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Neue S2k-Leitlinie Dysphonie: Diese Arzneimittel können die Stimme beeinträchtigen

Eine neu erschienene S2k-Leitlinie befasst sich mit den Störungen der Stimmfunktion (Dysphonie), also den Einschränkungen der stimmlichen Leistungsfähigkeit sowie Veränderungen des Stimmklangs. Erstellt wurde die Leitlinie unter der Federführung der Deutschen Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie e. V. (GPP).
Gut zu wissen: AWMF-Klassifikation von Leitlinien
S1: Handlungsempfehlung einer Expertengruppe, erstellt in einem informellen Verfahren
S2k: konsensbasierte Leitlinie eines repräsentativen Gremiums, erstellt mittels strukturierter Konsensfindung
S2e: evidenzbasierte Leitlinie, erstellt anhand der Ergebnisse einer systematischen Literaturrecherche/-auswertung
S3: evidenz- und konsensbasierte Leitlinie eines repräsentativen Gremiums, erstellt anhand der Ergebnisse einer systematischen Literaturrecherche/-auswertung und einer strukturierten Konsensfindung
Faktoren, die eine Stimmfunktionsstörung hervorrufen können
Die Liste möglicher Auslöser für eine Dysphonie ist lang. So können sowohl organische Ursachen, wie eine Laryngitis oder Wucherungen an den Stimmlippen, als auch Verletzungsfolgen, z. B. nach einer Intubation, oder Tumoren hinter der Stimmfunktionsstörung stecken. Auch neurologische Faktoren wie eine Stimmlippenlähmung können ursächlich sein.
Sogar hormonelle Auslöser sind bekannt: Neben der Pubertät (Stimmbruch) können auch Schwangerschaft und Menopause Klang und Leistungsfähigkeit der Stimme verändern.
Auch kann ein sogenannter laryngo-pharyngealer Reflux (Aufsteigen von Magensäure bis in den Kehlkopf und Rachen) hinter den Stimmproblemen stecken.
Arzneimittelnebenwirkung: Beeinträchtigung der Stimme
Die Leitlinie geht aber auch ausführlich auf Arzneimittel ein, die als Nebenwirkung eine Beeinträchtigung der Stimme mit sich bringen können, und rät zu einem Nebenwirkungscheck: „Bei allen stimmgestörten Patient*innen, die Medikamente einnehmen, soll die Möglichkeit einer unerwünschten Wirkung auf die Stimme überprüft werden.“
Insbesondere an folgende Arzneimittelklassen sollte laut Leitlinie gedacht werden, wenn auf eine arzneimittelinduzierte Dysphonie geprüft wird. Die in der Leitlinie aufgeführten Zusammenhänge zwischen Arzneimittel und Dysphonie sind jeweils in Klammern angegeben:
- ACE-Hemmer (Beeinträchtigung der Stimme durch den als Nebenwirkung auftretenden Husten)
- Analgetika (Einblutungen in die Stimmlippen – relevant bei Überdosierung / zu langem Gebrauch bei gleichzeitiger starker Stimmbeanspruchung)
- Anti-Angionese-Faktoren (Verminderung der Gefäße im Bereich der Stimmlippen)
- Antihistaminika (Mundtrockenheit)
- Antitussiva und Opiate (Mundtrockenheit sowie vermindertes Abhusten von Schleim)
- Benzodiazepine (Relaxation der stimmgebenden Muskulatur)
- Betablocker (Mundtrockenheit)
- Glucocorticoide (inhalativ: Reizung der Stimmlippenschleimhaut, systemisch: Abbau der stimmgebenden Muskulatur)
- Kontrazeptiva (Absenkung der Stimmlage – relevant für Stimmberufler)
- Lithiumcarbonat (Dysarthrophonie – neurologische Störung der Sprechfunktion)
- Lokalanästhetika (Störung der neuromuskulären Kontrolle)
- Montelukast
- Ototoxische Arzneimittel wie Furosemid oder Aminoglycoside (Störung der audiophonetischen Rückkopplung)
- Trizyklische Antidepressiva
- Vincristin (neurotoxisch, Stimmlippenparese)
Wenngleich sie keinen Einzug in die Leitlinie gehalten haben, sind auch Anticholinergika (Mundtrockenheit), Bisphosphonate (Schleimhautreizung) und Aldosteron-Antagonisten als mögliche Auslöser im Hinterkopf zu behalten.
Patienten rechtzeitig über Nebenwirkung aufklären
Wird ein Zusammenhang zwischen der Stimmfunktionsstörung und der Medikation vermutet, sollte laut Leitlinie „in Abstimmung mit den verordnenden Ärzt*innen geprüft werden, ob die Medikation geändert werden kann oder Maßnahmen zur Vermeidung der Nebenwirkungen ergriffen werden können.“
Hierfür sind auch Beruf, Interessen und Situation des betroffenen Patienten einzubeziehen. Gerade Personen in stimmintensiven Berufen wie Lehrer oder auch leidenschaftliche Hobbysänger werden Einschränkungen am Stimmorgan nur ungern hinnehmen. Sie sollten idealerweise bereits vor Therapiebeginn über mögliche Nebenwirkungen aufgeklärt werden.