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Mandel-OP oft nicht leitliniengerecht

Laut einer Datenauswertung der AOK würden bei Mandelentzündungen nur unzureichend konservative Therapien angewendet werden. | 
Bild: Dan Race / AdobeStock

Die Gaumenmandeln, oft einfach als Mandeln – fachsprachlich Tonsillen – bezeichnet, sind ein Teil unseres Immunsystems. Sie bilden die erste Abwehrbarriere gegen Krankheitserreger, die über den Mundraum in den Körper einzudringen versuchen. Die Tonsillen können jedoch selbst von Entzündungen betroffen sein. Besonders häufig kommt dies im Kindesalter bis hin zum frühen Erwachsenenalter vor.

OP-Voraussetzung: mindestens drei Episoden

In manchen Fällen tritt eine Mandelentzündung (Tonsillitis) immer wieder auf (rezidivierende Tonsillitis = „chronische Tonsillitis“). Dann kann eine operative Mandelentfernung (Tonsillektomie) angebracht sein. Eine 2015 veröffentlichte Leitlinie für die ärztliche Behandlung gibt hierzu Empfehlungen: Eine Operation gilt als mögliche Option, wenn es innerhalb von zwölf Monaten zu mindestens drei antibiotikapflichtigen Mandelentzündungen (also mit bakterieller Beteiligung) gekommen ist. Ab sechs Episoden gilt die Tonsillektomie als therapeutische Option.

Konservative Vorbehandlung offenbar unzureichend

Bei fast 110.000 Mandelentfernungen, die in den Jahren 2012 bis 2018 wegen „chronischer Tonsillitis“ bei AOK-Versicherten durchgeführt wurden, hat das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO) die Hintergründe analysiert. Dabei ergab sich, dass in etwa der Hälfte der Fälle offenbar keine adäquate ambulante Vorbehandlung mit Antibiotika stattgefunden hatte. Die Leitlinie sieht eine solche konservative Therapie jedoch vor. Ein weiteres Ergebnis der Datenanalyse: Mindestens jeder fünfte AOK-Versicherte wurde vor einer Mandeloperation wegen chronischer Tonsillitis gar nicht oder nur in einem Quartal wegen Halsschmerzen ambulant behandelt.

Nicht ohne Risiken

Insgesamt ging laut AOK-Versichertendaten die Anzahl der Mandelentfernungen aber deutlich zurück: von 2012 bis 2018 um rund 50 Prozent. Bei Kindern unter zehn Jahren war der Rückgang der Fallzahlen am stärksten. 

Eine Tonsillektomie ist mit gewissen Risiken verbunden: Es können postoperative, mitunter starke Schmerzen auftreten. In einigen Fällen kommt es zu Nachblutungen, die eine Behandlung erforderlich machen. Unter Umständen können die Blutungen sogar lebensgefährlich werden. Außerdem fallen durch eine Entfernung der Gaumenmandeln diese dann als Immunorgan aus. Wissenschaftliches Institut der AOK; Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften; HNO-Ärzte im Netz; Universitätsklinikum Jena