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Feste Darreichungsformen: Tipps zur Einnahme von Tabletten bei Kindern

Säfte mit Paracetamol und Ibuprofen sind derzeit Mangelware. Eltern sollen auf feste Darreichungsformen umschwenken. Doch wie können diese problemlos Kindern verabreicht werden? | Bild: Dzmitry / AdobeStock

„Wenn Sie keine Säfte und Zäpfchen haben, dann sollen Sie doch Tabletten nehmen.“ Frei nach dem fälschlicherweise Marie Antoinette in den Mund gelegten Zitat sollen laut Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), aufgrund der anhaltenden Lieferengpässe bei Fiebersäften, Kinder auf die noch verfügbaren festen oralen Darreichungsformen umgestellt werden. 

Ähnliche Empfehlungen wurden in jüngster Vergangenheit bereits in Großbritannien und Frankreich für das ebenfalls von Lieferengpässen betroffene Antibiotikum Amoxicillin veröffentlicht. Doch ist die Gabe von Tabletten im Kindesalter überhaupt so problemlos möglich?

Tabletteneinnahme ab vier bzw. sechs Jahren möglich

Nach der dringenden Empfehlung des Beirats für Liefer- und Versorgungsengpässe sollen unter Berücksichtigung des Alters sowie der Verfügbarkeit der Darreichungsform Tabletten abgeben werden. 

  • Paracetamol-haltige Tabletten sind für Kinder ab vier Jahren,
  • Ibuprofen-haltige Tabletten für Kinder ab sechs Jahren möglich.

Hier wird auf der Webseite des BfArM auf die jeweiligen Fachinformationen der Hersteller verwiesen. 

Allerdings wissen Eltern, dass die Verabreichung von Arzneimitteln, besonders solchen, die schlecht schmecken oder die mit Anforderungen an die motorische Koordination einhergehen, oftmals leichter gesagt als getan ist. 

Spielerische Hilfestellungen beim Tablettenschlucken

Das Schlucken von Tabletten ist für kleine Kinder zunächst eine Lernerfahrung und will am Anfang geübt sein. Es gibt keine Faustregel, ab wann ein Kind Tabletten oder Kapseln sicher schlucken kann – die Altersspanne ist sehr variabel. 

Hierbei kann das Apothekenpersonal den Eltern spielerische Hilfestellungen beim Schlucktraining ihres Nachwuchses mit an die Hand geben. Die Techniken finden unter anderem auch Anwendung in der Geriatrie.

„Pop-Bottle“-Verfahren und Kopfstellung beachten

Die Kopfstellung kann das Schlucken von Tabletten erleichtern. So sollte das Kind mit geradem Oberkörper den Kopf leicht nach vorne halten (mindestens 45°) und aus dieser Position heraus die Tablette mit mehreren großen Schlucken Wasser einnehmen. Anders als landläufig gedacht, wird das Schlucken durch das Vorneigen des Kopfes und nicht durch ein „Nach-hinten-Werfen“ erleichtert. Letzteres führt zu einer Verengung der Speiseröhre und somit zu einem schlechteren Schluckvermögen. 

Eine weitere Möglichkeit der erleichterten Tabletteneinnahme ist das „Pop-Bottle“-Verfahren. Hierbei wird die Tablette auf die Zungenspitze gelegt und anschließend Wasser, Tee oder Saft aus einer Flasche getrunken. Die Öffnung der Flasche sollte hierbei so gewählt werden, dass das Kind beim Trinken „saugen“ muss und den Kopf dabei leicht nach hinten neigt. Die Tablette wird durch die angesaugte Flüssigkeit quasi „schwimmend mitgenommen“ und geschluckt. 

Beide Verfahren eigenen sich für ältere Kinder und können auf spielerische Weise vermittelt werden.

Tabletten in Pudding oder Kompott 

Gerade bei jüngeren Kindern empfehlen sich noch andere Methoden, um die Einnahme von Tabletten zu erleichtern:

Handelt es sich um normale, unretardierte Tabletten, können diese in den meisten Fällen zunächst geteilt werden, um auf eine kindgerechte Dosierung zu kommen. Die Tablettenhälften können dann meist problemlos mit Pudding, Kompott oder Nussmus vermischt und dem Kind verabreicht werden. 

Bei einigen Tabletten ist auch ein Zerfallenlassen in Wasser denkbar – hier muss jeweils ein Blick in die Fachinformation des Herstellers geworfen oder ärztliche Rücksprache gehalten werden. 

Tabletten oder Kapseln suspendieren, wenn möglich

Sondenbögen der jeweiligen Arzneistoffe können ebenso eine hilfreiche Informationsquelle sein. Denn sind Tabletten oder Kapseln sondierbar – also die Gabe mittels einer Ernährungssonde möglich – sind sie in den meisten Fällen auch mörser- oder in Wasser suspendierbar. Im Falle von Kapseln eignen sie sich zum Öffnen und können dann ebenfalls suspendiert werden. 

Bei der Einnahme von Suspensionen sollte darauf geachtet werden, dass diese kurz vor beziehungsweise gegebenenfalls während des Trinkens von Teilmengen immer wieder aufgeschlämmt werden müssen. Nur so kann die gesamte Tablettenmasse vom Kind eingenommen werden und es kommt zu keiner Unterdosierung.

Schluckhilfen nur mit Übung anwenden

Eine weitere Möglichkeit, das Schlucken zu erleichtern, stellt die Schluckhilfe MedCoat® der Firma Hennig Arzneimittel dar, die hauptsächlich für Patienten mit Schluckstörungen in der Geriatrie gedacht war. Die Tablette oder das scharfkantige Tablettenteilstück wird bei MedCoat® durch eine dünne, geschmackskaschierende Gelmembran gedrückt, die die Tablette wie einen Filmüberzug vollständig umschließt. Durch die glatte Oberfläche und speichelanregende Eigenschaften des Überzugs wird der Schluckvorgang erleichtert. Das Verfahren bedarf einiger Übung und kann nicht allein vom Kind durchführt werden – auch manchen Eltern dürfte die Anwendung erst nach etwas Übung gelingen.

Es bleibt zu hoffen, dass trotz aller Tipps und Tricks und Notlösungen der Engpass an – nicht nur in der Pädiatrie versorgungsrelevanten – Wirkstoffen zeitnah ein Ende findet und sich Notlösungen nicht zur Regelversorgung verfestigen.