Rezeptur
Praxiswissen
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Rezepturen zur Überbrückung von Lieferengpässen: NRF-Vorschrift nun auch für Ibuprofen-Suspension

Roter Saft wird in einen Becher gegossen
Bild: Jezabel / AdobeStock

Fiebersäfte für Kinder sind momentan praktisch nicht mehr zu bekommen. Viele Apotheken behelfen sich daher, indem sie Rezepturarzneimittel mit Paracetamol oder Ibuprofen selbst herstellen. Geprüfte Vorschriften dazu lagen bisher nur für Paracetamol vor, nun gibt es auch entsprechende Daten für Ibuprofen.

Aus Rezeptursubstanz oder Filmtabletten

Da Ibuprofen praktisch unlöslich in Wasser ist, müssen flüssige Zubereitungen als Suspensionen hergestellt werden. Dabei muss die gleichmäßige Verteilung des Wirkstoffs zum Zeitpunkt der Entnahme und der Anwendung der einzelnen Dosis gewährleistet sein. Wässrige Suspensionen werden daher meist mit Hilfsstoffen zur Erhöhung der Viskosität versetzt. 

Entsprechende Zubereitungen können grundsätzlich aus der Ibuprofen-Rezeptursubstanz oder aus Filmtabletten hergestellt werden. Als Trägerlösung kommt die NRF-Vorschrift S.52. Grundlage für Suspensionen zum Einnehmen infrage. Diese kann fertig bezogen oder auch in der Apotheke selbst hergestellt werden. 

Hydroxyethylcellulose 10000 nicht erhältlich, was ist zu tun?

Die Grundlage für Suspensionen zum Einnehmen (NRF S.52.) enthält als Verdickungsmittel den Celluloseether Hydroxyethylcellulose 10000. Falls dieser Hilfsstoff nicht erhältlich ist, können andere Substanzen eingesetzt werden. 

0,5% Hydroxyethylcellulose 10000 können dabei nach Angaben des NRF unter anderem durch 1,5% Carmellose-Natrium oder 1% Hypromellose ersetzt werden. Die Verdickungsmittel-Alternativen haben dabei keinen Einfluss auf die Dichte der Trägerlösung, diese kann weiter mit 1,040 bis 1,041 g/ml angenommen werden.

Da die Grundlage für Suspensionen zum Einnehmen nicht besonders süß schmeckt, empfiehlt das NRF zur weiteren Verbesserung des Geschmacks die Zugabe eines flüssigen Aromas. Geeignet wären beispielsweise 0,1% Himbeeraroma. 

Herstellung einer Ibuprofen-Suspension mit Hilfe der Rezeptursubstanz

Ist Ibuprofen als Rezepturgrundstoff erhältlich, sollten flüssige Darreichungsformen bevorzugt damit hergestellt werden. Der Feststoff lässt sich gut benetzen und leicht zu einer Suspension verarbeiten, auch nach einer Woche Standzeit war der Wirkstoff noch gut aufzuschütteln. 

100 ml Ibuprofen-Suspension 40 mg/ml (aus Rezeptursubstanz)
Ibuprofen (mikrofein oder sehr fein gepulvert)4,0 g
Grundlage für Suspensionen zum Einnehmen (NRF S.52.) zu 104,4 g


Weitere Hilfsstoffe zur Verbesserung der Aufschüttelbarkeit sind daher nicht nötig. Entgegen der bisher gegebenen Empfehlung kann auf den Zusatz von Hochdispersem Siliciumdioxid verzichtet werden. 

Herstellung einer Ibuprofen-Suspension auch aus einem Fertigarzneimittel möglich

Ist die Rezeptursubstanz nicht erhältlich, können Ibuprofen-Suspensionen auch aus Filmtabletten hergestellt werden. Diese lassen sich gut zerkleinern und man erhält ein gleichmäßiges Pulver zur Weiterverarbeitung. Um Verluste auszugleichen, sollen die Tabletten dabei zunächst im Überschuss vermahlen werden. Auch bei der Verwendung von Fertigarzneimitteln ist der Feststoff nach einer Woche gut aufzuschütteln. 

100 ml Ibuprofen-Suspension 40 mg/ml (aus Fertigarzneimittel)
Ibuprofen (aus Tablettenpulver)4,0 g
Grundlage für Suspensionen zum Einnehmen (NRF S.52.)zu 104,4 g


Zur Herstellung wird zunächst die benötigte Anzahl an Tabletten gewogen und das Gesamtgewicht notiert. Anschließend werden weitere Tabletten als Überschuss hinzugefügt und die gesamte Menge in einer Reibschale verrieben. Aus dem entstehenden, homogenen Pulver wird nun die zuvor bestimmte Menge (Gesamtgewicht der benötigten Tablettenanzahl) in eine Fantaschale aus Edelstahl oder Glas eingewogen.

Beispiel:

Die genannte Suspension soll mithilfe von Ibuprofen-Tabletten der Wirkstärke 400 mg hergestellt werden. Für die Herstellung werden daher 10 Tabletten benötigt:
N = 4000 mg / 400 mg = 10

Die 10 Tabletten werden gewogen und so die Gesamtmasse ermittelt:  
mges= 5500 mg

Nun werden als Überschuss 3 Tabletten hinzugefügt und alle 13 Tabletten verrieben. Aus dem entstehenden Pulver werden abschließend 5500 mg zur weiteren Herstellung abgewogen und der Rest verworfen. 

Das abgewogene Pulver wird mit ausreichend Grundlage versetzt und verrührt, die restliche Grundlage kann dann anteilig eingearbeitet werden. Ein Anteigen der Tabletten mit Grundlage wird nicht mehr empfohlen, da es wegen des Filmüberzugs zu größeren Partikeln in der Suspension führen kann. 

Ibuprofen als Hartfett-Zäpfchen

Ibuprofen-Suppositorien sind in verschiedenen Dosierungen für Kinder und Erwachsene erhältlich. Diese enthalten normalerweise Ibuprofen-Natrium-Dihydrat mit Ibuprofen-Natrium als Bezugsgröße zur Angabe der Stärke. Beispielsweise enthalten Ibuprofen 600 mg Zäpfchen 600 mg Ibuprofen-Natrium als 694 mg Ibuprofen-Natrium-Dihydrat und damit entsprechend 542,2 mg Ibuprofen. 

Bei Lieferschwierigkeiten können Zäpfchen für Kinder aus Erwachsenensuppositorien hergestellt werden, hierzu ist das Dosierungsverfahren nach Münzel geeignet. Quellen:
NRF-Rezepturhinweis Ibuprofen (21.07.2022)
 

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