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Update: Öffentliche Anhörung zur PTA-Reform fand in Berlin statt

Die Diskussion um die PTA-Reform geht weiter. In einer ersten öffentlichen Anhörung wollten Gesundheitspolitiker erste Schritte zu einer Einigung machen. | Bild: Screenshot, Mediathek des Deutschen Bundstags

+++Update vom 23. Oktober 2019 | 17:00 Uhr+++ 

Heute, am 23. Oktober 2019, fand im Gesundheitsausschuss die öffentliche Anhörung zum Gesetzesentwurf für die PTA-Reform statt. Das Vorhaben ist in vielen Punkten höchst umstritten. Dabei ist man sich im Ziel durchaus einig: Die in die Jahre gekommenen gesetzlichen Regelungen zur Ausbildung sollen mit Blick auf die geänderten Anforderungen in der Apotheke modernisiert und der PTA-Beruf damit attraktiver werden. Dies soll nicht zuletzt dem Fachkräftemangel entgegenwirken.

Es herrscht Uneinigkeit

Doch schon Bundesregierung und Bundesrat sind sich uneins, wie dies gelingen kann. Und das kann durchaus problematisch werden, da das Gesetz der Zustimmung der Länder bedarf. Das heißt: Bund und Länder müssen sich einig werden, entweder im Laufe des parlamentarischen Verfahrens oder spätestens im Vermittlungsausschuss. Auch in den verschiedenen Fachgruppen, die bei der Reform mitreden wollen, gibt es unterschiedliche Auffassungen, welcher Weg der richtige zum Ziel ist.

Streitpunkt Ausbildungsdauer 

Gerungen wird insbesondere um die Frage der Ausbildungsdauer und -struktur. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung will es bei der zweijährigen Schulausbildung mit anschließend sechs Monaten Apotheken-Praktikum belassen. Der Bundesrat will hingegen eine mindestens dreijährige Ausbildung, rund 2,5 Jahre davon in der Schule. Zudem sollen Theorie und Praxis stärker verzahnt werden, die Ausbildungsabschnitte sollen abwechseln. Die Bundesregierung erklärt in ihrer Gegenäußerung zur Länder-Stellungnahme, dass sie diesen Vorschlag prüfen werde. 

Sehr einvernehmlich präsentierten sich bei der Anhörung Christiane Eckert-Lill, Geschäftsführerin Pharmazie bei der ABDA, und Kerstin Wahlbuhl, Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft „Theoretische und praktische Ausbildung“ (DPhG-AG TuPA). Was Struktur und Dauer der Ausbildung betrifft sind beide überzeugt: An den bestehen Grundsätzen sollte nichts verändert werden, eine Aktualisierung der Inhalte wünscht man sich aber schon. Wahlburg verwies auf das Beispiel PKA-Ausbildung: Hier sei ein deutlicher Rückgang bei den Auszubildenden zu verzeichnen, seit die zweijährige Helferinnen-Ausbildung auf drei Jahre verlängert wurde. Zudem gab sie zu bedenken: „Die Attraktivität der Ausbildung steigt nicht mit der Ausbildungslänge“. Sie hat ebenso wenig wie Eckert-Lill Zweifel, dass einige Inhalte gekürzt werden könnten, so dass neue ihren Platz fänden. So fänden heute weniger Arzneimittelprüfungen in der Apotheke statt, das Fach „Chemisch-pharmazeutische Übungen“ habe eine schwindende Bedeutung im Apothekenalltag. 

Ganz auf der Seite der Länder stehen in diesem Punkt bekanntermaßen Adexa und der Bundesverband PTA (BVpta). Das gleiche gilt für die Gewerkschaft ver.di, die ebenfalls eine Stellungnahme zum Gesetzentwurf abgegeben hat. Die Gegenposition nahmen heute in Berlin Sabine Pfeiffer van Rijswijk vom Bundesverband PTA und Andreas May von Adexa ein – zudem eine Vertreterin der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft verdi. Sie halten eine längere schulische Ausbildung für unabdingbar. Gerade in Chemie sollten keine Kürzungen vorgenommen werden „Das ist Basiswissen für PTA“, so Pfeiffer van Rijswijk. Es sei vielleicht einfach auf einen Knopf zu drücken und eine automatische Herstellung anzustoßen „aber man muss auch wissen, was da hergestellt wird“. May ergänzte: Es muss über reines Auswendiglernen hinausgehen. Und neues Wissen in alten Strukturen zu vermitteln ist aus seiner Sicht kontraproduktiv. Die verdi-Vertreterin sprach sich auch ausdrücklich für ein verzahnte Ausbildung, einen Wechsel von praktischen und theoretischen Phasen aus. 

Anders als seine Kollegin vom DPhG hält auch Peter Lehle, Apotheker und Schulleiter des staatlichen Kreisberufsschulzentrums Ellwangen, das auch PTA ausbildet, die Verlängerung der Ausbildung für notwendig. Und anders als seine Kollegen von den Privatschulen glaubt er nicht, dass eine um ein halbes Jahr längere Schulausbildung ein unlösbares Organisationsproblem für die Schulen darstellt. Es sei vielleicht „unbequem“, aber könne niemanden ernsthaft überfordern. „Wer das nicht organisiert bekommt, der will es einfach nicht“, so Lehle.

Wie viel mehr Kompetenz darf es sein?

Die ABDA bekräftigt in ihrer jüngsten – mittlerweile vierten – Stellungnahme zum Reformvorhaben zudem nochmals ihre Kritik an den Plänen zur Kompetenzerweiterung für PTA. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass Apothekenleiter unter bestimmten Voraussetzungen (mehrjährige Berufserfahrung der PTA, gute Prüfungsnote, nachgewiesene Fortbildungen) auf die Aufsicht der PTA verzichten können. Doch die ABDA lehnt „aus Gründen der Arzneimitteltherapiesicherheit und damit der Patientensicherheit und des Patientenschutzes“ ab, dass PTA „in eigener Verantwortung“ Entscheidungen treffen können sollen. 

So betonte Eckert-Lill erneut die Bedenken der ABDA: Sie verwies darauf, dass nach dem Apothekengesetz der Apothekenleiter die Apotheke in eigener Verantwortung zu leiten hat. Könne nun auch eine PTA Aufgaben in „eigener Verantwortung“ übernehmen, laufe das dem zuwider. Selbst Approbierte, die für einen Apothekenleiter arbeiten und ihn vertreten, seien weisungsgebunden und arbeiteten nicht in eigener Verantwortung. 
Auch eine Vertreterin der Bundesärztekammer kam zu diesem Punkt zu Wort und pflichtete der ABDA bei: Sie sieht die eigenverantwortliche Arzneimittelabgabe unter dem Aspekt der Arzneimittelsicherheit „sehr kritisch“. Es handele sich um einen fehleranfälligen Prozess. Gerade bei modernen Arzneimitteln, Biologika oder monoklonalen Antikörpern, sei eine umfassende Beratung nötig. Läuft etwas schief, könne das nicht rückgängig gemacht werden. 

Die PTA-Lehrkräfte blicken einer Kompetenzerweiterung hingegen „offen entgegen“ – wenn einige Bedingungen erfüllt sind, die anders lauten als die im Regierungsentwurf. So müsse ein finanzieller Anreiz gegeben und „optimalerweise im Tarifvertrag festgeschrieben“ sein. Vor allem aber plädiert die DPhG-Arbeitsgruppe für eine berufsbegleitende Fachweiterbildung als notwendige Voraussetzung. „Vorstellbar ist eine Ausbildungsdauer von zwei Jahren wie bisher mit einer zusätzlichen Ausbildungszeit zur Kompetenzerweiterung“, heißt es in ihrer Stellungnahme. Weiterhin müsse die Haftungsfrage geklärt sein.

Krankenhausapotheken sprech sich für Kompetenerweiterung aus

Begrüßenswert und „bedeutsam“ findet übrigens die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) die geplante Kompetenzerweiterung. „Das kommt den Krankenhäusern (Krankenhausapotheken) bei der Gestaltung von Dienstplänen sehr entgegen“, schreibt sie in ihrer Stellungnahme. Die DKG wünscht sich jedoch an verschiedenen Stellen des Gesetzentwurfs Nachbesserungen. Nämlich dort, wo aus ihrer Sicht die Besonderheiten von Klinikapotheken nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt sind. Das beginnt schon im neu zu definierenden Berufsbild, in dem explizit dargestellt werden sollte, dass der PTA-Beruf auch in Krankenhausapotheken ausgeübt werden kann. Zudem werde beispielsweise bei den Regelungen zum Ausbildungsvertrag zu einseitig auf die öffentliche Apotheke abgestellt. 

Was die Ausbildungsvergütung und die Schulgeldfreiheit betrifft, so sind dies Punkte, dem grundsätzlich jeder zustimmen kann – und die den Ausbildungsberuf PTA zweifelsohne attraktiver machen können. Die Frage ist nur, wie die Finanzierung erfolgen soll – gerade bei den Privatschulen. Vorbild könnte eine Regelung im Krankenhausfinanzierungsgesetz sein, wo die eine Ausbildungsvergütung unter anderem für Pflegekräfte geregelt ist. Eckert-Lill sieht dieses Gesetz allerdings nicht als richtigen Ansatzpunkt für die PTA-Ausbildung.

Wie geht es nun also weiter?

Die Gesundheitspolitiker haben also am heutigen Mittwoch die geladenen Experten nochmals zu den Knackpunkten befragt. Nun ist es Sache der Regierungsfraktionen, sich über Änderungen am Gesetzentwurf Gedanken zu machen. Berücksichtigen müssen sie dabei auch die Einwände des Bundesrats. Auch dieser hatte zahlreiche Änderungswünsche geäußert. 
Während sich der BVpta für eine grundlegende Bearbeitung des Gesetzentwurfs auf Grundlage der Bundesratsempfehlungen ausspricht und vorschlägt, eine Task Force einzurichten, bei der er sich auch gerne selbst einbringt, will die DPhG-AG möglichst viel vom Regierungsentwurf retten. „Eine – wie durch den Bundesrat geforderte – grundlegende Überarbeitung des Gesetzentwurfs ist weder notwendig noch sinnvoll“, heißt es in der Stellungnahme der Lehrkräfte.