Titelbild: Schelbert / DAV
Herstellungsanweisung von Rezepturen: Was ist wichtig?

Wird in der Apotheke eine Rezeptur hergestellt, müssen dazu drei Dokumente erstellt werden. Vor der Anfertigung der Zubereitung muss diese zunächst auf ihre Plausibilität hin überprüft werden, das Ergebnis dieser Prüfung ist schriftlich zu dokumentieren.
Das Arzneimittel selbst muss dann nach einer vorher erstellten schriftlichen Herstellungsanweisung hergestellt werden. Weiterhin ist der Herstellungsgang einer Rezeptur durch das Ausfüllen eines Herstellungsprotokolls zu dokumentieren. Diese gesetzlich vorgeschriebene Dokumentation kann in Papierform oder auch auf digitalem Weg erfolgen.
Dokumentation der Herstellung zur Arzneimittelsicherheit
Diese umfangreiche Dokumentation bei der Herstellung von Arzneimitteln trägt wesentlich zur Arzneimittelsicherheit bei. Die Standardisierung der Herstellung sichert die pharmazeutische Qualität der Rezeptur, wodurch Fehler bei der Herstellung vermieden werden können.
Ein wichtiges Ziel ist es auch, dass unabhängig von der herstellenden Person immer das gleiche Produkt erhalten wird. Im Falle von Unklarheiten dient die durchgeführte Dokumentation zudem als Nachweis für die ordnungsgemäße Herstellung des Arzneimittels.
Was beinhaltet eine Herstellungsanweisung?
Neben der Plausibilitätsprüfung ist die sorgfältige Erstellung der Herstellungsanweisung ein wichtiger Punkt bei der Vorbereitung einer Rezeptur. Die Herstellungsanweisung wird meist von einer PTA erstellt, der verantwortliche Apotheker muss diese dann noch durch seine Unterschrift freigeben.
In der Herstellungsanweisung werden die genauen Arbeitsschritte der Herstellung festgelegt, nötige Inprozesskontrollen aufgeführt und Angaben zu Packmitteln und Kennzeichnung gemacht. Zudem spielen Hygienemaßnahmen und der Arbeitsschutz eine wichtige Rolle.
Apothekenbetriebsordnung regelt gesetzliche Vorgaben
Die Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) fordert explizit, dass ein Rezepturarzneimittel nach einer vorher erstellten schriftlichen Herstellungsanweisung anzufertigen ist. Im § 7 ApBetrO sind die Mindestanforderungen an eine solche Herstellungsanweisung aufgeführt.
Erfolgt die Herstellung nach einer standardisierten Rezepturvorschrift aus dem Neuen Rezeptur-Formularium oder der Ziegler Rezepturbibliothek®, kann die Herstellungsvorschrift daraus übernommen werden.
Bei der Herstellung von Individualrezepturen muss die Herstellungsanweisung apothekenspezifisch festgelegt werden und Informationen zu folgenden Punkten enthalten:
- Herstellung der Arzneiform, einschließlich genauer Herstellungstechnik und der benötigten Arbeitsgeräte
- Prüfung auf Plausibilität
- Arbeitsschutz- und Hygienemaßnahmen
- Auswahl der Waagen
- Soll-Einwaagen und Einwaagekorrektur
- Angaben zum Packmittel und zur Kennzeichnung
- Durchführung von Inprozesskontrollen
- Maßnahmen zur Endkontrolle und zur Freigabe
Herstellungsanweisung hält Rezepturbezeichnung und weitere Formalia fest
Zunächst wird jeder in der Apotheke herzustellenden Zubereitung eine Rezepturbezeichnung zugewiesen. Dazu sollten im Team Festlegungen getroffen werden, um eine einheitliche Benennung zu gewährleisten. Nur so können bereits hergestellte Rezepturen leicht wiedergefunden werden.
Bei Dermatika bietet es sich beispielsweise an, zunächst den Wirkstoff und anschließend die eingesetzte Grundlage zu nennen. Beispiel: Eine Creme mit 0,5 g Metronidazol in Wolff Basis Creme zu 50,0 g könnte dann mit „Metronidazol 1 % in Wolff Basis Creme“ intern bezeichnet werden.
Jede Herstellungsanweisung bekommt zudem eine individuelle Dokumentennummer, die dann auch im entsprechenden Herstellungsprotokoll notiert wird. So ist im Nachhinein eine Zuordnung zur Herstellungsanweisung leicht möglich.
Auf die Herstellungsanweisung ist auch das Erstelldatum zu schreiben, so ist auf den ersten Blick zu erkennen, ab wann die Anweisung gültig ist.
Gut zu wissen: Wie lange gilt eine Herstellungsanweisung?
Bei einer Wiederholungsrezeptur kann auf eine bereits erstellte Herstellungsanweisung zurückgegriffen werden. Da Arzneimittel immer nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft hergestellt werden sollen, muss die Herstellungsanweisung gespeicherter Rezepturen von Zeit zu Zeit auf ihre Gültigkeit überprüft werden. Ein konkreter Zeitraum dafür ist allerdings nicht vorgeschrieben, empfehlenswert ist eine Durchsicht alle ein bis zwei Jahre.
Die zuvor erstellte Prüfung auf Plausibilität wird ebenfalls mit ihrer Dokumentennummer in der Herstellungsanweisung notiert, so ist eine eindeutige Zuordnung leicht möglich.
Herstellungsanweisung: Zusammensetzung und Packmittel angeben
In der Herstellungsanweisung muss auch die genaue Zusammensetzung der Zubereitung stehen. Alle benötigten Ausgangsstoffe werden dazu mit ihrer Soll-Einwaage und der zum Abwiegen ausgewählten Waage aufgeschrieben.
Muss bei Wirkstoffen oder Konservierungsmitteln ein Einwaagekorrekturfaktor berücksichtigt werden, wird bei der jeweiligen Substanz ein Hinweis dazu vermerkt. Falls ein Produktionszuschlag bei der Herstellung zu berücksichtigen ist, wird an dieser Stelle ebenfalls eine Angabe dazu gemacht.
Auch das passende Primärpackmittel für die fertige Zubereitung wird in der Herstellungsanweisung genau bezeichnet, ebenfalls nötige Dosierhilfen.
Vorbereitung des Arbeitsplatzes und Arbeitsschutzmaßnahmen
Auch die Vorbereitung des Arbeitsplatzes wird in der Herstellungsanweisung festgelegt. Hierbei kann auf den Hygieneplan der Apotheke verwiesen werden, in dem die genaue Reinigung und Desinfektion der Arbeitsflächen sowie das hygienische Verhalten am Arbeitsplatz detailliert aufgeführt sind.
Ein wichtiger Punkt in der Herstellungsanweisung ist auch der Arbeitsschutz der herstellenden Person. Es sollte genau benannt werden, welche Schutzmaßnahmen anzuwenden sind und welche Teile der persönlichen Schutzausrüstung – Schutzhandschuhe, Atemschutz, Schutzbrille – bei der Herstellung zu tragen sind.
Herstellungsanweisung beinhaltet eine schrittweise Herstellung der Zubereitung
In der Herstellungsanweisung wird die genaue Herstellungstechnik benannt, beispielsweise ob bei Dermatika eine Herstellung mithilfe von Salbenschale und Pistill oder durch den Einsatz automatischer Rührgeräte erfolgt. An dieser Stelle werden auch die benötigten Geräte für die Herstellung aufgeführt.
Daran schließt sich eine Schritt-für-Schritt-Beschreibung der eigentlichen Herstellung an. Bei Rezepturen aus dem Neuen Rezeptur-Formularium oder aus der Ziegler Rezepturbibliothek® kann die genaue Herstellung aus der jeweiligen Vorschrift übernommen werden. Werden elektrische Rührgeräte verwendet, werden an dieser Stelle die genauen Mischparameter – Rührzeit und Umdrehungszahl – angegeben.
Gut zu wissen: Was bedeutet das Vier-Augen-Prinzip?
Die in der Herstellungsanweisung genannten Arbeitsschritte sind bei der Herstellung genau einzuhalten. Dabei ist in bestimmten Fällen auch das „Vier-Augen-Prinzip“ zu berücksichtigen. Dieses „Über-die-Schulter-Schauen“ durch eine zweite Person sollte beispielsweise bei Wirkstoffen in sehr niedriger Dosierung sowie bei hochwirksamen Wirkstoffen angewandt werden.
Selbstverständlich sollte auch bei allen Unklarheiten, die während der Herstellung auftauchen, nachgefragt werden.
Inprozesskontrollen schriftlich festhalten
Geeignete Prüfungen zur Inprozess- und Endkontrolle werden bereits während der Planung der Herstellung schriftlich festgelegt. Je nach Arzneiform sind beispielsweise folgende Kontrollen sinnvoll:
- Rückwägung der Wägeunterlage des Arzneistoffs
- charakteristische Farbe und Geruch
- Klarheit bei Lösungen
- Prüfung auf Agglomerate bei Dermatika mit ungelöstem Wirkstoff
- Bestimmung der Temperatur
- Bestimmung des pH-Werts
Kennzeichnung und weitere Hinweise in Herstellungsanweisung festhalten
Am Ende der Herstellungsanweisung werden die festgelegte Aufbrauchsfrist sowie mögliche Besonderheiten bei der Kennzeichnung notiert.
Bei Suspensionen oder Emulsionen ist beispielsweise der Hinweis „Vor Gebrauch schütteln“ zu berücksichtigen, Arzneimittel mit Steinkohlenteer sollten ohne ärztliche Kontrolle nicht länger als vier Wochen angewendet werden.
Auch Angaben zur Lagerung und Entsorgung des Arzneimittels werden an dieser Stelle notiert. Quellen:
- https://www.abda.de/fileadmin/user_upload/assets/Praktische_Hilfen/Leitlinien/Rezeptur_Defektur/LL_Rezeptur_Defektur_Kommentar.pdf
- Bergner/Seidel: Galenische Übungen, Deutscher Apotheker Verlag, Stuttgart 2024.