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Leseprobe PTAheute 6/2022: Hypnose: Funktioniert das wirklich?

Hypnosependel über weiblicher Stirn
Hypnose wird schon seit tausenden Jahren praktiziert. Als anerkannte Therapie wird sie aber erst seit wenigen Jahren eingesetzt. | Bild: WavebreakmediaMicro / AdobeStock

Hypnosepraktiken wurden schon sehr früh in der Menschheitsgeschichte angewandt. Aufzeichnungen über diese alte Heilmethode gehen dabei über 4.000 Jahre zurück. Namhafte Persönlichkeiten wie Sigmund Freud oder der französische Universitätsprofessor Hippolyte Bernheim konnten die Hypnotherapie nur bedingt etablieren. Wissenschaftlich anerkannt wurde sie tatsächlich erst im Jahr 2006.

Was geschieht bei Hypnose im Gehirn?

Hypnose wird abgeleitet vom altgriechischen Wort hypnos, der Schlaf. Mit Schlafen hat die Hypnose jedoch nur im weitesten Sinn zu tun, denn der Patient ist während der Sitzung wach und ansprechbar. Dennoch lässt sich die Gehirnaktivität während einer Hypnose mit dem Zustand kurz vor dem Einschlafen beziehungsweise kurz nach dem Aufwachen vergleichen.

Gänzlich erforscht sind die Vorgänge, die sich während einer Hypnose abspielen, noch nicht, aber neuropsychologische Untersuchungen haben deutliche Veränderungen in bestimmten Hirnarealen gezeigt. So wird vor allem die Aktivität des Gehirnbereichs, in dem bewusst gesteuerte Denkprozesse ablaufen, und jenes, in dem das „Ich-Bewusstsein“ verortet ist, während des Trancezustands weitestmöglich „ausgeschaltet“. 

Der zu Hypnotisierende (= Hypnotisand) befindet sich in einem tiefen Entspannungszustand. Herz-Kreislauf-Aktivität, Muskelspannung und Atmung fahren herunter, ebenso der Stresshormonspiegel. Nun sind vor allem die Areale für Gefühle und Fantasie aktiv und können gewinnbringend beeinflusst werden. Dabei werden vor allem sogenannte Suggestionen (to suggest = vorschlagen) an das Unterbewusstsein geleitet.

Wichtiges Hilfsmittel bei Hypnose: Suggestionen

Diese können in Selbst-(= Auto-) und Fremd-(= Hetero-)Suggestionen unterteilt werden. Die Fremdsuggestion wird durch einen Hypnotiseur durchgeführt, die Autosuggestion erfolgt durch den Patienten selbst. 

Suggestionen können dabei aus Wörtern, Bildern, Gefühlen oder Vorstellungen bestehen und folgen dem Zweck, bestehende Denkmuster oder Blockaden zu verändern beziehungsweise aufzulösen. Sie sollten so formuliert sein, dass das Gefühl vermittelt wird, das Ziel sei bereits erreicht. Negationen („Sie sind nicht traurig“) sollten jedoch vermieden werden, da das Unterbewusstsein diese nicht verarbeiten kann. Vielmehr sollten kurze, klare und positiv formulierte Sätze in der Gegenwartsform verwendet werden. Auch Reime sind sehr beliebt, da diese offenbar gut vom Unterbewusstsein aufgenommen werden können. 

Neben diesen direkten Suggestionen gibt es jedoch auch die indirekten. Hier kommen eher Fantasiereisen oder bildreiche Geschichten zum Einsatz. Eine Sonderform stellt die posthypnotische Suggestion dar. Dabei werden dem Hypnotisanden während einer Hypnose „Aufträge“ für später erteilt.

Wie stark eine Suggestion den Hypnotisanden beeinflusst, ist abhängig von dessen Erfahrungen und seiner Vorstellungskraft, aber auch von Umgebungseinflüssen wie Temperatur, Gerüchen oder Geräuschen. Tatsächlich kann die Wirkung einer Suggestion durch passende Gerüche oder Geräusche zusätzlich gesteigert werden. Hypnotiseure verwenden daher oft entsprechende Duft- und Räuchermischungen sowie passende Umgebungsgeräusche oder Musik.

Wie erkläre ich es meinem Kunden?

  • „Für Ihre Reizdarmerkrankung wäre gegebenenfalls auch eine Hypnotherapie eine alternative Behandlungsmöglichkeit.“
  • „Sie müssen keine Angst haben, dass Sie während der Hypnose ungünstig beeinflusst werden. Besprechen Sie alle Bedenken zuvor mit einem Hypnotiseur Ihres Vertrauens.“
  • „Da Sie an einer Herzinsuffizienz leiden, empfehle ich Ihnen, vor einer Hypnose unbedingt mit Ihrem Arzt zu sprechen und diese Therapieform abzuklären.“
  • „Es gibt einige Zahnärzte, die Hypnose einsetzen, um die Menge an Narkosemitteln zu reduzieren.“

Fremd- und Selbsthypnose

Hypnose kann sowohl durch einen Hypnotiseur vorgenommen werden (Fremd- oder Heterohypnose) als auch durch den Hypnotisanden selbst (Selbst- oder Autohypnose). Eine Fremdhypnose ist dabei meist intensiver und leichter durchzuführen als eine Selbsthypnose. 

Am wirksamsten hat sich in der Praxis die Kombination beider Hypnoseformen erwiesen. Dazu erlernt der Patient die Selbsthypnose, um diese dann im Anschluss an die Sitzungen in Eigenregie zu Hause durchführen zu können. 

Autohypnose dient der Vertiefung der Hypnosesitzungen und fördert zudem die Auflösung von Blockaden und die Entwicklung neuer Verhaltensmuster. Allerdings bedarf es etwas Übung, eine Trance mittels Selbstsuggestion herbeizuführen. Vom formellen Ablauf sind jedoch beide Hypnosearten gleich: Einleitung (Induktion) des Trancezustands, Hauptteil und Ausleitung der Hypnose.

Der Ablauf einer geführten Hypnose

Das Wichtigste bei einer geführten Hypnose ist das Vertrauen des Hypnotisanden gegenüber dem Hypnotiseur, da nur so eine tiefe Entspannung möglich ist. Daher ist vor Beginn einer Hypnosesitzung ein ausführliches Eingangsgespräch nötig. In diesem Gespräch lernen sich Hypnotiseur und Hypnotisand besser kennen und die zu behandelnde Grundproblematik sowie die gewünschten Ziele werden besprochen. Gleichermaßen können so auch Vorbehalte gegenüber einer Hypnose oder Ängste besprochen und bestenfalls beseitigt werden.

Im Anschluss führt der Hypnotiseur seinen Patienten in einen tiefen Entspannungszustand (Trance). Dies kann – je nachdem, wie es für den Patienten bequemer ist – im Stehen, Sitzen oder Liegen durchgeführt werden. Zur Einleitung einer direkten Hypnose verwendet der Hypnotiseur entweder optische Methoden (z. B. innere Bilder oder ein Fixpunkt für die Augen), akustische Methoden (z. B. monotone Musik oder Geräusche) oder suggestiv-sensorische Methoden (z. B. „Körper wird schwer, müde, warm“). Eine indirekte Hypnose hingegen wird meist mithilfe einer suggestiven Geschichte durchgeführt. Auch sogenannte Blitzhypnosen, bei welchen der Hypnotiseur mittels zahlreicher Suggestionen eine schnelle Tranceeinleitung herbeiführt, sind möglich. Diese kommen aber weniger in der Praxis als im Showbereich zum Einsatz.

Nach erfolgreicher Einleitung der Hypnose folgt schließlich der Hauptteil. Dabei versucht der Hypnotiseur, mittels Suggestionen an das Unterbewusstsein des Hypnotisanden und dadurch an dessen Emotionen und Erinnerungen heranzutreten. Mit gezielten Vorstellungen, welche zur Problematik des Patienten passen, versucht der Hypnotiseur, blockierende oder negative Denkmuster positiv zu verändern und im Idealfall aufzulösen. 

Während der gesamten Sitzung kommuniziert der Hypnotiseur aktiv mit dem Hypnotisand. Falls nötig, kann dabei der Trancezustand zusätzlich vertieft werden, sodass Außenreize und aktive Wahrnehmung zunehmend in den Hintergrund treten. 

Generell werden drei Trancezustände unterschieden: leichte, mittlere und tiefe Hypnose. Während bei einer leichten Hypnose die Kritikfähigkeit noch nahezu erhalten bleibt, können bei einer mittleren Hypnose zusätzliche suggestive Inhalte vermittelt werden, welche dem Wertesystem des Hypnotisanden entsprechen. Befindet sich der Patient dagegen in einer tiefen Trance, können auch für ihn befremdliche Inhalte vermittelt werden. Es ist möglich, dass der Hypnotisand sich an diese im Anschluss zwar nicht mehr erinnern kann, sie aber im Unterbewusstsein abgespeichert hat.

Gegen Ende einer Sitzung wird der Hypnotisand sehr langsam und behutsam aus der Trance zurückgeholt. Diese sogenannte Ausleitung kann zum Beispiel anhand von bestimmten Formulierungen oder durch Rückwärtszählen erfolgen. Wichtig ist, dass sämtliche Suggestionen zuvor aufgehoben wurden.

Für wen eignet sich Hypnose?

Bild: LightFieldStudios / iStockphoto.com

Prinzipiell kann jeder Mensch hypnotisiert werden. Tatsächlich hat sich jedoch gezeigt, dass einige Menschen leichter als andere hypnotisierbar sind. Dies hängt vermutlich mit der inneren Einstellung beziehungsweise Vorbehalten gegenüber einer Hypnose zusammen. Daher gelten etwa zehn Prozent als sehr leicht hypnotisierbar, 85 Prozent können normal in Hypnose versetzt werden und fünf Prozent gar nicht. 

Zum Einsatz kommt Hypnose unter anderem in der Suchtbehandlung, bei Burn-out, Reizdarm, zur Steigerung des Selbstbewusstseins, bei psychischen Problemen und Ängsten sowie Lernproblemen und ADHS. 

Aber auch Schmerzpatienten profitieren von der Methode. Da die Gehirnareale, in denen die Schmerzverarbeitung stattfindet, während einer Hypnose inaktiv sind, kommt der Schmerzreiz zwar im Gehirn an, wird aber nicht wie gewohnt verarbeitet. Somit kann während einer Hypnosesitzung ein nahezu schmerzfreier Zustand suggeriert werden. 

Diesen Umstand machen sich auch einige Zahnärzte zunutze, um so gegebenenfalls den Einsatz von Narkosemitteln reduzieren zu können.

Wann ist eine Hypnose nicht geeignet?

Menschen, die unter starken physischen oder psychischen Einschränkungen leiden, sollten besser auf eine Hypnose verzichten oder sie zuvor mit ihrem Arzt abklären. Dazu zählen beispielsweise Patienten mit schweren Herzerkrankungen, sehr niedrigem Blutdruck, Demenz, Alzheimer oder Schlaganfällen. Auch Patienten mit schweren psychiatrischen Erkrankungen wie zum Beispiel Schizophrenie, Autismus oder bipolaren Störungen sollten nicht ohne ärztliche Rücksprache hypnotisiert werden.

Das Wichtigste in Kürze

  • Hypnose kommt schon seit Tausenden von Jahren zum Einsatz, wurde aber erst 2006 wissenschaftlich anerkannt.
  • Während einer Hypnose werden Herz-Kreislauf-Aktivität, Muskelspannung und Atmung heruntergefahren.
  • Das wichtigste Instrument eines Hypnotiseurs sind Suggestionen. Sie können aus Wörtern, Bildern, Gefühlen oder Vorstellungen bestehen.
  • Man unterscheidet zwischen Fremd- und Selbsthypnose. Beiden gemeinsam ist der Ablauf: Einleitung, Hauptteil und Ausleitung der Hypnose.