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Esmya®: Einmal monatlich die Leberwerte checken: Rote-Hand-Brief zu Ulipristalacetat

Nach Meldungen über schwere Leberschädigungen lässt der PRAC die Kontrollmaßnahmen bei der Einnahme von Esmya® verschärfen. | Bild: Gedeon Richter

Bekannt ist Ulipristalacetat vor allem als Wirkstoff im Notfallkontrazeptivum EllaOne®. Doch Frauenärzte setzen Ulipristalacetat auch bei Frauen zur Behandlung von Gebärmutter-Myomen ein. Das hierfür zugelassene Arzneimittel heißt Esmya®. Myome wachsen unter anderem Progesteron-abhängig. Als Selektiver Progesteron-Rezeptor-Modulator (SPRM) verhindert Ulipristalacetat die Bindung von Progesteron an seinen Rezeptor und verringert so die Größe des Myoms. Allerdings ist Ulipristalacetat – wenn es nicht wie bei EllaOne®  als einmalige Dosis eingenommen wird – offenbar nicht ganz unkritisch. Der Ausschuss für Risikobewertung im Bereich Pharmakovigilanz der (PRAC) hat nun den Einsatz von Esmya® stark eingeschränkt.

Was ist ein Myom?

Ein Myom ist eine gutartige Wucherung der Muskelschicht der Gebärmutter. Myome sind relativ weit verbreitet, etwa 15 bis 25 Prozent aller Frauen sind betroffen. Die gute Nachricht: Nach aktuellem Stand der Wissenschaft, entarten Myome nicht zu bösartigen Tumoren. Dennoch verursachen sie bei einem Viertel der Patientinnen Beschwerden und schränken teilweise deren Lebensqualität stark ein. Die Frauen leiden unter verstärkten und verlängerten Monatsblutungen sowie Zwischenblutungen, die teilweise mit wehenartigen Krämpfen einhergehen. Manche Myomträgerinnen klagen zusätzlich über Bauch- und Rückenschmerzen, verstärkten Harndrang, Verstopfung und ein Fremdkörpergefühl beziehungsweise Schmerzen beim Geschlechtsverkehr. Sekundär kann aufgrund der starken Menstruation ein Eisenmangel auftreten.

Die Veranlagung zu Myomen ist zum Teil erblich, so entwickeln Töchter von „Myom-Müttern“ häufiger Myome, als wenn die Mutter keine Wucherung der Gebärmuttermuskelschicht hat. Myome entstehen und wachsen hormonabhängig. Sie tragen auffallend mehr Rezeptoren für die weiblichen Sexualhormone Estrogen und Progesteron. Durch die Hormonanhängigkeit können Myome vor allem auch in der Schwangerschaft verstärkt proliferieren und Schwierigkeiten bereiten (Früh-und Fehlgeburten). Am häufigsten treten Myome bei Frauen im Alter zwischen 35 und 50 Jahren auf. Mit Beginn der Wechseljahre und einem veränderten Hormonstatus bilden sich Myome nicht selten auch wieder zurück.

Leberschäden unter Esmya®: PRAC erhöht Kontrollen

Hintergrund für die verschärften Empfehlungen seitens des PRAC waren Berichte über schwere Leberschädigungen unter Esmya®, die teilweise zu Leberversagen führten und eine Lebertransplantation erforderlich machten. Was ändert sich für Esmya®-Patientinnen?

Frauen, die Esmya®zur Myom-Therapie erhalten, sollen künftig einmal pro Monat ihre Leberwerte untersuchen lassen. Liegen die Leberwerte um das Doppelte über den Normwerten, soll die Behandlung mit Esmya® abgesetzt werden. Außerdem sollen Gynäkologen keine neuen Patientinnen mehr auf Esmya® einstellen. Auch wenn Patientinnen einen Therapiezyklus abschließen, soll nach Ansicht des PRAC ab sofort kein weiterer Esmya®-Zyklus folgen. Nachdem der Patient die Therapie mit dem Ulipristalacetat-haltigen Arzneimittel beendet hat, sollte der Arzt nach zwei bis vier Wochen erneut die Leberwerte überprüfen.

Derzeit keine Sicherheitsbedenken bei EllaOne®

Ulipristalacetat ist auch der Wirkstoff im Notfallkontrazeptivum EllaOne®. Die „Pille danach“ EllaOne® enthält mit 30 mg Ulipristalacetat deutlich mehr Wirkstoff als Esmya® mit 5 mg. Dennoch gab es laut PRAC bislang keine Meldungen oder Hinweise zu Leberschäden unter EllaOne®. Somit betreffen EllaOne® die risikominimierenden Maßnahmen zu Esmya® nicht.

Wie geht es weiter mit Esmya®?

Das Verfahren zu Esmya® bei der EMA dauert noch an. Die nun im Rote-Hand-Brief zu Esmya® veröffentlichten Maßnahmen des PRAC sind eine Übergangslösung, bis eine endgültige Nutzen-Risiko-Bewertung der Myom-Therapie mit Ulipristalacetat abgeschlossen ist. Seine finale Einschätzung wird der Pharmakovigilanz-Ausschuss dann an den Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) berichten. Dieser verabschiedet ein Gutachten, über das die Europäische Kommission einen für alle EU-Mitgliedsstaaten rechtsverbindlichen Beschluss fasst.