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App erhält DiGA-Status: Kaia bei Rückenschmerzen nun für alle GKV-Versicherten

Mann macht mit Hilfe seines Smartphones Bewegungsübungen in seinem Wohnzimmer
Der KI-gestützte Bewegungscoach der Kaia-App analysiert die Bewegungsausführung und gibt visuelle und sprachliche Rückmeldung. | Bild: Kaia health

Rückenschmerzen gehören für viele Menschen zum Alltag: In einer Untersuchung des Robert Koch-Instituts (RKI) aus dem Jahr 2020 gaben 61,3% der Befragten an innerhalb von zwölf Monaten mindestens einmal Rückenschmerzen gehabt zu haben. Versicherungsdaten zeigen zudem, dass ein Viertel aller Krankschreibungen auf diese Ursache zurückzuführen ist.

Viele Krankenkassen bieten daher ihren Versicherten kostenlose Rückenkurse an. Neben Onlinekursen und Gesundheitskursen vor Ort kommen dabei auch zunehmend Apps zum Einsatz. Eine entsprechende Anwendung ist z. B. „Kaia Rückenschmerzen“.

Bereits 2018 boten Barmer und AOK Nordost ihren Versicherten das digitale Therapiekonzept an. Nun hat es die Anwendung in das Verzeichnis der Digitalen Gesundheitsanwendungen – kurz DiGA-Verzeichnis – geschafft und ist damit künftig für alle GKV-Versicherten kostenlos erhältlich.

Wie hilft Kaia bei Rückenschmerzen?

Mit der App „Kaia Rückenschmerzen“ sollen Nutzende befähigt werden, sich jederzeit und ortsunabhängig um ihre Rückengesundheit zu kümmern. Dabei setzt die Anwendung auf eine Kombination aus physiotherapeutischen Übungen, Entspannungstechniken und Hintergrundwissen – ganz im Sinne der multimodalen Schmerztherapie.

Gut zu wissen: Was ist die multimodale Schmerztherapie? 

Bei dieser wissenschaftlich gut untersuchten Therapieform werden Bewegung, Wissensvermittlung (Patientenedukation), Entspannungstechniken und ggf. medikamentöse Therapie kombiniert. Dabei werden den Betroffenen unter anderem psychologische Strategien vermittelt, um besser mit den Beschwerden umzugehen.

Die Nationale VersorgungsLeitlinie (NVL) Nicht-spezifischer Kreuzschmerz (gültig bis März 2022; derzeit in Überarbeitung) spricht der multimodalen Schmerztherapie bei subakuten und chronischen nicht-spezifischen Kreuzschmerzen eine starke Empfehlung (Empfehlungsgrad A) aus, „wenn weniger intensive evidenzbasierte Therapieverfahren unzureichend wirksam waren“. Allerdings sind die Kapazitäten für diese meist stationären Programme begrenzt.

Ziel der Anwendung ist es, die Schmerzintensität zu lindern und dadurch die Lebensqualität zu verbessern. 

Trainingsvideos, Informationstool und Bewegungscoach in einem

Bild: Kaia Health

Die App erstellt anhand von Nutzerdaten (Fitness, Beschwerdebild) zunächst einen individuellen Trainingsplan, um dann aus einem Angebot von 300 Videos die passenden Übungen auszuwählen.

Während der Übung werden die Bewegungen via Smartphone-Kamera überwacht und durch den integrierten Bewegungscoach analysiert. Der auf künstlicher Intelligenz (KI) basierende „digitale Trainer“ gibt umgehend visuelles und sprachliches Feedback. Auf diese Weise soll die korrekte und sichere Ausführung gewährleistet werden.

Nach dem 15- bis 30-minütigen Training können die Erfolge in der App dokumentiert und die Übungen so kontinuierlich an Schmerzintensität und Fitnesslevel angepasst werden. Ergänzt wird das Angebot durch Achtsamkeitsübungen und Hintergrundinformationen zu den Themen Selbstmanagement sowie Änderung des Lebensstils.

Randomisiert-kontrollierte Studie erlaubte dauerhafte Aufnahme ins DiGA-Verzeichnis

Wirksamkeit und Sicherheit der App wurden laut Anbieter Kaia Health in insgesamt sechs klinischen Studien belegt. Entscheidend für die dauerhafte Aufnahme ins DiGA-Verzeichnis war eine randomisiert-kontrollierte Studie mit 1.237 Teilnehmenden (Rise-uP).

Während die Probanden der Interventionsgruppe (n= 930) Zugang zur Kaia-App erhielten, wurden die Teilnehmenden der Kontrollgruppe (n= 307) entsprechend der hierzulande üblichen Therapie behandelt. Bereits nach 3 Monaten zeigte die Interventionsgruppe eine durchschnittliche relative Schmerzreduktion von 33 Prozent, nach 12 Monaten lag diese bei 46 Prozent. Zum Vergleich: In der Kontrollgruppe betrug die relative Schmerzreduktion nach 12 Monaten im Durchschnitt lediglich 24 Prozent.

Auch in puncto schmerzbedingter Beeinträchtigung, Lebensqualität, Ausübung von Alltagstätigkeiten und ängstlicher bzw. depressiver Symptomatik (sekundäre Endpunkte) zeigte sich in der Interventionsgruppe eine statistisch signifikante Verbesserung.

Gut zu wissen: Kaia-App in besonderer Risikoklasse eingestuft

„Kaia Rückenschmerzen“ ist als Medizinprodukt der Klasse IIa (mittleres Risiko; wie z. B. Hörgeräte) zertifiziert. Dies stellt im DiGA-Verzeichnis eine Besonderheit dar – denn in der Regel sind medizinische Apps in der Klasse I (geringes Risiko) zu finden.

Ungeeignet bei Beschwerden der Wirbelsäule und in der Schwangerschaft

Die Anwendung ist geeignet für Erwachsene (18–65 Jahre) mit nicht spezifischem Rückenschmerz und kann sowohl zur Nachsorge, als auch zur Wartezeit-Überbrückung oder therapiebegleitend eingesetzt werden. Folgende Kontraindikationen sind dabei zu beachten:

  • Verminderte Knochendichte,
  • Verletzungen der Wirbelsäule,
  • Wirbelsäulentumor,
  • Wirbelsäuleninfektionen,
  • Wirbelsäulenoperationen in der Vergangenheit,
  • Bandscheibenvorfall,
  • fortgeschrittene Herzerkrankungen,
  • Erkrankungen, welche die Kontrolle über die Beine vermindern,
  • Erkrankungen der Gelenke der Beine,
  • Gangunsicherheit,
  • Blutungsneigung
  • und Schwangerschaft.

Gut zu wissen: Welche weiteren DiGA gibt es bei Rückenschmerzen?

Auch vor der Aufnahme von „Kaia Rückenschmerzen“ wurden Kreuzschmerz-geplagte im DiGA-Verzeichnis fündig: Mit „HelloBetter ratiopharm chronischer Schmerz“ und „Vivira“ stehen dort zwei weitere Anwendungen für GKV-Patienten bereit.

Für alle GKV-Mitglieder kostenlos 

Die App „Kaia Rückenschmerzen“ ist für iOS- und Android-Geräte erhältlich und im App-Store zu finden. Nach ärztlicher Verordnung erhalten GKV-Versicherte einen Zugang für 90 Tage, der nach Ablauf der Zeit automatisch ausläuft. Bei Bedarf kann anschließend ein Folgerezept ausgestellt werden. Alternativ kann – nach entsprechender Diagnosestellung – bei der Krankenkasse ein Freischaltcode beantragt werden.

Auch Versicherte der privaten Krankenkassen können zum Teil vom Kaia-Angebot profitieren. Mit welchen Krankenversicherungen aktuell eine Partnerschaft besteht, kann beim Anbieter erfragt werden. Quelle: Pressemitteilung Barmer 2018; Gemeinsame Presseinformation AOK Nordost 2018, PM Kaia Health 2023