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Senkt die Einnahme von Vitamin D die Krebssterblichkeit?

Vitamin D ist essentiell für unsere Gesundheit und wirkt sich offenbar auch positiv auf die Krebssterblichkeit aus. | Bild: alexkich / Adobe Stock

Wissenschaftler vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) haben auf Basis dreier Metaanalysen der letzten Jahre die Krebssterblichkeit, unter Einfluss einer ausreichenden Versorgung mit Vitamin D, in Deutschland berechnet. Bei einer Vitamin-D-Supplementierung aller Deutschen über 50 Jahre könnten möglicherweise bis zu 30.000 Krebstodesfälle pro Jahr vermieden und mehr als 300.000 Lebensjahre gewonnen werden. Offenbar sinkt die Krebssterblichkeit durch Vitamin-D-Supplementierung um rund 13 Prozent – über alle Krebserkrankungen hinweg.

Bewertung der DGE

Im Jahr 2015 gab die DGE einen Überblick über die Evidenzbewertung der präventiven Effekte von Vitamin D für ausgewählte Erkrankungen. Die Evidenz für präventive Effekte auf Krebserkrankungen galt damals als unzureichend.

  • Für kolorektale Karzinome wurde eine „mögliche“ Risikosenkung durch eine Vitamin-D-Supplementierung angegeben (in Interventionsstudien) beziehungsweise mit steigenden 25(OH)D-Serumkonzentrationen (in Beobachtungsstudien).
  • Bei Brustkrebs galt als „möglich“, dass kein Zusammenhang mit Vitamin D existiert,
  • bei Prostatakrebs galt dies als „wahrscheinlich“, ebenso bei malignen Tumoren des Endometriums, Ösophagus und Magens, der Nieren, der Ovarien sowie bei Non-Hodgkin-Lymphomen.
  • Bei Pankreaskrebs wurde sogar eine umgekehrte Beziehung als „möglich“ festgestellt, eine Risikoerhöhung mit steigenden 25(OH)D-Serumkonzentrationen (in Beobachtungsstudien) bei Serumkonzentration > 100 nmol/l.

Klinische Studien des DKFZ

Auch das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) schreibt in einer aktuellen Pressemitteilung, dass seit einigen Jahren Wissenschaftler den Einfluss einer ausreichenden Versorgung mit Vitamin D auf die Prognose zahlreicher Erkrankungen untersuchen. Im Fokus stünden dabei insbesondere entzündliche Krankheiten wie Diabetes, Atemwegserkrankungen und Krebs. Das DKFZ kommt laut Mitteilung zu folgendem Ergebnis: „Zur Frage, wie sich die Vitamin-D-Versorgung auf die Sterberaten an Krebs auswirkt, sind in den vergangenen Jahren gleich drei Metaanalysen großer klinischer Studien erschienen. Die Untersuchungen kamen zu einem übereinstimmenden Ergebnis: Um rund 13 Prozent sinkt bei einer Vitamin-D-Supplementierung die Krebssterblichkeit – über alle Krebserkrankungen hinweg.“

An dieser Stelle ist anzumerken, dass es hier nicht um die Prävention von Krebs geht, sondern um die Prognose eines Krankheitsverlaufs. Das wird auch in den Schlussfolgerungen der drei angegebenen Studien deutlich. Alle drei Studien stammen aus dem Jahr 2019:

  • Studie 1, Fazit: „In einer aktualisierten Meta-Analyse von RCTs reduzierte eine Vitamin-D-Supplementierung signifikant die Gesamtkrebssterblichkeit, aber nicht die Gesamtkrebsinzidenz.“
  • Studie 2, Fazit: „Unter Einbeziehung von Studien, die Vitamin D nicht primär zum Zweck der Krebsprävention oder zur Senkung der Krebsmortalität untersuchten, hebt unsere Metaanalyse hervor, dass die Verwendung von Vitamin-D-Supplementierung zur primären Prävention von Krebs empfohlen wird. Da sie möglicherweise die krebsbedingte Mortalität senkt, sobald der Krebs diagnostiziert wurde, jedoch hat sie keine Rolle oder Wirkung auf die Krebsinzidenz.“
  • Studie 3, Fazit: „Unsere Ergebnisse unterstützen einen vorteilhaften Effekt der Vitamin-D-Ergänzung auf die Senkung der Krebsmortalität, insbesondere in Subpopulationen ohne Krebsvorgeschichte, ohne zusätzliche Einnahme von Vitamin D oder Calciumergänzung.“

Das DKFZ schreibt, dass in die Metaanalysen ausschließlich methodisch hochwertige randomisierte Studien aus allen Teilen der Welt einbezogen wurden. Welche biologischen Mechanismen dem positiven Effekt von Vitamin D zugrunde liegen könnten, sei jedoch noch nicht genau geklärt.

Jährliche Einsparung von 254 Millionen Euro durch Vitamin D

Hermann Brenner, Epidemiologe vom DKFZ, hat mit Kollegen errechnet, welche Kosten durch eine Vitamin-D-Supplementierung des gesamten Bevölkerung Deutschlands ab einem Alter von 50 Jahren entstehen würde. Ein Vitamin-D-Mangel sei in der älteren Bevölkerung und insbesondere bei Krebspatienten weit verbreitet. Für die Berechnung legten die Wissenschaftler eine tägliche Gabe von 1.000 internationalen Einheiten Vitamin D zu einem Preis von 25 Euro pro Person und Jahr zugrunde. Bezogen auf das Jahr 2016, da lebten in Deutschland circa 36 Millionen Menschen über 50 Jahre, errechneten sich jährliche Kosten für die Supplementierung von 900 Millionen Euro.

Dieser Summe stellten die Forscher mögliche Einsparungen für Krebstherapien gegenüber. Die Kosten einer Krebsbehandlung wurden der wissenschaftlichen Literatur entnommen, zudem wurde von zusätzlichen mittleren Behandlungskosten von 40.000 Euro allein für das letzte Lebensjahr der an Krebs verstorbenen Patienten ausgegangen. Das Ergebnis: „Eine um 13 Prozent verringerte Krebssterblichkeit in Deutschland entsprach im Jahr circa 30.000 weniger krebsbedingten Todesfällen, deren Behandlungskosten sich in der Modellrechnung auf 1,154 Milliarden Euro beliefen. Verglichen mit den Kosten für die Vitamin-Supplementierung errechnet sich in diesem Modell eine Einsparung von jährlich 254 Millionen Euro.“

Keine Spiegelbestimmung bei Supplementierung von 1.000 I.E.

Kosten und Aufwand einer routinemäßigen Bestimmung des Vitamin-D-Spiegels hält Brenner laut Mitteilung für verzichtbar. Denn bei einer Supplementierung von 1.000 Internationalen Einheiten sei eine Überdosierung nicht zu befürchten. Eine solche vorherige Bestimmung sei auch in den klinischen Studien nicht vorgenommen worden.

„Angesichts der möglicherweise erheblichen positiven Effekte auf die Krebssterblichkeit – zusätzlich verbunden mit einer möglichen Kostenersparnis – sollten wir nach neuen Wegen suchen, die in Deutschland in der älteren Bevölkerung weit verbreitete Vitamin D-Unterversorgung zu verringern. In einigen Ländern werden sogar Nahrungsmittel seit vielen Jahren mit Vitamin D angereichert – etwa in Finnland, wo die Sterberaten an Krebs um rund 20 Prozent niedriger sind als in Deutschland. Ganz abgesehen davon, dass sich die Hinweise auf weitere positive Gesundheitseffekte einer ausreichenden Vitamin-D-Versorgung verdichten, etwa bei den Sterberaten an Lungenerkrankungen“, sagt Brenner.

Kostenfreie Vitamin-D-Dosis

Um den eigenen Vitamin D-Spiegel völlig kostenfrei zu verbessern, empfiehlt der Krebsinformationsdienst des DKFZ, sich bei Sonnenschein im Freien aufzuhalten: „Zwei- bis dreimal pro Woche für etwa zwölf Minuten. Gesicht, Hände und Teile von Armen und Beinen sollten für diese Zeitspanne unbedeckt und ohne Sonnenschutz sein.“