Corona-Schutzmaßnahmen
Corona-Pandemie
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Vorsorgliche Quarantäne bei Risikokontakt: Wie ist die rechtliche Lage?

Junge Frau mit Smartphone schaut aus Fenster
Wegen eines vorsorglichen Tests zuhause: Muss eine PTA dann Urlaub nehmen? Antworten gibt ADEXA-Rechtsanwältin Minou Hansen. | Bild: Marina Andrejchenko / Adobe Stock

Aus der Leserschaft erreichte uns kürzlich folgende Frage:

Mein Mann wurde von seiner Firma vorsorglich wegen eines Corona-Falles in seiner Abteilung nach Hause geschickt, obwohl kein direkter Kontakt bestand. Daraufhin habe ich vor Dienstbeginn meinen Apothekenleiter informiert. Ich sollte zuhause bleiben, bis vom Gesundheitsamt alles geklärt ist.
Am selbigen Tag bekam ich Bescheid, dass ich arbeiten darf und mein Mann einen Test machen muss. Mein Arbeitgeber wollte mich aber nicht arbeiten lassen, bis das Ergebnis da ist. Am folgenden Tag abends hatten wir das Ergebnis: negativ! So war ich zwei Tage nicht arbeiten. Eine Krankmeldung bekomme ich von der Arztpraxis dafür nicht. Nun will mein Arbeitgeber mir Urlaub/ Überstunden dafür abziehen. Ist das rechtens???

Quarantäne-Regeln, neue Einreisebestimmungen – im Moment hat man das Gefühl, es werden jeden Tag neue Regeln gesetzt und Verordnungen erlassen, die noch dazu von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich sind. Das ist verwirrend, unklar und umständlich – man wünscht sich doch, einer so neuen und massiven Bedrohung mit klaren Handlungsanweisungen begegnen zu können. Gleichzeitig wäre es befremdlich, wenn man einer dynamischen Entwicklung auf der einen Seite und ständig neuen Erkenntnissen auf der anderen Seite statisch begegnen würde. Allen Regelungen ist gemein, dass sie nur für die „Dauer der pandemischen Lage von nationaler Tragweite“ gelten und entweder von vornherein bis zu einem bestimmten Zeitpunkt befristet sind oder unter dem Vorbehalt der Änderung/Anpassung stehen. Was heute gilt, kann morgen schon wieder falsch sein. Deshalb sollte man dann, wenn man selber konkret von einem der folgenden Fälle oder Konstellationen betroffen ist, sich tagesaktuell auf den aufgeführten Internetseiten informieren.

Unklarheiten bei den Begriffsdefinitionen

Auch von den Begriffen und Bezeichnungen geht einiges durcheinander. Kein Wunder, mit Quarantäne oder Einreisebestimmungen mussten sich die allerwenigsten von uns bislang beschäftigen, höchstens einmal, wenn man zum Beispiel in die USA einreisen wollte. In diesem Sommer fing die Reisezeit damit an, dass Reisen ins Ausland teilweise nicht möglich waren, weil viele Länder ihre Grenzen „dicht gemacht“ haben oder Hotels und Pensionen nicht öffnen durften. Die Reisezeit endet jetzt damit, dass die Einreisebestimmungen nach Deutschland verschärft wurden, so dass man gar nicht planen kann, ob ein Urlaub stattfindet und ob und wie man dann wieder an seinen Arbeitsplatz zurückkehren kann. Aber nicht nur die Urlauber sind betroffen: Da das Virus sich immer weiter ausbreitet und mehr getestet wird, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Corona-Infektionen auch im näheren Umfeld stattfinden. Welche Regeln gelten dann? Dieser Beitrag wird versuchen, etwas Licht ins Dunkel zu bringen. Stand ist Ende August 2020, einen Blick auf die aktuelle Lage erspart man sich damit nicht. Aber Sie wissen dann zumindest, wo Sie nachschauen müssen.
Das, was wir umgangssprachlich als „Quarantäne“ bezeichnen, meint meistens die sogenannte „häusliche Absonderung“. Im Zusammenhang mit dem Corona-Virus bedeutet Quarantäne eine (häusliche) Absonderung auf behördliche Anordnung. Diese wird vom Gesundheitsamt ausgesprochen, wenn ein positiver Corona-Test vorliegt.

Wer muss zu Hause bleiben?

Im Moment muss zu Hause bleiben, wer Erkältungssymptome aufweist. Wer also bei sich selber Husten, Schnupfen oder gar Fieber bemerkt, darf auch dann, wenn er oder sie sich eigentlich arbeitsfähig fühlt, die Apotheke nicht betreten. Das richtige Vorgehen in diesem Fall ist die sofortige Information der Arbeitgeber*in sowie ein Anruf beim Hausarzt oder ärztlichen Bereitschaftsdienst. Dort werden dann die weiteren Maßnahmen besprochen und ggf. eine Testung vereinbart. In aller Regel geben die Hausärzte im Einklang mit dem RKI die Empfehlung, erst dann wieder die Arbeit anzutreten, wenn die Symptome abgeklungen sind oder ein negatives Testergebnis vorliegt. Wer wirklich krank und arbeitsunfähig ist, erhält ein ärztliches Attest und die „normale“ Entgeltfortzahlung greift. Wer allein wegen Corona-Verdachts zu Hause bleiben muss, aber an sich arbeitsfähig wäre, erhält eine Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz (§ 56) in Höhe des Verdienstausfalls. Wenn dies technisch möglich ist, könnte die Arbeitgeber*in jetzt auch Arbeiten ins Homeoffice verlagern.

Ergibt sich ein positiver Testbefund, wird also eine Infektion mit dem Corona-Virus bestätigt, wird spätestens jetzt das Gesundheitsamt informiert, auch um die Infektionswege nachverfolgen zu können. Als potentielle „Ausscheider*in“ darf man nicht in der Apotheke arbeiten. Es ist dann Entscheidung des Gesundheitsamtes bzw. bei Erkrankung der Ärzt*in, wann wieder gearbeitet werden darf.

Risikokontakt zweiten oder dritten Grades

Wie ist es aber, wenn man gar nicht selber betroffen ist, sondern ein Familienangehöriger unter Ansteckungsverdacht steht oder infiziert ist? 
Eine Quarantäne wird dann behördlich angeordnet, wenn ein hohes Risiko besteht, dass man sich angesteckt hat. Dieses Risiko wird angenommen, wenn man innerhalb der letzten zwei Wochen engen Kontakt zu einem Erkrankten mit einer laborbestätigten COVID-19-Diagnose hatte. Ein enger Kontakt bedeutet entweder, dass man mindestens 15 Minuten mit dem Erkrankten gesprochen hat bzw. angehustet oder angeniest worden ist, während dieser ansteckend gewesen ist. Dies kann nicht nur Familienangehörige oder Freunde betreffen, sondern auch Arbeitskolleg*innen. Deshalb versuchen viele Apothekenleitungen, die Kontakte unter den Angestellten möglichst gering zu halten, indem sie das Team in Schichten arbeiten lassen.
Wenn bei einem Angehörigen oder einer Kontaktperson „nur“ ein Verdacht auf eine Infektion besteht, also zum Beispiel ein Test angeordnet oder durchgeführt wurde, das Ergebnis aber noch nicht feststeht, muss man sich selber übrigens nicht isolieren bzw. in Quarantäne begeben. Auch das Gesundheitsamt wird hier im Regelfall für die Kontaktpersonen noch keine Quarantäne anordnen. Bei einer sehr schweren Symptomatik und dem dringenden Verdacht auf eine Corona-Infektion mag das im Einzelfall anders sein. Grundsätzlich gilt aber selbst dann, wenn bei einem engen Familienmitglied ein Corona-Verdacht besteht: Es kann (und muss) weitergearbeitet werden.
Wenn man selber oder auch die Apothekenleitung hier ein schlechtes Gefühl hat, wäre eine Idee, bis zum Testergebnis (das ja innerhalb von 24 Stunden vorliegen soll) zu Hause zu bleiben und in dieser Zeit dann ggf. Minusstunden aufzubauen oder – wenn es ausschließlich auf Wunsch der Apothekenleitung erfolgt – eine bezahlte Freistellung zu vereinbaren. Einen Entschädigungsanspruch nach dem Infektionsschutzgesetz gibt es für diese Fälle nicht.

Wie ist die aktuelle rechtliche Situation?

Die Quarantäne oder Isolation war in den letzten Tagen insbesondere im Zusammenhang mit Reiserückkehrern vielfach im Gespräch und in der Presse. Aktuell gilt für die Einreise in die Bundesrepublik: Wenn man aus einem Risikogebiet anreist, ist eine 14-tägige Quarantäne einzuhalten. Diese kann man abwenden durch einen negativen Corona-Test, der bei der Einreise höchstens 48 Stunden alt sein darf. Bis zum 14. September 2020 werden die Corona-Tests für Einreisende aus Risikogebieten verpflichtend und kostenlos sein, ab dem 15. September sollen die Kosten von den Reisenden getragen werden. Eine Testpflicht bei der Einreise soll es dann nicht mehr geben. 
Weitere Änderungen sind ab dem 1. Oktober 2020 geplant: Die 14-tägige Quarantäne bzw. häusliche Isolation soll verpflichtend bleiben. Man kann diese auch zukünftig durch einen negativen Corona-Test abkürzen. Dieser kann aber frühestens fünf Tage nach Einreise durchgeführt werden. Im Klartext bedeutet dies: Zukünftig muss man bei einer Reise in ein Risikogebiet – je nachdem, wie schnell das Testergebnis vorliegt – noch eine Woche einplanen, in der man nicht arbeiten kann. Gegen eine arbeitsfreie Woche im Anschluss an den Urlaub hätte wohl keine Mitarbeiter*in etwas einzuwenden. Die schlechte Nachricht dabei ist, dass es für diese Zeiten zukünftig keine finanziellen Entschädigungen nach dem Infektionsschutzgesetz mehr geben soll. Wer sich also der generellen Warnung, ein Risikogebiet zu bereisen, widersetzt, tut das zukünftig buchstäblich auf eigene Gefahr.
Ob die schon jetzt von einigen Arbeitgeber*innen angedrohten arbeitsrechtlichen Konsequenzen tatsächlich wirksam sein werden, bleibt fraglich. Es wird in jedem Einzelfall zu entscheiden sein, ob eine Reise in ein Risikogebiet mit der nachfolgenden Quarantäne ein abmahnfähiges Verhalten oder gar einen Kündigungsgrund darstellt.

Um den Urlaub nicht mit einem bösen Ende abzuschließen, sollte man sich rechtzeitig vor Reiseantritt informieren:
www.auswaertiges-amt.de
www.bundesgesundheitsministerium.de
www.rki.de

Zusätzlich kann jedes einzelne Bundesland besondere Bestimmungen haben, so dass man auch dort auf den jeweiligen Homepages nachschauen muss. Alles ganz schön kompliziert – hoffen wir, dass wir durch die Maßnahmen die Auswirkungen der Pandemie weiter so gut im Griff haben, dass zumindest der Sommerurlaub 2021 unter einem besseren Stern steht!

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