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Semaglutid in Ozempic® für Typ-2-Diabetiker: Die Diabetes mellitus-Therapie bekommt einen neuen „Player“

Bild: dolgachov - iStockphoto.com

Novo Nordisk hat für sein neues Antidiabetikum Semaglutid die Zulassung in der Europäischen Union erhalten. Die Vereinigten Staaten waren etwas schneller: Semaglutid steht Diabetikern in den USA bereits seit Dezember 2017 zur Verfügung.

Exenatid in Byetta® war erster GLP-1-Rezeptoragonist

Das Präparat mit dem Handelsnamen Ozempic® setzen Ärzte bei Typ-2-Diabetikern ein. Der Angriffspunkt von Semaglutid hat sich in der Diabetes mellitus-Therapie bereits bewährt: Auch Exenatid, Liraglutid, Albiglutid und Dulaglutid nutzen das GLP-1-System. Wegbereiter war einst Exenatid in Byetta® gewesen. Eine Depotform von Exenatid vertreibt Astra Zeneca mittlerweile unter dem Fertigarzneimittelnamen Bydureon®. Saxenda® und Victoza® enthalten Liraglutid. Bei einer Kombination von Liraglutid und Insulin degludec stellte Novo Nordisk 2016 den Vertrieb ein. Der Grund war wirtschaftlicher Art. Der G-BA hatte Xultophy® keinen Zusatznutzen bescheinigt. Dulaglutid ist in Lillys Trulicity® enthalten und Albiglutid finden PTA unter dem Handelsnamen Eperzan® im Kühlschrank.
Exenatid in Byetta® sowie Liraglutid in Saxenda® oder Victoza® muss der Patient täglich unter die Haut spritzen. Bei Albiglutid (Eperzan®), Exenatid in Bydureon® und Dulaglutid in Trulicity® genügt eine einmal wöchentliche subkutane Anwendung. Das neue Antidiabetikum ist hinsichtlich der Applikationshäufigkeit auch patientenfreundlich: Semaglutid injizieren die Diabetiker ebenfalls nur einmal pro Woche. Novo Nordisk hat sogar noch weitere ambitionierte Pläne mit Semaglutid, denn auch eine orale Darreichungsform entwickelt der Hersteller derzeit. Ob und wann diese verfügbar sein wird, ist aktuell jedoch nicht absehbar.

Wo greift Semaglutid an?

Semaglutid wirkt als Agonist am Glucagon-like-Peptide-1-Rezeptor (GLP-1-Rezeptor). Normalerweise übernimmt das Glucagon-ähnliche Peptid (GLP-1) diese Funktion. Was macht GLP-1? Das Peptidhormon stammt aus dem Darm, genauer gesagt dem Colon und Ileum. Es wird dort freigesetzt, wenn der Nahrungsbrei Glucose enthält. GLP-1 stimuliert die Insulinfreisetzung aus den β-Zellen der Bauchspeicheldrüse und wirkt so blutzuckersenkend. Darüber hinaus senkt es die Produktion von Glucagon (α-Zellen der Bauchspeicheldrüse), dem Gegenspieler von Insulin. Aufgabe von Glucagon ist es, eine Unterzuckerung zu verhindern – es setzt beispielsweise Glucose aus der Leber frei und erhöht so den Blutzuckerspiegel.
GLP-1 zeigt neben der blutglucosesenkenden Wirkung noch weitere positive Effekte bei Typ-2-Diabetikern. Nicht selten kämpfen diese Patienten mit Übergewicht. Über zwei Mechanismen wirkt Semaglutid hemmend auf die Nahrungsaufnahme der Diabetiker: Es fördert zum einen die Sättigung. Zusätzlich fördert es die Ausschüttung von Orexin. Orexin zeigt als Neuropeptidhormon stoffwechselfördernde Effekte wie Temperaturerhöhung und Gewichtsverlust.

Semaglutid senkt Blutzucker und Gewicht

Diese bei Diabetes gewünschten GLP-1-Effekte zeigen auch Patienten unter Semaglutid. Ozempic® senkt den Blutzucker, auch den Langezeitwert HbA1c, und das Gewicht. Semaglutid können Diabetiker als Mono- und Kombinationstherapie erhalten. Nach wie vor ist jedoch das Mittel der ersten Wahl bei Diabetikern Metformin. Bei Unverträglichkeiten oder Kontraindikationen können Typ-2-Diabetiker künftig auch Semaglutid als Metformin-Alternative einsetzen. Novo Nordisk hat auch die Zulassung einer kombinierten Behandlung von Typ-2-Diabetikern mit Semaglutid und weiteren Antidiabetika.

Semaglutid reduziert kardiovaskuläre Ereignisse

Semaglutid untersuchte Novo Nordisk an über 8000 erwachsenen Typ-2-Diabetikern. Das Patientenkollektiv umfasste auch Diabetiker mit kardiovaskulärem Risiko und bereits bestehenden Nierenerkrankungen. Auch hier überzeugte Semaglutid offenbar. Laut Novo Nordisk gelang es unter Semaglutid, kardiovaskuläre Ereignisse und diabetische Nephropathien im Vergleich zur Standardtherapie zu verringern. Hier gesellt sich Semaglutid zu Empagliflozin, Canagliflozin und Liraglutid. Auch diese Antidiabetika zeigen einen kardiovaskulären Schutz. Hingegen: Eine Senkung der Sterblichkeit konnte bislang nur für Metformin und Empagliflozin nachgewiesen werden.