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Details zu pharmazeutischen Dienstleistungen auf Kassenkosten: Pharmazeutische Dienstleistungen: Was darf künftig wer?

Bild: PTAheute/Schelbert

Endlich ist das Geheimnis gelüftet: Seit dem vergangenen Freitag ist bekannt, wie die pharmazeutischen Dienstleistungen im Detail aussehen, die Apotheken künftig auf Kassenkosten erbringen können. Neben der Art der Leistung wurde auch festgelegt, wer die Leistungen in der Apotheke erbringen darf und wie sie vergütet werden.

Anspruch auf Leistungen seit Jahresbeginn

Eigentlich haben Versicherte bereits seit Jahresbeginn Anspruch auf die neuen pharmazeutischen Dienstleistungen. So hatte es der Gesetzgeber im Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz festgeschrieben. Doch der GKV-Spitzenverband und der Deutsche Apothekerverband (DAV) kamen zu keiner Einigung, was das Dienstleistungspaket und die damit verbundene Vergütung der Apotheken betrifft – letztlich musste die Schiedsstelle eine Entscheidung fällen. 

Vergangenen Freitag informierte die ABDA über das Ergebnis. Demnach wurden folgende Dienstleistungen in den Katalog aufgenommen:

  • Standardisierte Einweisung in die korrekte Arzneimittelanwendung und Üben der Inhalationstechnik (= Inhalator-Schulung),
  • standardisierte Risikoerfassung hoher Blutdruck (= Blutdruckmessung),
  • erweiterte Medikationsberatung bei Polymedikation,
  • pharmazeutische Betreuung von Organtransplantierten
  • und pharmazeutische Betreuung bei oraler Antitumortherapie.

Für PTA sind besonders die ersten beiden Dienstleistungen interessant, da diese vom gesamten pharmazeutischen Personal erbracht werden dürfen und somit auch in den Tätigkeitsbereich von PTA fallen. Die restlichen Dienstleistungen erfordern eine Approbation sowie eine spezielle Fortbildung. Eine Leistungsbeschreibung der ABDA gibt Aufschluss über die weiteren Details.

Standardisierte Einweisung in die korrekte Arzneimittelanwendung und Üben der Inhalationstechnik

Worin besteht die Dienstleistung?

  • Demonstration der Anwendung des Inhalationsdevices nach einem standardisierten Prozess.
  • Übungsmöglichkeit für die Patienten mit Placebos des individuellen Inhalationsdevices oder „Dummy-Geräten“.

Wer darf sie erbringen?

Pharmazeutisches Personal der Apotheke nach einer Standard-Arbeitsanweisung.

Wer hat Anspruch darauf?

Patienten ab sechs Jahren mit einer Neuverordnung eines Inhalationsgeräts (Devices) bzw. bei einem Geräte- oder Devicewechsel.

Wie oft?

Alle 12 Monate möglich, wenn laut Selbstauskunft in den vergangenen 12 Monaten keine Einweisung mit praktischer Übung stattgefunden hat und die Patienten nicht in das Disease Management Programm (DMP) Asthma und COPD eingeschrieben sind.

Wie viel Geld gibt es?

20,00 Euro (netto)

Standardisierte Risikoerfassung hoher Blutdruck

Worin besteht die Dienstleistung?

  • Dreimalige Blutdruckmessung, aus der zweiten und dritten Messung wird ein Mittelwert gebildet.
  • Abhängig vom Mittelwert gibt es konkrete Empfehlungen für Maßnahmen, die durch die Apotheke eingeleitet werden, um erhöhten Blutdruckwerten entgegenzuwirken. Bei Werten oberhalb definierter Grenzwerte wird empfohlen, zeitnah zur weiteren Abklärung den Hausarzt aufzusuchen.

Wer darf sie erbringen?

Pharmazeutisches Personal der Apotheke nach einer Standard-Arbeitsanweisung.

Wer hat Anspruch darauf?

Patienten mit diagnostiziertem Bluthochdruck und Verordnung eines Antihypertensivums.

Wie oft?

Einmal alle 12 Monate. Bei Änderungen der Blutdruckmedikation auch häufiger.

Wie viel Geld gibt es?

11,20 Euro (netto)

Erweiterte Medikationsberatung bei Polymedikation

Worin besteht die Dienstleistung?

  • Erhebung aller relevanten Daten in einem strukturierten Patientengespräch: Dabei werden alle Arzneimittel erfasst, die der Patient aktuell einnimmt (Brown-Bag-Review), also nicht nur ärztlich verordnete, sondern auch Selbstmedikation. Außerdem sollen Daten wie Medikationspläne, Anweisungen zur Einnahme/Dosierung oder vorhandene Entlass- und Arztbriefe berücksichtigt werden.
  • Pharmazeutische AMTS-Prüfung: Dabei soll unter anderem auf Doppelverordnungen, Interaktionen oder ungeeignete Dosierungen bzw. Anwendungszeitpunkte geachtet werden. Außerdem gilt es, unter anderem ungeeignete Darreichungsformen, Anwendungsprobleme oder unerwünschte Wirkungen zu identifizieren – im Gespräch mit den Patienten. Bei OTC-Arzneimitteln sollen Indikationen, Präparate und Dosierungen überprüft werden. Falls notwendig, bespricht der Apotheker die Lösungsvorschläge mit dem zuständigen Arzt – vorausgesetzt, die Patienten sind damit einverstanden.
  • Gespräch zwischen Patient und Apotheker:  Die Patienten erhalten bei dieser Medikationsberatung einen (elektronischen) Medikationsplan. Zudem wird der hauptverordnende Arzt in Kenntnis gesetzt.

Wer darf sie erbringen?

Nur Apotheker, die eine entsprechende Fortbildung absolviert haben.

Wer hat Anspruch darauf?

Patienten, die ambulant versorgt werden und mindestens fünf verschiedene Arzneimittel in der Dauermedikation anwenden. Die Zählung bezieht sich nur auf die Arzneimittel, die systemisch wirken oder inhaliert werden und vom Arzt verordnet wurden.

Wie oft?

Einmal jährlich, bei erheblichen Umstellungen der Medikation auch häufiger.

Wo kann die Dienstleistung angeboten werden?

In der Apotheke oder im häuslichen Umfeld der Patienten.

Wie viel Geld gibt es?

90,00 Euro (netto)

Pharmazeutische Betreuung von Organtransplantierten

Worin besteht die Dienstleistung?

  • Datenerhebung, pharmazeutische AMTS-Prüfung und Gespräch analog zur erweiterten Medikationsberatung bei Polymedikation nach dem Einlösen einer Neuverordnung für immunsuppressive Arzneimittel.
  • Bei Bedarf eine Folgeberatung nach zwei bis sechs Monaten, die sich auf Anwendungsprobleme sowie aktuelle Bedenken und Sorgen des Versicherten bezüglich der Therapie fokussiert.

Wer darf sie erbringen?

Nur Apotheker, die eine entsprechende Fortbildung absolviert haben.

Wer hat Anspruch darauf?

Patienten mit verordneten Immunsuppressiva im ersten Halbjahr nach einer Organtransplantation und bei einer Neuverordnung eines Immunsuppressivums.

Wie viel Geld gibt es?

90,00 Euro (netto) für die erweiterte Medikationsberatung, zusätzlich 17,55 Euro (netto) für die Folgeberatung.

Pharmazeutische Betreuung bei oraler Antitumortherapie

Worin besteht die Dienstleistung?

  • Datenerhebung, pharmazeutische AMTS-Prüfung und Gespräch analog zur erweiterten Medikationsberatung bei Polymedikation nach dem Einlösen einer Erstverordnung für ein orales Antitumortherapeutikum.
  • Ein weiteres Beratungsgespräch zwei bis sechs Monate später mit Fokus auf Anwendungsproblemen sowie aktuelle Bedenken und Sorgen bezüglich der Therapie.

Wer darf sie erbringen?

Nur Apotheker, die eine entsprechende Fortbildung absolviert haben.

Wer hat Anspruch?

Patienten innerhalb der ersten sechs Monate nach dem Beginn sowie bei einer neuen Folgetherapie mit oralen Antitumortherapeutika. Bei gleichzeitiger Verordnung von mehreren oralen Antitumortherapeutika wird die Dienstleistung für alle Arzneimittel gemeinsam angeboten und abgerechnet.

Wie viel Geld gibt es?

90,00 Euro (netto) für die erweiterte Medikationsberatung, zusätzlich 17,55 Euro (netto) für die Folgeberatung.

Unterlagen und Arbeitshilfen in Planung

ABDA, BAK und der DAV bereiten nach eigener Aussage ausführliche Unterlagen für die Apothekenteams vor, in denen alle Aspekte der pharmazeutischen Dienstleistungen detailliert beschrieben und Arbeitshilfen angeboten werden sollen. Alle Unterlagen werden im Mitgliederbereich von www.abda.de zur Verfügung stehen, heißt es. 

Keine ärztlichen Verschreibungen nötig

Doch kommen die Patienten mit entsprechenden Verordnungen aus den Praxen? Oder werden die Versicherten von ihrer Krankenkasse angeschrieben? Weder noch: Der DAV-Vorsitzende Thomas Dittrich äußerte sich dazu per Mitteilung stolz: „Wir haben lange für die pharmazeutischen Dienstleistungen gekämpft und verhandelt. Jetzt gibt es ein gutes Leistungsportfolio, das die Apotheken auch im Interesse der Patienten umsetzen können, ohne dass es dazu einer ärztlichen Verordnung bedarf.“ Die Apotheken sind also befähigt, die jeweiligen Dienstleistungen den Patienten aktiv anzubieten und die Leistung zulasten der Krankenkassen auch auszulösen beziehungsweise durchzuführen.

GKV-Spitzenverband prüft weiteres Vorgehen

Während die Apothekerschaft erklärt, mit dem Ergebnis gut leben zu können, fällt die Antwort der Kassen schmallippig aus: „Der Schiedsspruch ist heute bei uns eingegangen. Wir werden diesen nun prüfen und dann mit den Krankenkassenverbänden das weitere Vorgehen besprechen“, heißt es auf Nachfrage unserer Kollegen der DAZ. Es gab schon vor Veröffentlichung des Schiedsspruchs Hinweise, dass der GKV-Spitzenverband nicht mit allen Punkten einverstanden ist. Die Frage ist nun, ob die GKV-Seite den Schiedsspruch dennoch schluckt – oder ob sie gegen ihn klagt.Quelle: ABDA / jb/ ae/ cm /sn