COVID-19-Krankheitsverlauf
Corona-Pandemie
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SARS-CoV-2: Circa 1.000 Viruspartikel für Ansteckung nötig

Nahaufnahme einer Nase davor §D-animierte grüne Viren
Zwischen 100 und 5.000 Viruspartikel reichen für eine Ansteckung mit dem Coronavirus aus. Lüften, Abstand halten und Mund-Nasen-Schutz tragen sind die besten Schutzmaßnahmen gegen eine Ansteckung. | Bild: Jürgen Fälchle / Adobe Stock

Übertragung durch Tröpfchen und Aerosole

Bekanntermaßen wird das SARS-Corona-Virus-2 hauptsächlich über die respiratorische Aufnahme virushaltiger Partikel, die beim Atmen, Husten, Niesen, Sprechen und Singen entstehen, übertragen. Coronaviren selbst haben einen Durchmesser von 0,12 bis 0,16 µm, werden aber normalerweise als Bestandteil größerer Partikel ausgeschieden. Je nach Größe dieser Teilchen kann man dabei zwischen größeren Tröpfchen und kleineren Aerosolen unterscheiden. Während größere Partikel relativ schnell zu Boden sinken, können Aerosole auch über einen längeren Zeitraum in der Luft schweben und sich in Innenräumen verteilen. Im Umkreis von ein bis zwei Metern um eine infizierte Person ist das Risiko für eine Übertragung durch Partikel – unabhängig von ihrer Größe – am höchsten. Daher kann das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes dieses Risiko reduzieren. Bei einem längeren Aufenthalt in schlecht belüfteten Räumen erhöht sich aber die Wahrscheinlichkeit einer Übertragung durch Aerosole auch über eine größere Distanz als zwei Meter. Um sich vor einer Infektion zu schützen, reicht dann das Einhalten des Mindestabstands unter Umständen nicht mehr aus.

Genauer Einfluss der Aerosole noch unklar

Wie bedeutsam die Rolle der Aerosole bei einer Ansteckung tatsächlich ist, darüber ist sich auch die Fachwelt noch nicht ganz einig. Klarheit herrscht bei der Tatsache, dass die Infektionsgefahr grundsätzlich in geschlossenen Räumen am größten ist. Allerdings sind manche Forscher der Meinung, dass eine Übertragung des Virus mittels Aerosolen nicht der hauptsächliche Weg der Verbreitung ist. Denn bei anderen Krankheiten, die sich nachweislich über Aerosole verbreiten wie typischerweise die Masern, steckt eine infizierte Person viel mehr Menschen an als beim neuartigen Coronavirus. Masern haben eine Reproduktionszahl von etwa 18, während dieser R-Wert bei SARS-CoV-2 vor der Einführung entsprechender Maßnahmen zur Eindämmung bei etwa 2,5 lag. Eine infizierte Person steckt also durchschnittlich 2,5 andere Menschen an. Der Wert ähnelt eher dem R-Wert der Influenza, die sich nachweislich durch Tröpfcheninfektion überträgt.

Wie viele Virenpartikel sind für eine Ansteckung nötig?

Bisher war auch nicht klar, wie viele Viren ein Mensch eigentlich einatmen oder über die Schleimhäute aufnehmen muss, um sich tatsächlich zu infizieren. Hierzu liefert nun eine kürzlich veröffentliche Untersuchung des CeMM Forschungszentrum für Molekulare Medizin in Wien neue Erkenntnisse. Die Wissenschaftler:innen aus Österreich konnten feststellen, dass 1.000 Virenpartikel für eine Ansteckung ausreichen. Dabei handelt es sich um einen Durchschnittswert, denn teilweise führten auch schon 100 Partikel zu einer Infektion, in seltenen Fällen wurden sogar 5.000 übertragene SARS-CoV-2-Partikel benötigt. Diese Werte decken sich mit publizierten Daten von Forscher:innen des Massachusetts Institute of Technology aus Cambridge. Sie fanden heraus, dass 300 bis 2.000 virushaltige Partikel zu einer Infektion führen. 

Auch wie stark jemand an COVID-19 erkrankt, hängt wahrscheinlich mit der Anzahl der übertragenen Virenpartikel zusammen. Ist diese niedrig, ist der Krankheitsverlauf vermutlich schwächer oder es kommt gar nicht zu einer Erkrankung. Auch der Nutzen von physischen Maßnahmen wie Abstand halten oder Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes ließe sich damit erklären. Selbst wenn durch diese Maßnahmen eine Übertragung des Coronavirus nicht völlig verhindert werden kann, kann die Zahl der übertragenen Virenpartikel reduziert werden und Ansteckungen werden unwahrscheinlicher.

Eine gute Nachricht

Die Ergebnisse der Studie aus Österreich über die Anzahl der benötigten Virenpartikel für eine Infektion mit SARS-CoV-2 sind eigentlich gute Neuigkeiten. Denn würden, wie beispielsweise beim Norovirus, bereits wenige Erreger ausreichen, hätten gesunde Personen nach einem Treffen mit einem Infizierten in geschlossenen Räumen praktisch keine Chance sich nicht anzustecken. Noroviren gehören zu den unbehüllten RNA-Viren und sind äußerst resistent gegen Umwelteinflüsse, die benötigte Dosis für eine Infektion ist daher äußerst gering. Schon wenige Virenpartikel, durchschnittlich 10 bis 100, reichen für eine Übertragung aus. Bei HIV geht man sogar davon aus, dass ein einzelnes Virusteilchen für eine Neuinfektion ausreichend sein kann. Trotzdem ist das HI-Virus schwer zu übertragen, da eine Ansteckung über Körperflüssigkeiten geschieht und im normalen Alltag nicht zu befürchten ist.

Wie kann die Anzahl an Virenpartikeln bestimmt werden?

Um die Anzahl der für eine Infektion benötigten Virenpartikel überhaupt bestimmen zu können, verglichen die Wissenschaftler:innen das Virus-Erbgut des Virenspenders und des Virenempfängers. Durch winzige Veränderungen im Virusgenom entstehen nämlich genetische Unterschiede. Diese sogenannten stillen Mutationen haben aber ansonsten keine Auswirkungen auf das Virus. Solche Mutationsmuster können zeigen, welche Infizierten sich gegenseitig angesteckt haben. Wenn ein Infizierter nur wenige Virusvarianten des Spenders trägt und trotzdem erkrankt, dann sind nur wenige Viren für eine Infektion nötig gewesen. Umgekehrt gilt, dass wenn viele Virusvarianten vom Spender beim Empfänger zu finden sind, auch wahrscheinlich viele Viren nötig waren, um eine Erkrankung auszulösen.

Lüften als effektivste Maßnahme bewährt

Für eine Ansteckung mit dem Coronavirus ist also eine gewisse Mindestmenge an Viren nötig. Um sich vor einer Infektion zu schützen, muss also die Viruskonzentration in einem Raum nicht auf Null gesenkt werden. Schon durch regelmäßiges Lüften kann die Menge an Viren in der Luft so reduziert werden, um sich weitgehend zu schützen. Bekanntermaßen ist eine möglichst hohe Zufuhr an Frischluft eine der wirksamsten Methoden, die Konzentration an infektiösen Aerosolen in Innenräumen zu senken. Als Faustregel für Büroräume gilt dabei ein stündliches Lüften über die gesamte Fensterfläche zwischen 3 Minuten (im Winter) und 10 Minuten (im Sommer). Seminarräume mit mehreren Personen sollen mindestens alle 20 Minuten gelüftet werden. Aber auch Treffen in privaten Räumen werden durch das konsequente Einhalten der Lüftungsregeln deutlich sicherer. Dieser Aspekt ist sicherlich für die anstehenden Feierlichkeiten an Weihnachten von Bedeutung.

CO2-Messgerät hilfreich

Um das regelmäßige Lüften auch konsequent durchzuführen, sind CO2-Messgeräte hilfreich. Der Gehalt an diesem Gas gilt als Indikator für die Luftqualität in einem Raum. In der Außenluft beträgt die Konzentration an Kohlenstoffdioxid ungefähr 400 ppm, in Innenräumen gelten Werte bis zu 1.000 ppm als akzeptabel. Der höhere Wert in geschlossenen Räumen entsteht durch das abgeatmete CO2 von Personen, die sich darin aufhalten. Bei hohen CO2-Werten steigt damit automatisch auch der Gehalt an Aerosolen, falls sich eine infizierte Person im Raum befindet. CO2-Geräte messen mittels Sensoren die Konzentration an Kohlenstoffdioxid im Raum und können an das regelmäßige Lüften erinnern.

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