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Vorsicht Allergiegefahr: Eichenprozessionsspinner breitet sich aus

Nest von Eichenprozessionsspinner
Nutznießer des Klimawandels ist der Eichenprozessionsspinner. Die Brennhaare seiner Raupen können allergische Reaktionen hervorrufen. | Bild: agrarmotive / AdobeStock

Er wird besprüht, weggesaugt und auch mal mit hoch konzentrierten Duftstoffen beschossen: Der Eichenprozessionsspinner ist in Parks und Wäldern kein gerngesehener Schmetterling. Einst eine eher seltene Art in Deutschland, hat sich der wärmeliebende Falter mittlerweile stark ausgebreitet.

Woran erkennt man einen Eichenprozessionsspinner?

Ein Eichenprozessionsspinner in Nahaufnahme
Eichenprozessionsspinner | Bild: Tim's insects / AdobeStock

Der Eichenprozessionsspinner (Thaumetopoea processionea) ist ein graubrauner Nachtfalter, dessen auffällig behaarte Raupen sich von den Blättern und Knospen verschiedener Eichenarten ernähren. 

Die großen Nester der im Frühjahr schlüpfenden Tiere lassen sich in befallenen Bäumen oft gut erkennen.

Da der Eichenprozessionsspinner bevorzugt einzelnstehende und gut besonnte Eichen besiedelt, kommt er häufig gerade an Stadt- und Parkbäumen, Straßenalleen, in Gärten und Anlagen sowie an Waldrändern vor.

Gut zu wissen: Eichenprozessionsspinner oder Gespinstmotte?

Die großen Nester des Eichenprozessionsspinners sehen jenen der Gespinstmotte zum Verwechseln ähnlich. Doch während der Eichenprozessionsspinner seinem Namen entsprechend auf Eichen spezialisiert ist und diese nur partiell befällt, frisst sich die Gespinstmotte am Laubwerk ihrer Wirtsbäume satt und ist auf etwa 50 Pflanzenarten zu finden. Ihre Gespinste können ganze Bäume und Büsche einnehmen. Für den Menschen sind die Gespinstmotte und ihre Larven ungefährlich.

Eichenprozessionsspinner ist Nutznießer des Klimawandels

Mittlerweile ist der Eichenprozessionsspinner auch in der Fläche vertreten, sagt Julian Bethke, Nabu-Referent für Landwirtschaft, Wald und Biodiversität. Das sei zunächst dem jeweiligen Jahresklima zuzuschreiben. „Seit 2018 gab es mehrere extrem trockene und heiße Jahre.“ 

Ausschlaggebend für die Entwicklung seien die Witterungsbedingungen im Spätsommer beim Falterflug und der Eiablage sowie im Frühjahr während des Larvenschlupfs, erklärt Henrik Hartmann, Leiter des Waldschutzinstituts beim Julius Kühn-Institut (JKI) in Quedlinburg. 

Stiegen die Temperaturen im Frühjahr zeitig an, fielen Schlupf und Laubaustrieb für die hungrigen Insekten günstig zusammen. Auf diese Weise profitiert der Eichenprozessionsspinner vom Klimawandel. 

Eichenprozessionsspinner gefährlich für Mensch und Botanik

Problematisch ist der Falter vor allem wegen der Brennhaare, die die Raupen zum Schutz vor Fressfeinden ab dem dritten Larvenstadium ausbilden. Sie enthalten das Nesselgift Thaumetopoein und können bei Berührung zu Ausschlägen (sog. Raupendermatitis), Bindehautentzündung, Atembeschwerden und allergischen Reaktionen führen. 

Darüber hinaus kann der Eichenblätter fressende Schmetterling auch Waldschäden verursachen, wenn er in Massen auftritt. 

Wie wird der Eichenprozessionsspinner bekämpft?

Bisher werden die Schädlinge meist durch Absaugen bekämpft, es kommen aber auch aufgesprühte Biozide, Fadenwürmer oder Nistkästen für Meisen – natürliche Fressfeinde der Falter – zum Einsatz. 

In Nordrhein-Westfalen wurde die Verwirrung der männlichen Tiere durch Sexuallockstoffe getestet, die in Form kleiner Kügelchen in die Bäume geschossen werden. Das soll die Paarung verhindern. 

Die Methode sei in Deutschland neu, aber in den Niederlanden bereits erprobt, sagt Ole Theisinger, wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Landesbetrieb Wald und Holz NRW. Dort sei ein Rückgang der Nester um bis zu 50 Prozent festgestellt worden. 

Von Biozid-Behandlungen vom Hubschrauber aus, wie sie mitunter etwa in Bayern und Sachsen-Anhalt durchgeführt werden, rät der Nabu ab. „Das hat fatale Folgen für das Ökosystem Wald, das durch Hitze und Trockenheit ohnehin schon unter hohem Stress steht“, sagt Bethke.

Gut zu wissen: Ohne Eiche geht es nicht

Auf Eichen einfach zu verzichten ist übrigens keine Lösung. Der Laubbaum gilt als robust gegen Hitze und Trockenheit und wird daher häufig gepflanzt, um Monokulturen von Fichten oder Kiefern zu Mischwäldern umzubauen.

„Natürliche“ Feinde des Eichenprozessionsspinners stärken

Insekten wie Schlupfwespen legen ihre Eier in die Larven des Falters und schwächen so die Population. „Diese Gegenspieler müssen gestärkt werden, etwa durch ausreichende Blühflächen“, sagt Theisinger. Abgemähte Grünflächen und mangelnde Vielfalt am Waldrand beförderten dagegen die Massenvermehrung des Eichenprozessionsspinners. 

Das bestätigt die Biologin Gabriela Lobinger von der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft: Fehlten die Gegenspieler, etwa bei einzelnen Bäumen am Straßenrand ohne Grünflächen, könne es keine Regulation geben.

Frühwarnsystem für den Eichenprozessionsspinner

Zur Abschätzung der Gefahr durch den Eichenprozessionsspinner gibt es mittlerweile ein bundesweites Frühwarnsystem: das Online-Tool „PHENTHAUproc“. Entwickelt wurde das Tool von der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg und der Universität für Bodenkultur Wien. Bereitgestellt wird der Internetdienst vom Deutschen Wetterdienst (DWD) in Offenbach.

„PHENTHAUproc“ soll Anhaltspunkte liefern, wann welche Gegenmaßnahmen sinnvoll sind. Basis dafür sind Temperaturdaten, aus denen tagesaktuell die Entwicklung abgeleitet wird. Zu sehen sind dabei die Entwicklungsstadien des Eichenprozessionsspinners und der Austrieb seiner Wirtsbaumart, der Stieleiche. 

„Das digitale Informationssystem dient der praktischen Anwendung sowohl im Pflanzenschutz als auch im Gesundheitsschutz für Mensch und Tier“, so der DWD. Es besteht aus mehreren Modellen für die Entwicklungsstadien des Schädlings und den Eichenaustrieb.

Was tun bei Kontakt mit dem Eichenprozessionsspinner?

Ganz werde man den Schädling ohnehin nicht mehr los, sagt Lobinger. Eichen ohne den Eichenprozessionsspinner werde es in Zukunft nicht mehr geben. Deshalb sei es wichtig, im Umgang mit dem Schmetterling gelassen zu bleiben.

Wer in betroffenen Gebieten unterwegs ist, sollte Raupen sowie Nester nicht anfassen, denn da die Brennhaare leicht abbrechen, sind sie auch in den Nestern zu finden. Zudem können die feinen Haare durch den Wind fortgetragen werden. Daher sollte man Abstand zu befallenen Bäumen halten und auch Kinder im Blick behalten.

Kommt es dennoch zu einem Kontakt, empfiehlt das Umweltbundesamt umgehend zu duschen und Schuhe sowie Kleidung zu reinigen. Um das Nesselgift zu zerstören, sollte die Kleidung bei mindestens 60 °C gewaschen werden. Quellen:
- dpa
- Umweltbundesamt