Aktuelles
4 min merken gemerkt Artikel drucken

Krebserregendes Formaldehyd: Verbraucherzentrale warnt vor Plastikgeschirr mit Bambus

Der vzbv erinnert daran, Plastikprodukte oder To-go-Artikel, denen Bambus-, Reis- oder Weizenfasern zugesetzt sind, zu meiden. | Bild: allasimacheva / AdobeStock 

Finger weg von Kunststoffgeschirr mit Bambus-, Reis- oder Weizenfasern: Was durch den Pflanzenanteil zunächst „nachhaltiger“ anmutet als reine Plastikartikel, hat im Lebensmittelbereich nichts verloren. Denn: Kommen die mit Bambus-, Reis- oder Weizenfasern versetzten Kunststoffartikel in Kontakt mit heißen Getränken wie Kaffee oder heißen Speisen, können sich dem Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) zufolge krebserregende Stoffe, wie Formaldehyd, aus dem Geschirr lösen. Der vzbv warnt deswegen vor möglichen Gesundheitsgefahren durch Bambus-Kunststoffgeschirr – und ist damit nicht alleine.

Kunststoffgeschirr mit Bambus: ungeeignet für heiße Speisen und Getränke

Von Kunststoffprodukten, denen Bambusfasern zugesetzt sind, sei seit geraumer Zeit bekannt, dass diese beim Kontakt mit heißen Getränken und Speisen potenziell krebserregendes Formaldehyd abgeben könnten, schreibt der Verbraucherzentrale Bundesverband. 

Er stützt sich dabei auf eine Einschätzung des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR). Dieses warnte bereits vor knapp zwei Jahren, im November 2019, vor der „Bambusware“ – also Geschirr aus Melamin-Formaldehyd-Harz (MFH), das als Füllstoff Bambusfasern enthält: „Aus gesundheitlicher Sicht sind diese Produkte jedoch nicht in jedem Fall für die Verwendung als Geschirr geeignet“, sagte damals BfR-Präsident Professor Dr. Dr. Andreas Hensel. 

Und auch hier: Grund sei, dass bei höheren Temperaturen gesundheitlich bedenkliche Mengen an Melamin und Formaldehyd aus dem Geschirr in Lebensmittel übergehen könnten. 

Auch reine Kunststoffprodukte hält das BfR für ungeeignet für heißen Kaffee, heißen Tee oder auch heiße Babynahrung, denn Kunststoff werde von den heißen Flüssigkeiten angegriffen.

Plastik plus Bambus: schädlicher als Plastik allein?

Allerdings habe man sogar beobachtet, dass sich aus mit Bambusfasern versetztem Plastik „mehr gesundheitsschädliches Formaldehyd und Melamin“ lösten als aus „herkömmlichen Melaminharzbechern“. Und weiter: Gesundheitliche Richtwerte seien im Einzelfall bis zu 120-fach überschritten worden.

Bambus-Plastikgeschirr: nicht biologisch abbaubar

Zudem erinnert das BfR daran, dass das kombinierte Pflanzenfasern-Plastikgeschirr zwar als „umweltfreundlich, biologisch abbaubar oder ausschließlich aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt“ beworben würde. Doch trotz dieser Füllstoffe bliebe MFH ein nicht biologisch abbaubarer Kunststoff, ungeachtet der natürlichen Füllstoffe.

Europäische Kommission hat Plastik plus Bambus verboten

Und noch eine weitere Institution hat sich mit den möglichen Gesundheitsgefahren von Plastik plus Bambus auseinandergesetzt – und zwar keine geringere als die Europäische Kommission. Eine Expertengruppe der Europäischen Kommission erklärte laut dem vzbv bereits im Juni 2020, dass Bambus und andere natürliche Materialien in Kunststoffgeschirr nicht verkehrsfähig sind – unabhängig davon, ob Grenzwerte überschritten würden oder nicht. Die Konsequenz aus dieser Aussage ist eindeutig: Kunststoffprodukte mit natürlichen Materialien dürfen nicht auf dem Markt sein, sie sind für den Kontakt mit Lebensmitteln nicht zugelassen – was die zahlreichen Anbieter jedoch offenbar nicht schreckt. Vielleicht auch, weil die hiesige Politik nicht reagiert?

Politik muss tätig werden

„Es gibt bisher weder einen bundesweiten Rückruf der betroffenen Produkte noch klare öffentliche Informationen dazu. Das ist ein Versäumnis, das die Gesundheit der Verbraucher gefährdet“, sagt Klaus Müller, vzbv-Vorstand. Er fordert das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit auf, „schnellstens koordinierend tätig“ zu werden. Verbraucher müssten informiert und die illegalen Produkte zurückgerufen werden, verlangt der vzbv. Vereinzelt seien zwar bereits schon Produkte vom Markt genommen worden, doch käme die Lebensmittelüberwachung nicht hinterher, alle angebotenen Produkte zu untersuchen und zu entfernen.

Und reines Bambusgeschirr?

Ein weiteres Problem ist sicherlich, dass Verbraucher Plastikware mit Naturfasern, wie Bambus, Reis oder Weizen, als unbedenklich verorten und gar nicht um die Gefahren wissen. Dabei gibt es durchaus zugelassene Stoffe für den Kontakt mit Lebensmitteln – so sind Produkte aus reinem Bambus beispielsweise weiterhin zulässig.