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Vitamin E auf Rezept?

Können Vitamin-E-haltige Arzneimittel zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse verordnet werden? Wenn ja, wann? | Bild: gamjai / AdobeStock

Betroffenen, die an der genetisch bedingten Krankheit AVED (= Ataxie mit einem Vitamin-E-Mangel; engl.: ataxia with vitamin E deficiency) leiden, steht bislang lediglich eine einzige Therapiemöglichkeit zur Verfügung: Die Gabe von hochdosiertem Vitamin E. Bisher mussten Vitamin-E-haltige Arzneimittel selber gezahlt werden. Doch nun hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) die Verordnungsfähigkeit zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse beschlossen.

Was steckt hinter der Krankheit AVED?

AVED ist eine sehr seltene Form der Ataxie-Krankheit. Nach Expertenschätzungen ist durchschnittlich einer von 300.000 Menschen davon betroffen.

Bei der neurodegenerativen Erkrankung liegt eine Funktionsstörung des alpha-Tocopherol-Transferproteins (TTPA) vor. Dieses Protein benötigt der Körper, um das mit der Nahrung aufgenommene Vitamin E zu verteilen. Wird das Protein nicht vollständig ausgebildet, kann dies zu stark erniedrigten Vitamin-E-Plasmaspiegeln führen. 

Zur Erinnerung: Was ist Vitamin E?

Vitamin E  ist ein fettlösliches Vitamin, das als Antioxidans und Fänger von zellschädigenden freien Radikalen gilt. Bekannt ist es auch unter der Bezeichnung Tocopherol. Am wohl bekanntesten ist die biologisch aktivste Form Alpha-Tocopherol, das vor allem in grünen Pflanzenteilen enthalten ist. Aufgrund der antioxidativen Wirkung schützt Vitamin E die eigenen Körperzellen vor schädlichen Einflüssen. Außerdem ist es wichtig für das Immunsystem und die Bildung von Gewebemediatoren, die u. a. die Blutgerinnung und Entzündungsreaktionen beeinflussen.

Der Mensch nimmt Vitamin E über die Nahrung auf. Lebensmittel, die einen hohen Vitamin-E-Gehalt aufweisen sind in erster Linie pflanzliche Öle. Aber auch Nüsse, Samen, Butter und Eier enthalten Vitamin E, wenn auch nur in geringeren Mengen.

Bei einer ausgewogenen Ernährung kommt ein Vitamin-E-Mangel nur selten vor. Wird sich allerdings sehr fettarm oder einseitig ernährt, wird dem Körper zu wenig Vitamin E zugeführt. Als weiterer Risikofaktor für eine Mangelernährung zählen bestimmte chronische Erkrankungen, bei denen die Aufnahme von Nahrungsfetten über den Darm gestört ist. Dazu gehören z. B. Zöliakie, chronische Bauchspeicheldrüsenentzündung, Kurzdarmsyndrom nach einer Darmoperation, Morbus Crohn oder Erkrankungen der Gallenwege.

Eingeschränkte Bewegungs- und Sprachfähigkeit

Häufig manifestiert sich die Erkrankung bereits im Kindes- oder Jugendalter und verschlimmert sich in der Regel im Laufe des Lebens. Es treten schwerwiegende Störungen der Bewegungs- und Sprachfähigkeit auf sowie weitere neuro- und muskeldegenerative Effekte, z. B. motorische Ungeschicklichkeit, fehlendes Balancegefühl, Schwanken des Kopfes, verringerte Sehschärfe, gestörte Tiefensensibilität und fehlende Reflexe.

Hochdosiertes Vitamin E als einzige Therapiemöglichkeit

Nach derzeitigem medizinischem Forschungsstand ist die Gabe von hochdosiertem Vitamin E die bislang einzige Therapieoption, um das Fortschreiten der Krankheit zu verhindern und teilweise rückgängig zu machen. Der G-BA beschloss daher: Vitamin-E-haltige Arzneimittel können als Monopräparat für die Therapie von AVED-Patienten, in Einzelfällen mit einer entsprechenden Zulassung, zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung – also auf ein rosa Rezept – verordnet werden. *Quelle: https://www.g-ba.de/presse/newsletter/183/