Aktuelles

In der Apotheke werden PTA mit den unterschiedlichsten Themen konfrontiert. Lesen Sie hier die tagesaktuellen News aus den Bereichen Pharmazie, Forschung, Ernährung, Gesundheit und vielem mehr. Bleiben Sie informiert, um Ihre Kunden stets kompetent zu beraten.

4 min merken gemerkt Artikel drucken

Was ist eigentlich eine Sichelzellenanämie?

Hand in blauem Gummihandschuh hält Blutröhrchen
Die Sichelzellenanämie ist eine genetisch bedingte Bluterkrankung. | Bild: StudioLaMagica / AdobeStock

Die Sichelzellenanämie oder Sichelzellkrankheit ist in Deutschland als seltene Erkrankung eingestuft, was leicht darüber hinwegtäuscht, dass weltweit 20 Millionen Menschen an der folgenreichen Blutkrankheit leiden.  

Vor allem in Afrika südlich der Sahara ist die Sichelzellenanämie weit verbreitet; für Deutschland gibt es keine verlässlichen Daten, die Anzahl der Betroffenen wurde aber 2017 auf mindestens 2.000 geschätzt.  

Als genetisch bedingte Krankheit wird die Sichelzellenanämie bei bestimmten genetischen Kombinationen der Eltern weitervererbt. Ursache der Erkrankung ist eine Mutation in einem Gen, das für die Bildung des roten Blutfarbstoffs Hämoglobin verantwortlich ist.  

Was passiert bei einer Sichelzellenanämie?

Die Betroffenen bilden ein abnormes Hämoglobin, das bei Sauerstoffmangel zur Bildung von Fibrillen (mikroskopisch kleinen Fasern) neigt. Dabei verformen sich die roten Blutkörperchen durch die enthaltenen Fasern zu sichelförmigen Gebilden, verklumpen miteinander und verstopfen kleine Blutgefäße, wodurch eine Entzündung entsteht.

Durch die Gefäßverstopfung kann es bei der homozygoten (schweren) Form der Sichelzellenanämie zu anfallsartigen schmerzhaften und zum Teil zu lebensbedrohlichen Durchblutungsstörungen (Sichelzellkrisen) kommen, die mitunter zu venösen Thrombosen führen.

Die Zerstörung roter Blutkörperchen führt zu einer schweren chronischen Blutarmut. Die Folge sind starke Schmerzen und Schäden in multiplen Organsystemen wie Schlaganfall, Milzinfarkt, Lungenentzündung, Herz- und Nierenversagen, Muskelschädigung oder Absterben von Knochen (Osteonekrose). Die Lebenserwartung ist vermindert.

Nur in der homozygoten Form zeigt sich diese starke Ausprägung der Krankheit, bei der das gesamte Hämoglobin abnormes Sichelzellhämoglobin ist. In der schwachen, heterozygoten Form ist nur etwa ein Prozent aller roten Blutkörperchen deformiert, die Träger des Gens zeigen keine oder nur sehr schwache, meist unbedenkliche Symptome.  

Gut zu wissen: Sichelzellenanämie und Malaria

Heterozygot Betroffene, bei denen nur eines der beiden Hämoglobin-Gene verändert ist, sind vor den schweren Verlaufsformen der Malaria geschützt. 

Durch diesen möglichen Selektionsvorteil ist das mutierte Hämoglobin-Gen in Malariagebieten relativ verbreitet. 

Welche Therapien gibt es für die Sichelzellenanämie?

Der Forschungsstand zum Thema Sichelzellkrankheit ändert sich ständig. Deshalb sollten Betroffene beziehungsweise Eltern betroffener Kinder sich aktiv auf dem Laufenden halten und sich so früh wie möglich in einem spezialisierten Behandlungszentrum mit Ärzten, Psychologen, Sozialarbeitern und Krankengymnasten anmelden.

Es gibt keine ursächliche Therapie des Gendefekts, aber mithilfe einer Stammzellentransplantation ist unter bestimmten Umständen eine Heilung möglich. Die Risiken sollten Betroffene eingehend mit den behandelnden Ärzten besprechen.

Ansonsten erhalten Erkrankte eine Basisbehandlung zur Vorbeugung von verschiedenen gesundheitlichen Problemen, die mit der Blutkrankheit einhergehen können, sowie eine symptomatische Therapie gegen bereits auftretende Krankheitserscheinungen. Die meisten Patienten werden zudem medikamentös mit Hydroxycarbamid behandelt.

Einen neuen Therapieansatz bietet das Gentherapeutikum Exagamglogen-Autotemcel. Bei diesem Verfahren werden autologe hämatopoetische Stammzellen des Patienten im CRISPR/Cas-Verfahren genetisch so modifiziert, dass sie vermehrt fetales Hämoglobin produzieren, was die Symptome deutlich verbessert.

Der Arzneistoff wurde im Februar 2024 vom CHMP der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) zugelassen. Eine Zulassung durch die US-amerikanische Food and Drug Administration (FDA) erfolgte im Dezember 2023. Quellen:
https://flexikon.doccheck.com/de/Sichelzellanämie
https://www.kinderblutkrankheiten.de/erkrankungen/rote_blutzellen/anaemien_blutarmut/sichelzellkrankheit/therapie/
https://www.nhlbi.nih.gov/health/sickle-cell-disease
https://www.presseportal.de/pm/132626/6056310
https://de.wikipedia.org/wiki/Sichelzellanämie#
 

Die Sichelzellenanämie in Kürze

  • erbliche Blutkrankheit
  • Ursache: Mutation der Hämoglobin-Gene
  • Symptome: in der schweren (homozygoten) Form Schmerzen, Organschäden und verkürzte Lebensdauer; in der leichten (heterozygoten) Form keine oder kaum Krankheitserscheinungen
  • Therapie: Behandlung oder Vorbeugung von Symptomen; manchmal Stammzellentransplantation oder Gentherapie geeignet
  • Ausblick: dank rasanter Forschung möglicherweise bald neue Therapien