, LCT), zu denen auch die Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren gehören.
Überblick: Beispiele für Fettsäuren
Name | Anzahl der Kohlenstoffatome | Vorkommen in Lebensmitteln |
---|---|---|
Kurzkettige Fettsäuren | ||
Essigsäure | 2 | Essig |
Propionsäure | 3 | Sauerteigbrot |
Buttersäure | 4 | Sahne |
Mittelkettige Fettsäuren | ||
Capronsäure | 6 | Kokosöl, Palmöl, Milchfett |
Caprylsäure | 8 | |
Caprinsäure | 10 | |
Laurinsäure | 12 | |
Langkettige Fettsäuren | ||
Palmitinsäure | 16 | Palmöl, Butter, Rindfleisch, Schweinefleisch |
Ölsäure | 18 (einfach ungesättigt) | Olivenöl, Avocado, Nüsse |
Alpha-Linolensäure | 18 (dreifach ungesättigt) | Leinöl, Hanfsamen |
Docosahexaensäure (DHA) | 22 (sechsfach ungesättigt) | Fetter Fisch, Algenöl |
Bei Raumtemperatur liegen die MCT flüssig vor, im Kühlschrank härten sie in der Regel aus. In der Natur kommen sie als gesättigte Fettsäuren in Kokosöl, Palmöl oder zu einem geringen Teil in Milchfett wie z. B. Butter vor. Meist treten sie als Mischform mit langkettigen Fettsäuren auf.
MCT sind aufgrund ihrer besonderen Stoffwechseleigenschaften auch Bestandteil verarbeiteter Produkte, wie einer speziellen Art von Margarine, oder werden als reines MCT-Öl vertrieben. Im Körper unterscheiden sich der Abbau und die Aufnahme über den Darm stark von der Art und Weise, wie es bei langkettigen Fettsäuren stattfindet.
Besondere Stoffwechseleigenschaften von MCT
Die mittelkettigen Triglyceride werden besonders schnell vom Körper resorbiert, weshalb sie innerhalb kurzer Zeit Energie bereitstellen können. Aufgrund der relativ kurzen Länge benötigen sie keine Enzyme wie Lipase aus der Bauchspeicheldrüse oder Gallensäuren aus der Gallenflüssigkeit, um für die Nährstoffaufnahme zerkleinert zu werden.
Die gute Wasserlöslichkeit ermöglicht es den MCT, ohne Umbauvorgänge durch die Darmschleimhaut ins Blut zu penetrieren. Über die Blutbahn gelangen sie auf direktem Weg in die Leber. Dort werden sie bevorzugt oxidiert, was zur schnellen Energiefreisetzung führt.
Im Vergleich dazu werden die langkettigen Fettsäuren zuerst durch Lipase und Gallensäuren zerlegt und in eine Mizellenform verpackt. Das erhöht die Wasserlöslichkeit und ermöglicht die Aufnahme über die Darmschleimhaut.
Anschließend werden sie nach erneuten Umbauprozessen an bestimmte Lipoproteine gebunden, welche als Transportsystem zur Weiterleitung über die Lymphflüssigkeit zum Blut dienen, bevor sie letztendlich die Leber oder andere Zielgewebe wie Muskeln oder Fettzellen erreichen. In der Leber werden sie zweitrangig nach den mittelkettigen Triglyceriden oxidiert.
Mittelkettige Triglyceride sinnvoll bei Fettstoffwechselstörungen
Aufgrund dieser speziellen Eigenschaften eignen sich die MCT als Fettsäure-Alternative, wenn die herkömmliche Verdauung, Aufspaltung oder Aufnahme der Fettsäuren oder deren Transport über die Lymphflüssigkeit gestört ist.
Arztpraxen können Patienten, die an folgenden Erkrankungen leiden, standardisierte MCT-Produkte zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) verordnen.
Zu den erstattungsfähigen Indikationen gehören u. a.:
- Verdauungsstörungen nach Entfernung von Bereichen des Dünndarms
- Durchfallerkrankung aufgrund einer AIDS-Infektion
- Mukoviszidose (Schleimablagerungen in allen Organen des Körpers möglich, z. B. Darm, Bauchspeicheldrüse oder Galle, die die Verdauung behindern)
- Beschleunigte Magenentleerung z. B. nach Operationen
- Zöliakie (Glutenunverträglichkeit)
- Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse, z. B. Entzündungen oder Lipasemangel
- Verminderte Bildung von Gallenflüssigkeit
- Lymphabflussstörungen oder Erkrankungen, die Lymphstau verursachen
- Defekte von Enzymen der Fettsäureoxidation in der Leber
- Eiweißbildungsstörungen der Lipoproteine
Gut zu wissen: MCT bei einer ketogenen Diät
Eine ketogene Ernährung zeichnet sich durch fettreiche und kohlenhydratarme Lebensmittel aus. Der Mangel an Glucose verringert die Ausschüttung von Insulin, was dazu führt, dass der Körper den Großteil seines Energiebedarfs aus Fetten deckt.
Als Brennstoff dienen sogenannte Ketonkörper, ein Abbauprodukt der Fettsäuren. Auch eingelagerte Fettreserven sollen dadurch besser abgebaut werden.
Die ketogene Diät wird deshalb auch zur Gewichtsreduktion eingesetzt, wobei es dafür keine abschließende Evidenz gibt.
MCT-Produkte eignen sich für eine ketogene Diät, da sie etwa 10 Prozent weniger Kalorien aufweisen als solche mit langkettigen Fettsäuren (MCT 8,3 Kcal pro Gramm Fett, LCT: 9,2 Kcal pro Gramm Fett).
Aufgrund der schnellen Verstoffwechselung der MCT werden diese häufig direkt in Energie umgewandelt und nur selten in die Körperfettzellen zur Speicherung überführt.
MCT-Präparate nicht für alle geeignet
Auch wenn die mittelkettigen Triglyceride gut vertragen werden, sollten Personen mit einer chronischen Niereninsuffizienz, Ketoazidose durch Diabetes, Leberzirrhose oder mit angeborenem Enzymmangel zur Regulation des MCT-Abbaus in der Leber von einer bilanzierten Diät mit MCT-Produkten absehen.
Hauptgrund ist, dass der Körper bei diesen Erkrankungen mit dem Abbau bzw. der Ausscheidung von zu vielen Ketonkörpern überfordert ist. Die Anhäufung kann die Ausscheidungsorgane belasten und zu einer Übersäuerung des Blutes (Azidose) führen.
Vor einer geplanten Therapie sollte mit dem Arzt oder Ernährungstherapeuten gesprochen werden. In der Apotheke müssen Kunden, die MCT-Produkte z. B. im Rahmen einer ketogenen Diät erwerben möchten, auf diese Risiken hingewiesen werden.
MCT auf Rezept – Was muss drauf stehen?
Um ein MCT-Produkt zu Lasten der GKV beliefern zu können, muss der Arzt ein Rezept mit einem entsprechenden Präparat ausstellen. Die Produkte fallen in die Kategorie „Lebensmittel zur bilanzierten Diät“ im Bereich der enteralen Ernährung.
Enteral bedeutet, dass die Produkte über den klassischen Verdauungsweg in den Körper gelangen. Der Begriff umfasst auch Trink- und Sondennahrung. Man erkennt passende Präparate innerhalb der Apotheken-Software an der Kennzeichnung „Lebensmittel (Diätetikum gemäß § 31 SGB V)“. Dieser Paragraf regelt die Verordnungsermächtigung von Arznei- und Verbandmitteln und geht auch speziell auf die bilanzierten Diäten ein.
Zur Erinnerung: Was ist eine bilanzierte Diät?
Unter dem Begriff bilanzierte Diät bzw. Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke versteht man Präparate, die für Patienten mit „eingeschränkter, behinderter oder gestörter Fähigkeit zur Aufnahme, Verdauung, Resorption, Verstoffwechslung oder Ausscheidung gewöhnlicher Lebensmittel oder bestimmter darin enthaltener Nährstoffe und deren Stoffwechselprodukten“ vorgesehen sind.
Die Diätetika müssen den Hinweis „Zum Diätmanagement bei [...]“ auf dem Etikett enthalten. Wie auch bei Nahrungsergänzungsmitteln gibt es kein klassisches Zulassungsverfahren, sondern es genügt eine Anmeldung vor dem Vertrieb beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit.
Die Präparate sollten unter ärztlicher Aufsicht angewendet werden.
In § 23 der Arzneimittel-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) findet man ergänzend den Hinweis zur Verordnungsfähigkeit von MCT-Präparaten zur enteralen Ernährung, wenn eine der oben genannten Indikationen vorliegt.
Da Lebensmittel zur bilanzierten Diät wie Arzneimittel betrachtet werden, muss auf dem Rezept nicht zwingend eine Indikation vom Arzt angegeben sein. Außerdem fällt je nach Preis eine Standard-Zuzahlung für den Kunden an.
Eine zusätzliche Erleichterung: Seit Mai 2024 ist für die Belieferung von Produkten im Bereich der enteralen Ernährung keine Präqualifizierung mehr notwendig.
MCT-Produkte direkt beim Hersteller beziehbar
Die meisten MCT-Produkte werden nicht über den Apotheken-Großhandel vertrieben. Es besteht aber die Möglichkeit einer Direktbelieferung nach telefonischer Bestellung beim Hersteller. Hier können auch bestimmte Konditionen besprochen werden, die speziell für Apotheken gelten.
So führt die Dr. Schär AG aus Südtirol unter dem Namen Kanso verschiedene MCT-Produkte, von denen viele verordnungsfähig sind. Das Sortiment umfasst beispielsweise eine MCT Margarine mit 83 % MCT-Anteil, das Joghurt-ähnliche Produkt KetoBiota sowie reine Öle mit einem MCT-Anteil von 77 und 100 %. Alle Präparate können ab Bestellmenge 1 in die Apotheke geliefert werden. Ab einem Einkaufswert von 29 € fallen zudem die Versandkosten von 4,50 € weg.
Der Nestlé Ableger Vitaflo vertreibt das verordnungsfähige Präparat MCTprocal mit einem MCT-Anteil von 63 %. Es handelt sich um einzeln verpackte Pulver-Sachets, die in eine beliebige Flüssigkeit eingerührt werden können. Außerdem befindet sich im Sortiment das Präparat LIPIstart, welches mit MCT angereichert ist und für Säuglinge ab der Geburt und für Kinder bis 10 Jahre geeignet ist. Es kann auch als Sondennahrung angewendet werden.
Weitere Präparate mit MCT für Sondennahrung bietet der Hersteller Nutricia an. Beispiele sind Nutrison Peptisorb Plus HEHP mit 60 % MCT und Nutrison advanced Peptisorb mit 49 % MCT. Literatur
https://fet-ev.eu/mittelkettige-fettsaeuren/
https://www.g-ba.de/richtlinien/3/
https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2024/04/05/bei-welchen-erkrankungen-kann-eine-ketogene-ernaehrung-sinnvoll-sein
https://www.kanso.com/de/fettsaeureoxidationsstoerungen/produkte