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Bundestagswahl 2021: PTA und Abgeordnete für „Die Linke“

Franziska Leschewitz ist PTA und Abgeordnete im Berliner Abgeordnetenhaus. | Bilder: Privat

Die 32-jährige Franziska Leschewitz ist im Februar 2020 für den ehemaligen Senator und langjährigen Abgeordneten Harald Wolf ins Berliner Abgeordnetenhaus nachgerückt, also etwa anderthalb Jahre vor Ende der Legislaturperiode. Harald Wolf ist aus privaten Gründen nach Hamburg gegangen. Dadurch rutschte die Liste der Berliner Linken einen Platz weiter. Für die Linksfraktion ist sie seitdem Mitglied im:

  • Ausschuss für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung
  • Ausschuss für Bürgerschaftliches Engagement und Partizipation
  • Untersuchungsausschuss BER I

Ihre Herzensthemen sind die Gesundheits-, Pflege- und Pharmapolitik. Leschewitz findet: „Allen Menschen muss der Zugang zu einer guten Gesundheitsversorgung offen stehen. Die Corona-Pandemie habe erneut gezeigt, wie wichtig ein funktionierendes öffentliches Gesundheitswesen sei. Dafür setze sie sich ein.

Im Bund will „Die Linke“ die Arzneimittelversorgung langfristig sichern, beispielsweise durch die Abschaffung der Rabattverträge. Außerdem setzt sich die Linksfraktion für eine sogenannte „solidarische Gesundheitsvollversicherung“ ein, in die alle Bürgerinnen und Bürger einzahlen sollen.

Am 26.09.2021 ist Bundestagswahl. Welche Themen liegen Ihnen und Ihrer Partei dabei gesundheitspolitisch bzw. allgemein am Herzen?

Franziska Leschewitz :

„Die Linke“ fordert, dass Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen nicht im Profitinteresse kaputtgespart werden. Ich unterstütze deswegen die Berliner Bewegung der Beschäftigten von Vivantes und Charité für mehr Personal und gute Arbeitsbedingungen. Ihre Forderungen nach einem Tarifvertrag Entlastung und die Durchsetzung des TVöD in den Tochterunternehmen sind richtig. Ich habe mich in meiner bisherigen Arbeit auch für den Erhalt von Geburtshäusern, die von Verdrängung bedroht sind, und bessere Arbeitsbedingungen für Hebammen eingesetzt. In Spandau kämpfe ich für eine wohnortnahe Gesundheitsversorgung. Meine erste Anfrage im Abgeordnetenhaus handelte davon, wie eigentlich die kieznahe ärztliche Versorgung im Bezirk Spandau aussieht. Und siehe da: Gerade an Fachärztinnen und -ärzten mangelt es an vielen Orten. Das möchte ich ändern. Ich habe mein Bürgerbüro im Spandauer Ortsteil Hakenfelde eröffnet, ganz im Norden. Dort ist es mir ein Anliegen, die Themen, die die Menschen vor Ort bewegen, anzupacken und ansprechbar zu sein. Ich biete auch ganz praktische Hilfe an. In meinem Büro gibt es alle zwei Wochen eine von mir finanzierte, kostenfreie Sozialberatung für Bezieherinnen und Bezieher von Transferleistungen wie Hartz IV. Da versucht die Beraterin Probleme und Sorgen rund um Hartz IV zu Ansprüchen, Leistungen und Anträgen, zur Jobsuche oder zum Umgang mit dem Jobcenter aufzunehmen und zu lösen.

Sie hatten ein Biologiestudium begonnen und nebenbei in der Apotheke gearbeitet. Arbeiten Sie aktuell in Ihrem Beruf?

Franziska Leschewitz :

Nein, mit Annahme des Mandats habe ich mein Masterstudium erst einmal unterbrochen (den Bachelor hatte ich schon abgeschlossen), weil es zeitlich nicht mit der Mandatstätigkeit vereinbar war. Als PTA habe ich zunächst in einem Minijob weitergearbeitet, da die Legislaturperiode schon fast zu Ende war. Ich wusste ja nicht, ob ich die Chance habe, wieder ins Parlament gewählt zu werden, und wollte daher auch den Anschluss im Job nicht verlieren. Seit April weiß ich: Ich stehe auf der Landesliste der Berliner „Linken“ dieses Mal auf einem etwas besseren Platz als 2016, daher ist es möglich, dass ich wieder ins Abgeordnetenhaus einziehe. Meinen Minijob habe ich dann auch erst einmal beendet, um mich ganz auf das Mandat zu konzentrieren. Die Entscheidung war nicht so einfach, weil mir der Job als PTA auch sehr viel Spaß macht.

Wie haben Sie als ausgebildete PTA die Corona-Krise erlebt (Stichwort Maskenabgabe, Tests, Impfzertifikate in Apotheken)? 

Franziska Leschewitz :

Mit meinem Hintergrund als PTA konnte ich auch die Auswirkungen auf die Apotheken bei bestimmten Ideen ganz gut abschätzen. Schockiert war ich über die hohen Preise bei der Maskenabgabe zu Beginn der Pandemie. Bis zu 15 Euro haben die gekostet, was für viele, gerade ärmere Menschen, unbezahlbar war. Als Mitglied des Gesundheitsausschusses im Abgeordnetenhaus habe ich die Corona-Politik des Senats von Berlin ganz nah kritisch begleitet. Das musste sich aber erst einspielen, denn ich bin praktisch mit Beginn der Corona-Krise Abgeordnete geworden. Das wäre unter normalen Umständen schon schwierig genug gewesen, aber unter Corona sind ja auch die alten Routinen in der Fraktionsarbeit und im Parlament erst einmal weggefallen. Präsenzsitzungen waren lange nicht möglich. Erst gab es viel Chaos, ehe sich digitale Sitzungen, Pairing (Präsenzsitzungen mit reduzierter Anzahl von Mandatsträgern) und andere Mechanismen eingebürgert haben. Wir hatten dann hitzige Debatten um mögliche Verfassungsänderungen – und dann ist auch noch unsere Fraktionsspitze zurückgetreten und musste neu gewählt werden. Es war alles sehr viel Arbeit, aber auch sehr spannend für mich. Für mich heißt Politik aber auch praktische Hilfe. Und da konnte ich durch Corona meinen Beitrag leisten. Da ich als PTA weiß, wie man Spritzen aufzieht, habe ich mich mit Beginn der Impfungen freiwillig gemeldet, als die Senatsgesundheitsverwaltung in Berlin Impfhelferinnen gesucht hat. Ich habe bis in den Sommer in mobilen Impfteams gearbeitet, um Impfungen gegen das Corona-Virus in Pflege- und Altenheimen durchzuführen. Das habe ich neben meinem Mandat gemacht, aber es war mir so wichtig, einen aktiven Beitrag zu leisten, damit wir in die Normalität zurückkehren können.

Wie sind Sie zur Politik und letztendlich ins Abgeordnetenhaus gekommen? 

Franziska Leschewitz :

Mit meinem ersten Lohnzettel begann ich mich für Politik zu interessieren. Zum ersten Mal wurde mir wirklich klar, wie Steuern funktionieren, wer wie viel verdient usw. Und ich empfand Ungerechtigkeit, dass manche ohne große Leistung viel verdienen und viele, die hart arbeiten, wenig verdienen. Das wollte ich ändern. Ich wollte mich dafür einsetzen, dass es allen möglichst gut geht. In die Partei „Die Linke“ bin ich 2013 nach der Bundestagswahl eingetreten. Spandau ist ein kleiner Verband, sodass auch neue Mitglieder schnell in Verantwortung kommen. Ich war schnell im Vorstand des Bezirksverbands und habe schon 2016 für die Bezirksverordnetenversammlung und das Abgeordnetenhaus kandidiert. In die BVV bin ich 2018 nachgerückt und saß dort unter anderem im Gesundheitsausschuss. 2020 bin ich dann ins Abgeordnetenhaus gegangen. Um diese Chance nutzen zu können, musste ich 2016 auch auf einen aussichtsreichen Platz auf der Berliner Landesliste der Linken kommen. Das habe ich mit einer engagierten Rede und auch einer Portion Glück geschafft. Politik ist wirklich das Bohren dicker Bretter und alles andere als einfach. Besonders jetzt, wo ich auch noch Mutter bin. Ohne familiäre Unterstützung würde ich das alles nicht schaffen.

Wieso „Die Linke"? 

Franziska Leschewitz :

2013 trat ich der Partei „Die Linke“ bei, um mich für soziale Gerechtigkeit einzusetzen. Sie ist die einzige Partei, die im Deutschen Bundestag vertreten ist, die dies konsequent fordert und – wo in Regierungsverantwortung – umsetzt. Auch die friedenspolitischen Positionen – Stopp aller Rüstungsexporte und der Auslandseinsätze – hat mich überzeugt. Am aktuellen Beispiel in Afghanistan sehen wir ja leider, dass Krieg und militärische Auseinandersetzung keine langfristigen Lösungen bringen.

Wo sehen Sie sich in den nächsten vier Jahren und was möchten Sie mit Ihrer Partei erreichen?

Franziska Leschewitz :

Gerade kämpfe ich für ein gutes Wahlergebnis für „Die Linke“ in Spandau, in Berlin und im Bund. Wenn das Ergebnis passt, könnte ich wieder ins Abgeordnetenhaus einziehen. Mein Ziel ist, mich noch stärker in die Gesundheitspolitik einzuarbeiten. Der langjährige gesundheitspolitische Sprecher unserer Fraktion scheidet definitiv dieses Jahr aus. Daher fällt für mich mehr Arbeit an, die ich gerne aufnehmen will. „Die Linke“ in Berlin möchte ihre Arbeit der letzten Jahre fortsetzen. Wir haben 2016 in Regierungsverantwortung ein Umdenken in der Stadtentwicklungspolitik, in der Sozialpolitik und auf vielen anderen Sektoren bewirkt. Nach Jahren des „Sparens bis es quietscht“ ist wieder investiert worden, unter anderem auch in die Krankenhäuser. Der soziale Wohnungsbau ist angekurbelt worden. Mit Klaus Lederer haben wir einen engagierten Kultursenator, der viel für die Kultur- und Clubszene getan hat – gerade auch in den schwierigen Pandemiezeiten. Das gilt es zu bewahren und auszubauen.