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Der besondere Rückblick: Eine Frau erobert Männer­domänen

Maria Montessori vor einer Mauer
Maria Montessori (1870–1952) entwickelte eine Erziehungslehre, der noch heute viele Kindergärten und Schulen folgen. | Bild: imago images / United Archives

Maria Montessori wurde am 31. August 1870 in Chiaravalle in der Nähe der Hafenstadt Ancona geboren. Einige Jahre später zog die Familie nach Rom. Schon früh interessierte sich das begabte Mädchen für Naturwissenschaften. Gegen den Willen ihres traditionell geprägten Vaters besuchte Maria eine technisch-naturwissenschaftliche Schule für Jungen. Sie wollte Ingenieurin werden. Doch gegen Ende der Schulzeit entwickelte sie den Wunsch, Ärztin zu werden.

Als Medizinstudentin diskriminiert

Medizin durften damals in Italien aber nur Männer studieren. Doch nach zähem Ringen gelang es Maria Montessori schließlich: Im Jahr 1892 begann sie als erste Frau Italiens das Medizinstudium. Allerdings hatte sie mit diskriminierenden Bedingungen zu kämpfen. So durfte sie den Hörsaal erst nach ihren männlichen Kommilitonen betreten. Deshalb musste sie ganz hinten sitzen oder gar stehen. Außerdem war ihr das Sezieren der Leichen in Gegenwart von Männern nicht gestattet. Sie arbeitete also abends und nachts alleine im Anatomiesaal. Im Jahr 1896 dann der Triumph: Maria Montessori wurde als erste Ärztin Italiens promoviert. Sie war jetzt die „Dottoressa“.

Erstes Kinderhaus gegründet

In der psychiatrischen Universitätsklinik in Rom arbeitete Montessori mit geistig behinderten Kindern. Sie beschäftigte sich nun auch mit Pädagogik. Auch diese Wissenschaft war damals eine Männerdomäne. Nach und nach entwickelte sie Methoden, um die behinderten Kinder zu fördern. Es gelang ihr, die Kinder mit verschiedenen Sinnesübungen zu erreichen. Später konnte sie ihre Erziehungsmethoden auch bei nichtbehinderten Kindern ausprobieren: im ersten von ihr 1907 gegründeten Kinderhaus in einem verwahrlosten römischen Viertel.

Kinder wollen lernen

Sie stellte fest, dass Kinder von sich aus lernen können und wollen. Sie arbeiten freiwillig, konzentriert und motiviert, wenn man ihnen geeignete Materialien zur Verfügung stellt. Damit war der Grundstein gelegt für eine neue Erziehungslehre – die Montessori-Pädagogik. Schnell wurden weitere Kinderhäuser gegründet und die Idee verbreitete sich auch außerhalb Italiens. Während des Zweiten Weltkriegs floh Maria Montessori ins Ausland, doch sie setzte ihr Werk fort. Die große Reformpädagogin starb 1952 in den Niederlanden. Montessori-Kindergärten und -Schulen finden weltweit nach wie vor viel Zuspruch.

Das Kind entscheidet, wann es was tut

Die Montessori-Pädagogik orientiert sich an den unmittelbaren Bedürfnissen des Kindes und erlaubt ihm selbstbestimmtes Arbeiten. Dem Kind wird die Möglichkeit gegeben, zu einer bestimmten Zeit („sensible Phasen“) etwas Bestimmtes zu tun. Dazu stehen spezielle Montessori-Materialien zur Verfügung. Freiarbeit spielt in der Montessori-Pädagogik eine große Rolle. Die Kinder entscheiden selbst, womit sie sich beschäftigen. Montessori-Erzieher unterstützen das Kind dabei. Einer der Leitsätze dieser Pädagogik lautet daher: „Hilf‘ mir, es selbst zu tun.“ Quellen: I. Hederich: Einführung in die Montessori-Pädagogik, Ernst Reinhardt Verlag 2011; IFAP-Institut für angewandte Pädagogik e.V. (www.montessori.de); www.planet-wissen.de