Aktuelles
3 min merken gemerkt Artikel drucken

 Klinische Studie zu neuer Herstellungsmethode: Kommen Arzneimittel bald aus dem Drucker?

Am Universitätsklinikum Heidelberg wird an einem digitalen Druck von Arzneimitteln geforscht, um auch niedrig dosierte Medikamente herstellen zu können. Das bedruckte Gelplättchen (oraler Dünnfilm) ist wasserlöslich und löst sich im Mund von alleine auf. | Bild: Universitätsklinikum Heidelberg

Damit Arzneimittel richtig wirken können und möglichst wenig Nebenwirkungen auftreten, müssen diese in der benötigten Dosis eingenommen werden. Die Menge an Wirkstoff kann sich dabei von Patient zu Patient teilweise um den Faktor 100 unterscheiden. Bisher fehlt es jedoch an entsprechenden Darreichungsformen, die sehr genau und einfach appliziert werden können. Gerade für Kinder ist eine Anpassung der Dosis oft nur schwierig möglich. Höhere Dosierungen können durch Mehrfachgabe meist leicht realisiert werden, bei der Gabe kleinster Mengen an Wirkstoffen sind die Herausforderungen deutlich größer. Häufig können im Rezepturbetrieb niedrig dosierte Kapseln speziell für Kinder hergestellt werden. Ist dies jedoch aus galenischen Gründen nicht möglich, müssen handelsübliche Arzneiformen wie Tabletten oder Suppositorien geteilt oder kleine Volumina an Flüssigkeiten abgemessen werden. 

Digitaler Druck von Arzneimitteln

Abhilfe könnte hier nun die neue Technik des Digitaldrucks von Arzneimitteln schaffen. Dieser zweidimensionale (2D) Druck von Medikamenten funktioniert nach dem Prinzip eines Tintenstrahldruckers. Die „Tinte“ enthält das aufgelöste Arzneimittel und wird vom Drucker auf ein briefmarkendünnes Gelplättchen aufgetragen. Dosiert wird dabei über die Menge an aufgetragenen Tröpfchen. Der Chefapotheker der Apotheke des UKHD Dr. Thorsten Hoppe-Tichy hat dazu mit seinem Team eine passende Rezeptur entwickelt. Das Start-up-Unternehmen DiHeSys (Digital Health Systems GmbH) stellt den 2D-Arzneimitteldrucker zur Verfügung. 

Die nach dem Druck erhaltenen Plättchen lösen sich im Mund leicht auf und der Arzneistoff kann so buccal resorbiert werden. Eine solche Arzneiform wird auch als orodispersibler Film bezeichnet und steht im Europäischen Arzneibuch unter der Monographiegruppe „Zubereitungen zur Anwendung in der Mundhöhle“. Die bisher bekannten Filme bestehen häufig aus Celluloseethern, die mit Feuchthaltemitteln und Aromastoffen versetzt sind. Die Konzentration an Arzneistoff wird bei orodispersiblen Filmen in mg/cm2 angegeben.

Klinische Studien überprüfen die Machbarkeit

In den aktuell durchgeführten Untersuchungen unter Leitung von Prof. Walter E. Haefeli, dem Ärztlichen Direktor der Abteilung Klinische Pharmakologie und Pharmaepidemiologie am Universitätsklinikum Heidelberg, geht es nun darum, die grundsätzliche Eignung dieser durch digitalen Arzneimitteldruck hergestellten Plättchen als Verabreichungsform zu überprüfen. Bei insgesamt 24 Probanden wird dazu der Arzneistoff Midazolam in geringen Mengen über einen 100-fachen Dosierungsbereich von 30 µg bis 3 mg verabreicht. Untersucht wird nun, wie gut das gedruckte Arzneimittel über die Mundschleimhaut aufgenommen wird, welche Menge an Wirkstoff im Blut ankommt und welches die kleinstmögliche applizierbare Dosis ist. 

Vorteile

Ein großer Vorteil des digitalen Arzneimitteldrucks wäre die Möglichkeit, die benötigte Dosierung stufenlos anpassen zu können und so die Herunterdosierung von Medikamenten zu vereinfachen. Dr. Thorsten Hoppe-Tichy möchte die Technik möglichst bald in die klinische Routine überführen und so die präzise Herstellung von pädiatrischen Arzneimitteln revolutionieren.