Zuckersüßes Beratungswissen
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Teil 11: Hustenbonbons – süßes Lösungsversprechen

Bei einem trockenen Hals greifen viele zu Hustenbonbons. Es lohnt sich auch hier auf die Zuckerkomponenten zu achten. | Bild: Privat

Die Aufschriften auf den bunten Tüten und Schachteln versprechen viel: „Hilft natürlich bei Husten“, „Linderung bei Heiserkeit, Hals- und Hustenreiz“, „Wohltuend für die Atemwege“, „Natürlicher Balsam für Hals und Stimme“ – da spürt man fast schon beim Lesen die Befreiung vom lästigen Rachenkratzen. Meist sticht auch die Geschmacksrichtung schnell ins Auge: Salbei, Eukalyptus, Kräuter, Kirsche, Zitrone, Honig – alles auch in Kombination mit Pfefferminze oder einfach „Mint“, das schmeichelt dem Gaumen oder weckt ein Gefühl von Frische und heilkräftiger Wirkung.

Was allerdings die für einen Bonbon unverzichtbare Zuckerkomponente betrifft, muss man als Verbraucher schon etwas genauer auf die Verpackung schauen. Bezeichnungen wie „Zuckerfrei“ oder „ohne Zucker“ geben einen ersten Hinweis darauf, dass die Rezeptur Zuckeraustauschstoffe enthält. Der Blick auf die Zutatenliste bringt genaue Aufklärung – und lohnt sich für alle, die hier eine bewusste Entscheidung treffen wollen.

Es gibt gute Gründe fürs Bonbonlutschen

Die klassische Indikation für einen Husten- oder Halsbonbon ist ein meist erkältungsbedingter Husten oder Halsschmerz. Das langsame Lutschen eines süßen Bonbons regt den Speichelfluss an, befeuchtet die ausgetrockneten, gereizten Schleimhäute und verflüssigt festsitzenden, zähen Schleim. Die in den Bonbons enthaltenen Kräuter und ätherischen Öle unterstützen die Bildung von erwünschtem, schützendem Schleim und wirken einem unangenehmen Trockenheitsgefühl im Rachen entgegen. Eukalyptus und Minze sollen antimikrobielle Aktivität zeigen und durch ihr intensiv-frisches Aroma die Atemwege befreien. Nicht vergessen sollte man auch, dass viele Hustenbonbons einfach lecker schmecken.

Den „Dauerlutschern“ auf der Spur

All diese positiven Eigenschaften sind nicht nur bei Erkältungen nützlich, sondern helfen auch vielen Menschen, die unter Mundtrockenheit leiden und zu vermindertem Speichelfluss neigen. Mundtrockenheit ist eine typische, störende Nebenwirkung anticholinerg wirkender Arzneimittel. Dazu gehören bronchialerweiternde Wirkstoffe, die bei der COPD zum Einsatz kommen, ebenso wie Wirkstoffe gegen Harn- und Dranginkontinenz sowie gegen Morbus Parkinson. Auch Arzneimittel gegen zu hohen Blutdruck, Psychopharmaka, Chemotherapeutika usw. können eine Ursache für Mundtrockenheit sein.

Ebenso könnten hinter Mundtrockenheit ein noch nicht entdeckter Diabetes oder eine Autoimmunkrankheit stecken. Es lohnt sich daher, in der Apotheke wachsam zu sein, wenn Patienten regelmäßig Lutschbonbons kaufen. Man kann dazu beitragen, die Gründe für quälende Mundtrockenheit zu klären.

Mitunter sind es auch einfach „nur“ Raucher, die sich in großen Mengen mit den befreienden Hustenbonbons versorgen. Hier könnte die Apotheke weitergehende Hilfe anbieten, wenn erwünscht.

Ohne Zucker kein Bonbon

Zucker oder Zuckeraustauschstoffe bilden die Basis für jede Art von Bonbon oder Pastille. Ein klassischer Bonbon wird aus einer Mischung aus Zucker, Glucosesirup und Wasser hergestellt. Hinzu kommen die Kräuteranteile bzw. Aromen. Der Glucosesirup ist für industriell hergestellte Bonbons unverzichtbar, weil er die Kristallisation zuverlässig verhindert und somit die gewünschte Konsistenz und auch Haltbarkeit des Bonbons sicherstellt.

Hartbonbons, Weichbonbons oder mit Füllung?

Durch Kochen wird der Wasseranteil eingedampft. Je nachdem, wie viel Wasser verdunstet, erhält man im Ergebnis harte und weiche Bonbons. Hartbonbons, auch als Hartkaramellen bezeichnet, enthalten ca. 3% Restwasser, Weichkaramellen (Kaubonbons) enthalten bis zu 10% Restwasser und werden mitunter noch mit Gelatine oder Gummi arabicum angereichert.

Die Bonbon-Masse kann dann in Formen gegossen und mit einer Prägung versehen werden. Mit Hilfe besonderer Apparaturen lassen sich auch (halb-)flüssig gefüllte Bonbons herstellen. Weichere (Kau-)Bonbons werden zu Strängen geformt und geschnitten. 

Nicht einzeln in Papier verpackte, sondern lose angebotene Bonbons werden gegen Verkleben oft noch mit einem Trennmittel überzogen.

Gut zu wissen:

Hinter der Angabe „Glucosesirup“ verbirgt sich nicht unbedingt 100% reine Glucose, auch wenn sich das so anhören mag. Ein industriell aus Stärke hergestellter Glucosesirup darf – auch ohne extra Deklaration – bis zu 5% Fructose enthalten.

„Ohne Zucker“?

Isomalt ist der bei Bonbons am häufigsten verwendete Zuckeraustauschstoff. Das aus Rübenzucker hergestellte Isomalt schmeckt fast wie Zucker, hat aber nur halb so viele Kalorien und gilt zudem als zahnfreundlich. Es hat nur eine geringe Wirkung auf den Blutzuckerspiegel und die Insulinfreisetzung. Mit Isomalt hergestellte Bonbons lösen sich langsamer auf als Zuckerbonbons. Das gilt als Vorteil, denn so haben heilende und reizlindernde Inhaltsstoffe länger Zeit, ihre Wirkung im Mund- und Rachenraum zu entfalten. Ein weiterer Pluspunkt ist, dass Isomalt-Bonbons nicht einzeln in Folie oder Papier verpackt werden müssen. Sie verkleben auch bei höherer Luftfeuchtigkeit nicht und vertragen wärmere Temperaturen. Sie können gut in Pappschachteln verpackt werden.

Auch das hitzestabile Xylit („Birkenzucker“, Handelsname z. B.: „Xucker“) eignet sich zur Herstellung von Bonbons. Xylit hat weniger Kalorien (240 kcal pro 100 Gramm) als Zucker (ca. 400 kcal pro 100 Gramm), aber die gleich Süßkraft und einen angenehmen Geschmack. Weil Xylit auf der Zunge einen Kühleffekt erzeugt, verstärkt es Geschmacksrichtungen mit Minze. Xylit setzt nur wenig Insulin frei und ist ebenso wie Isomalt zahnfreundlich. Studien belegen sogar, dass Xylit auf Dauer Karies verursachende Bakterien reduzieren kann, was für die Verwendung in Bonbons – mit langer Kontaktzeit im Mund – durchaus ein Vorteil ist.

„Kann bei übermäßigem Verzehr abführend wirken“

Sowohl Isomalt als auch Xylit können ab einer bestimmten Verzehrmenge heftige Bauchschmerzen, schmerzhafte Blähungen und Durchfälle auslösen, je nachdem, wie empfindlich ein Mensch reagiert. Für Xylit lässt sich die Verträglichkeit erhöhen, indem man die Menge in kleinen Schritten steigert und so den Darm an die Substanz gewöhnt.

Enthält ein Lebensmittel mehr als 10 Prozent an Zuckeraustauschstoffen (und das ist bei Isomalt- und Xylit-haltigen Bonbons der Fall), ist auf der Packung der Warnhinweis „kann bei übermäßigem Verzehr abführend wirken“ vorgeschrieben. 

Noch nicht süß genug?

Zuckerfreie Hustenbonbons mit viel Süße: der Zuckeraustauschstoff Isomalt wird oft ergänzt durch einen Süßstoff. | Bild: Privat

Auffällig ist, dass die meisten zuckerfreien Hustenbonbons zusätzlich noch mit Süßstoffen angereichert sind. Vermutlich will man sie damit geschmacklich noch weiter aufpeppen. Auf den Zutatenlisten findet man ergänzend zu Isomalt häufig Steviolglycoside, Sucralose, Aspartam und/oder Acesulfam-K, manchmal sind auch zwei Süßstoffe enthalten. Aspartam erfordert den Zusatzhinweis „Enthält eine Phenylalaninquelle“. 

Die Süßstoffe stehen in der Zutatenlisten meistens eher am Schluss, also nach den Angaben zu Kräuterextrakten, Säuerungsmitteln, Vitamin C und Aromen.

Wie lange haltbar?

Auf abgepackten Lebensmitteln, zu denen auch Hustenbonbons zählen, muss ein Mindesthaltbarkeitsdatum stehen. Hustenbonbons enthalten nur geringe Mengen an Wasser, das schützt vor Verderb. Doch Luftfeuchtigkeit und fremde Gerüche können die Qualität von Bonbons deutlich beeinträchtigen. Darum sollte man sie kühl und trocken lagern. Wieder verschließbare Folienverpackungen schützen vor äußeren Einflüssen.

Beratungspotenzial für die Apotheke

Hustenbonbons gibt es regalweise in Drogerie- und Supermärkten sowie in Kiosken. Nur auf den ersten Blick sind sie ein völlig unproblematischer Mitnahmeartikel. Auf den zweiten Blick erkennt man schnell, dass hier für die Apotheke einiges an Beratungspotenzial bereit liegt. Schon der Hinweis auf den nicht gerade geringen Zuckeranteil in Bonbons kann wichtig sein. Wer ständig Zucker-Bonbons lutscht, nimmt nicht nur ununterbrochen Kalorien zu sich, sondern regt auch pausenlos seine Insulinausschüttung an. Das kann ernährungsphysiologisch bedenklich sein. Kleine „Fastenpausen“ sind für den Stoffwechsel gesünder. Außerdem begünstigt der zuckersüße Dauerkontakt an den Zähnen die Entstehung von Karies.

Wer aus gesundheitlichen Gründen zuckerfreie Bonbons verzehrt, sollte die konsumierte Menge kontrollieren. „Dauerlutscher“, die ohne nachzudenken einen Bonbon nach dem anderen in den Mund schieben, können Blähungen, Verdauungsstörungen, Darmkrämpfe bekommen – und bringen diese Symptome womöglich gar nicht mit ihrem Bonbonkonsum in Zusammenhang. Das Apothekenpersonal kann Patienten, die regelmäßig Selbstmedikationspräparate gegen Blähungen und Verdauungsstörungen kaufen, zum Beispiel nach ihrem Bonbon- bzw. Süßigkeiten-Verzehr fragen.

Wenn ein Kunde regelmäßig Lutschbonbons gegen Mundtrockenheit kauft, könnte man nach den Gründen für seine Beschwerden suchen und ihm – falls erforderlich und erwünscht – zu Alternativen raten.

Wer in der Apotheke eine Medikationsanalyse anbietet mit der Aufforderung, auch OTC-Arzneimittel und Nahrungsergänzungsmittel in der „brown bag“ mitzubringen, sollte auch nach dem Verzehr von Husten- und sonstigen Lutschbonbons fragen. So lässt sich evtl. dauerhaften Blähungen usw. auf die Spur kommen.

Auf einen Blick:

Hustenbonbons lindern die Symptome von Atemwegserkrankungen und Erkältungen. Bei Mundtrockenheit helfen sie, die trockenen Schleimhäute zu befeuchten.

Es ist wichtig, außer auf die Kräuter- und Geschmackskomponente besonders auf den Zuckeranteil zu achten. Es gibt Bonbons mit Zucker und Glucosesirup sowie zuckerfreie Bonbons, die in der Regel Isomalt oder Xylit enthalten.

Regelmäßiges Lutschen zuckerhaltiger Bonbons führt Kalorien zu, regt die Insulinausschüttung an und kann zu Karies führen. Zuckerfreie Bonbons können zu Verdauungsbeschwerden führen. Es gilt also, nicht unbewusst zu lutschen, sondern den Konsum zu kontrollieren!

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