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Minipille bald rezeptfrei in den USA?

Blister der Minipille auf Holztisch
Gestagenmonopräparate haben ein geringeres Thromboserisiko als Kombi-Pillen. | Bild: thingamajiggs / AdobeStock

Den USA könnte ein spannender OTC-Switch bevorstehen: Ein Beratungsgremium der US-amerikanischen Arzneimittelaufsichtsbehörde FDA gab jüngst sein Votum zum beantragten OTC-Switch der Minipille Opill® bekannt und sprach sich positiv für den Entfall der Verschreibungspflicht aus.

Den entsprechenden Antrag hatte die Firma HRA Pharma im Juli 2022 gestellt. Bei dem betroffenen Präparat handelt es sich um ein bereits seit 1973 in den USA zugelassenes orales Kontrazeptivum, das damals noch von Pfizer unter dem Namen Ovrette® vertrieben wurde. 

Mit 75 µg Norgestrel zählt Opill® zu den auch als Minipillen bezeichneten Gestagenmonopräparaten. Diese weisen bekanntermaßen ein geringeres Thromboserisiko auf als Kombinationen aus Estrogenen und Gestagenen, haben jedoch ein kürzeres Zeitfenster, in dem vergessene Tabletten nachgenommen werden können. Der Vertrieb von Ovrette® wurde 2005 aus wirtschaftlichen Gründen eingestellt. HRA Pharma hat seit 2015 die Rechte inne.

Zur Erinnerung: Wie wirkt Gestagen?

Das nur beim weiblichen Geschlecht aktive Progesteron

  • senkt die Zahl der Estrogen-Rezeptoren,
  • hemmt die Estrogen-bedingte Proliferation der Uterusschleimhaut und stimuliert die Entwicklung des sekretorischen Endometriums,
  • erhöht die Viskosität des Zervixschleims,
  • unterdrückt die LH-Ausschüttung der Hypophyse und damit die Ovulation,
  • fördert die Drüsenbildung in den Brüsten,
  • erhöht die Ruhetemperatur (um circa 0,5 °C),
  • ist als sogenanntes Schwangerschaftshormon für die Erhaltung einer Schwangerschaft unentbehrlich (z. B. Hemmung der Uteruskontraktilität und Menstruation) und
  • verstärkt die Wirkung der Estrogene auf das Skelettsystem. Quelle: DAZ 23/2021 

 

OTC-Switch: Welche Voraussetzungen müssen gegeben sein?

Die Voraussetzungen für eine Anwendung außerhalb der Verschreibungspflicht bzw. einen OTC-Switch in den USA sind, 

  • dass der Nutzen eines Produkts seine Risiken überwiegt und
  • dass das Missbrauchspotenzial gering ist.

Mit dem Antrag muss der Hersteller außerdem nachweisen, dass Anwenderinnen mithilfe der etikettierten Angaben in der Lage sind, das Vorliegen der Indikation sowie mögliche Gründe, die ein Absetzen oder einen Arztkontakt erforderlich machen, bei sich selbst zu erkennen. Ebenso muss die korrekte Anwendung des Präparats daraus hervorgehen. 

Offensichtlich konnte HRA Pharma das Beratungsgremium mit seinem in verbraucherfreundlicher Sprache angepassten Etikett und den 14 durchgeführten Studien überzeugen.

Welche Vorteile hätte ein OTC-Switch der Minipille?

Befürworter für den Entlass aus der Verschreibungspflicht – darunter auch ärztliche Fachgesellschaften wie die American Medical Association – erhoffen sich durch den Wegfall der Verschreibungspflicht eine bessere Zugänglichkeit des Verhütungsmittels und damit auch eine Verringerung der Raten ungewollter Schwangerschaften. 

Insbesondere vor dem Hintergrund des aktuell laufenden Rechtsstreits um das für Abtreibungen genutzte Medikament Mifepriston erhält der Zugang zu sicheren Verhütungsmitteln in den USA eine besondere Bedeutung.

Die endgültige Entscheidung der FDA wird in den kommenden Monaten erwartet. Zwar ist die Empfehlung der Beratungsgremien dafür nicht bindend, doch üblicherweise folgt die FDA der Empfehlung. Tut sie das auch dieses Mal, wäre Opill® das erste orale Kontrazeptivum, das in den USA ohne Rezept erhältlich ist.