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Fiebersäfte für Kinder: Ende des Lieferengpasses in Sicht?

Säfte für Kinder mit Ibuprofen oder Paracetamol sind derzeit Mangelware. | Bild: Schelbert / PTAheute

Einen infektfreien Sommer erleben derzeit nur wenige Familien mit Kindern. Das Robert Koch-Institut (RKI) registriert für diese Jahreszeit mehr akute Atemwegserkrankungen als in den Jahren vor der Corona-Pandemie. In der ersten Juliwoche wurden dem RKI 1,2 Millionen Arztbesuche gemeldet. Insgesamt geht man von 4,5 Millionen Krankheitsfällen aus. 

Während bei Erwachsenen hauptsächlich das Coronavirus ursächlich sein soll, stecken hingegen bei Kindern vor allem Atemwegserreger wie Parainfluenza-, Rhino- und zum Teil auch Influenzaviren dahinter – so das Ergebnis stichprobenartiger virologischer Untersuchungen.

Lieferengpass bei Fiebersäften wegen Marktrückzug

Um Symptome wie Fieber und Gliederschmerzen zu behandeln, verordnen Kinderärzte Suspensionen und Suppositorien mit den Wirkstoffen Paracetamol und Ibuprofen. Diese Präparate sind aktuell jedoch Mangelware. Aus vielen Apotheken werden Lieferengpässe gemeldet. 

Als Ursache gilt der Marktrückzug eines Unternehmens. Wie das „Arznei-Telegramm“ bereits Mitte April 2022 berichtete, stellte 1A-Pharma aufgrund gestiegener Rohstoffpreise die Produktion ihres Paracetamol-Saftes ein. Gleichzeitig erklärte Ratiopharm in einem Schreiben, ab Mai 2022 wieder liefern zu können. Der Branchenverband Pro Generika bestätigte, dass mit dem Marktrückgang von 1A-Pharma nur noch Ratiopharm als einziger Hersteller „die Hauptlast der Versorgung“ stemme. Allein in den letzten zwölf Monaten sei, laut Branchenverbrand, der Wirkstoff Paracetamol um 70 Prozent teurer geworden.

Paracetamol-Suspensionen in der Apotheke herstellen

Die Apotheken und Praxen konnten die angespannte Situation bislang dadurch lösen, dass Kinder alternativ mit Paracetamol-Suppositorien oder Ibuprofen-Suspensionen versorgt wurden. Daneben existiert noch der Paracetamol-haltige Ben-u-ron-Saft von Bene Arzneimittel, dessen Preis allerdings mit 5,25 Euro deutlich über dem Festbetrag liegt und zu Mehrkosten für die Patienten führt. 

Darüber hinaus wäre es Apotheken möglich, NRF-Rezepturen herzustellen. Dabei wird Paracetamol als fein gepulverte Rezeptursubstanz oder Fertigarzneimittel-Tabletten (für Erwachsene) in eine Suspensionsgrundlage eingearbeitet.

BfArM: Lieferengpässe eher lokal, aber nicht kritisch

Die Lieferengpässe im Bereich der Paracetamol-haltigen Kinderarzneimittel sind jedoch nach wie vor existent und haben sich auf Ibuprofen-Präparate ausgeweitet. Viele Apotheken fühlen sich nicht mehr in der Lage, die Nachfrage adäquat erfüllen zu können. 

Dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) ist bekannt, dass es vor allem bei der Versorgung mit Paracetamol-Fiebersäften zurzeit zu einer eingeschränkten Verfügbarkeit kommen kann, erklärt ein Sprecher gegenüber der Redaktion. Im Monat Juni stellte die Behörde ebenfalls eine leichte Unterversorgung mit Ibuprofen-haltigen Fiebersäften fest. Diese soll aber zwischenzeitlich, nach Kenntnisstand des BfArM, weitestgehend aufgelöst worden sein. 

Dass Apotheken nach wie vor über Lieferengpässe klagen, führt man auf die ungleichmäßige Verteilung der bestehenden Kontingente zurück, sodass es lokal zu einzelnen Nichtverfügbarkeiten kommen kann. Auch weitere Lieferengpässe für verschiedene Schmerzmittel (wie Morphin-Derivate oder Paracetamol-Tabletten) sind dem BfArM gemeldet worden, „von denen jedoch keiner als kritisch eingestuft wird“.

Engpass bei Paracetamol als Ursache für Ibuprofen-Engpass

Die Ursache für die Engpässe bei den pädiatrischen Darreichungsformen mit dem Wirkstoff Paracetamol liegt im Marktrückzug eines Zulassungsinhabers. Die betroffenen Marktanteile konnten nicht kurzfristig von den weiteren Marktteilnehmern übernommen werden, wodurch es zu einer Unterversorgung des Marktes kam. So lautet die Erklärung des Bundesinstituts. In der Folge wurden als Alternativpräparate pädiatrische Formulierungen mit dem Wirkstoff Ibuprofen verstärkt nachgefragt. Der entstehende Effekt führte bei diesen Produkten ebenfalls zu Engpässen, welche inzwischen weitestgehend behoben werden konnten.

Hersteller von Paracetamol-Säften steigern Produktion

Gegenüber dem BfArM haben die verbleibenden Marktteilnehmer für Paracetamol-haltige Säfte erklärt, dass sie bestrebt sind, die offenen Marktanteile abzufangen. Hierfür steigern sie ihre Produktionen, um der Nachfrage gerecht zu werden. Nach Aussagen eines der betroffenen Unternehmen soll im Herbst mit der vollständigen Kompensation der Marktanteile des ausgeschiedenen Zulassungsinhabers gerechnet werden können.

Die Zulassungsbehörde rechnet also offenbar damit, dass die Hersteller der Fertigarzneimittel bald wieder die Nachfrage flächendeckend bedienen können. Ob weitergehende Maßnahmen, wie Erleichterungen bei Rezeptur und Import, erforderlich werden, dazu will sich das BfArM derzeit nicht äußern.

 „Wir bitten um Verständnis, dass das BfArM keine Therapieempfehlungen ausspricht und sich als Bundesoberbehörde auch nicht an öffentlichen Diskussionen zu möglichen weiteren Maßnahmen beteiligen kann.“ 

Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM)

Weitere Maßnahmen würden erst im Beirat erörtert und nachfolgend festgelegt sowie auf der Internetseite veröffentlicht.