Aktuelles
4 min merken gemerkt Artikel drucken

Ergebnisse des Barmer Arztreport 2017 veröffentlicht: Vor allem junge Erwachsene plagen Kopfschmerzen

Bild: Antonioguillem - Fotolia.com

Hoher Leistungsdruck vor allem bei jungen Menschen

Demnach seien inzwischen 1,3 Millionen junge Erwachsene von einem ärztlich diagnostizierten Pochen, Klopfen und Stechen im Kopf betroffen, 400.000 mehr als noch im Jahr 2005. Die Ursachen seien offen, doch vermutlich nehme der Druck auf die jungen Leute stetig zu. Der Alltag könne für Kopfschmerz-Patienten zur Qual werden und deren berufliche oder universitäre Existenz gefährden. Gerade junge Erwachsene brauchten bessere Präventionsangebote. Sport, Entspannungstechniken oder eine gesunde Lebensführung könnten vielen Betroffenen aus der Pillenfalle helfen, heißt es.

Besorgnis erregender Tablettenkonsum schon bei Kindern

Wie wichtig präventive Maßnahmen seien, zeige sich am bedenklichen Tablettenkonsum bereits bei Kindern. So nehmen nach bereits 40 Prozent der Kinder und Jugendlichen zwischen neun und 19 Jahren Medikamente ein, wenn sie Kopfschmerzen haben. 42 Prozent bekämpften den Schmerz sogar jedes Mal mit Arzneimitteln. Wer Kopfschmerztabletten regelmäßig oder gar übermäßig nimmt, riskiert seine Gesundheit“, warnte Prof. Dr. Joachim Szecsenyi, Autor des Arztreports und Geschäftsführer des AQUA-Instituts für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen in Göttingen.

Dunkelziffer bei Kopfschmerzen noch höher

Der starke Anstieg der Kopfschmerzdiagnosen bei jungen Erwachsenen im Alter von 18 bis 27 Jahren sei umso bedenklicher vor dem Hintergrund, dass die Zahl der Diagnosen über alle Altersklassen „nur“ um 12,4 Prozent zugenommen habe. Im Jahr 2015 waren 9,3 Prozent der Bevölkerung, also rund 7,6 Millionen Menschen von Kopfschmerz betroffen. Am häufigsten wurden Kopfschmerzen im Alter von 19 Jahren diagnostiziert. 19,7 Prozent der Frauen dieser Altersgruppe seien belastet. Bei den Männern seien es 13,8 Prozent.

Gute Beratung in der Apotheke

Ganz sicher haben noch viel mehr junge Menschen mit Kopfschmerz zu kämpfen, als uns aus ärztlichen Diagnosen bekannt ist. Hier ist eine gute Beratung in der Apotheke besonders wichtig. Eine Hilfestellung für die Beratung in der Selbstmedikation bei Kopfschmerzen bietet die entsprechende Leitlinie der Bundesapothekerkammer, die PTA und Apotheker in der Beratung Step-by-Step durchgehen können. Als Faustregel gilt immer: Schmerzmittel nicht an mehr als zehn Tagen pro Monat und nicht länger als drei Tage hintereinander einnehmen. Wer häufiger Schmerzen hat, sollte einen Arzt aufsuchen. Hilfreich für den Arztbesuch ist beispielsweise auch das Führen eines Kopfschmerztagebuchs in dem Auslöser, Tageszeit und Häufigkeit von Kopfschmerz-Attacken dokumentiert werden. Erfolgsversprechend in Sachen Kopfschmerzprävention sei auch eine von der Barmer geförderte Migräne- und Kopfschmerz-App. Die App „M-sense“ ist ein digitaler Assistent für Menschen mit Kopfschmerzen. Sie soll die individuellen Ursachen ausmachen und den Verlauf von Migräne und Spannungskopfschmerzen analysieren. Die Dokumentationen können dann dem behandelnden Arzt eine eine Hilfe bei der Therapie sein.

Migränemittel-Missbrauch kann zu Dauerkopfschmerz führen

Auch die Verordnungsrate von Migränemitteln sei bei den 18- bis 27-Jährigen in der Zeit von 2005 bis 2015 um ganze 58 Prozent gestiegen. Über alle Altersklassen hinweg betrachtet gab es lediglich einen Anstieg um 9,9 Prozent. Als Migränemittel wurden fast ausschließlich Mittel aus der Substanzgruppe der Triptane, vor allem Sumatriptan, verordnet. Sie gelten als Wundermittel für Migräne-Patienten, haben jedoch unerfreuliche Nebenwirkungen, nämlich Kopfschmerzen. Die Dosis macht das Gift. Wer immer wieder zu Medikamenten greift, um Kopfschmerzen los zu werden, landet im schlimmsten Fall in einem Teufelskreis aus Tablettenkonsum und Dauerkopfschmerzen. Die Betroffenen sitzen dann in einer Pillenfalle. Evidenzbasierte Empfehlungen der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft für Apothekenfachpersonal finden Sie bei der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG).