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„Tag der Antworten“: Apotheken sollen am 27. September erneut schließen

Gabriele Overwiening auf Pressekonferenz
ABDA-Präsidentin Overwiening will den Druck auf Lauterbach weiter erhöhen. | Bild: ABDA / Wagenzik

Apothekenteams in ganz Deutschland schlossen am 14. Juni die Türen, Zehntausende gingen bundesweit auf die Straßen, nicht nur um auf ihre Belange, sondern auch auf die gefährdete flächendeckende Arzneimittelversorgung aufmerksam zu machen. 

Seither war es still geworden und nicht wenige fürchteten, dass der Auftrieb mit der parlamentarischen Sommerpause verpuffen könnte. Eine Postkartenaktion im Sommer, die Patientinnen und Patienten in die Eskalationsstrategie der ABDA einspannen sollte, wurde von vielen mit Argwohn betrachtet.

„Tag der Antworten“ am 27. September

Bei der Vorstellung der Ergebnisse der Postkartenaktion machte die Standesvertretung jetzt aber klar, dass sie den Druck auf Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) weiter erhöhen will: Die ABDA hat den 27. September zum „Tag der Antworten“ ausgerufen – und erneut vorübergehende Apothekenschließungen angekündigt. Das erklärte Präsidentin Gabriele Regina Overwiening am heutigen Mittwoch in Berlin. 

Am 27. September wird der Deutsche Apothekertag (DAT) in Düsseldorf eröffnet und der Gesundheitsminister will der Apothekerschaft dann seine Aufwartung machen. Einen persönlichen Auftritt gewährt er zwar nicht, allerdings wird er per Videokonferenz zugeschaltet.

Lauterbach soll sechs Fragen beantworten

Allzu frei wird Lauterbach allerdings nicht über Belangloses reden können. Mit sechs Fragen, von Overwiening am heutigen Mittwoch vorgestellt, setzt die ABDA in einem Vorgriff die Agenda und dem Minister gewissermaßen die Pistole auf die Brust. 

Die Fragen, die sich um die Zukunft der Arzneimittelversorgung in Deutschland drehen, seien bereits mit der heutigen Post an den Minister verschickt worden, so die ABDA-Präsidentin.

Die 6 Fragen an Bundesgesundheitsminister Lauterbach:

  • Warum weigern Sie sich, die Honorierung der Apotheken nach mittlerweile elf Jahren Stillstand an die wirtschaftliche Gesamtentwicklung anzupassen, obwohl sich die Regierungsparteien in ihrem Koalitionsvertrag die Stärkung der Apotheken vor Ort zum Ziel gesetzt haben?
  • Wie will die Bundesregierung sicherstellen, dass in Zukunft wichtige wirtschaftliche Faktoren, wie etwa die Inflation oder der Verbraucherpreisindex, in der Höhe des Apothekenhonorars regelmäßig berücksichtigt werden?
  • Wie und wann wird die Bundesregierung die Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass Versicherte Anspruch auf ein interprofessionelles Medikationsmanagement, wie im Modellprojekt ARMIN demonstriert, bekommen?
  • Wie will die Bundesregierung die Apotheken vor Ort dabei unterstützen, die flächendeckende Arzneimittelversorgung – auch in ländlichen Regionen – in Zukunft sicherzustellen?
  • Wie will die Bundesregierung den Schutz des besonderen Vertrauensverhältnisses zwischen den Heilberufen einerseits und den Patientinnen und Patienten andererseits gewährleisten, wenn die Krankenkassen, wie im Entwurf des Gesundheitsdatennutzungsgesetzes vorgesehen, die Daten ihrer Versicherten patientenbezogen auswerten und zu diesen Hinweise zu Gesundheitsrisiken geben dürfen?
  • Warum ist die Bundesregierung nicht bereit, die einseitige Wirtschaftlichkeitsorientierung in der Arzneimittelversorgung (etwa im Rabattvertragsbereich) zurückzudrehen, um die Liefersituation endlich zu verbessern?

Landesapothekerverbände empfehlen Apothekenschließungen

Protestplakat zum Tag der Antworten
Dieses Plakat stellt die ABDA Apotheken kostenfrei zur Verfügung. | Bild: ABDA

Damit nicht nur die DAT-Delegierten, sondern alle Apothekerinnen und Apotheker sich ein Bild von den Plänen des Gesundheitsministers machen können, wird über die Landesapothekerverbände empfohlen, zwischen 13 und 16 Uhr die Apotheken zu schließen.

Die Standesvertretung stellt auf ihrer Website hierfür – wie schon zum Apothekenprotest am 14. Juni – Plakate zur Verfügung: „Wir bleiben geschlossen. Weil Lauterbach uns Antworten schuldet.“ 

Die Notdienstversorgung werde aber selbstverständlich aufrechterhalten. Proteste oder Kundgebungen soll es an dem Tag nicht geben. „Im Fokus steht der Minister und seine Rede“, so ABDA-Kommunikationschef Benjamin Rohrer auf der Pressekonferenz.

Protest soll auch nach DAT weitergehen

Sollte es keine Antworten vom Minister geben, sei in der Konsequenz „alles denkbar“, so Overwiening auf eine Nachfrage. Man arbeite an Lösungen, es gebe viele Ideen. Sollte der Minister allerdings dem DAT fern oder Antworten schuldig bleiben, wäre dies das „Eingeständnis des absoluten Scheiterns“. 

Sie wies zudem darauf hin, dass für den Freitag zum Abschluss des DAT ein weiteres „Highlight“ vorgesehen sei. Eine Diskussionsrunde solle nochmal „unsere Macht, unsere Geschlossenheit, unseren Nachdruck“ zeigen. Genaueres wollte sie nicht verraten.

Gemeinsame Protestaktionen mit Ärzten denkbar

Bei der Vorstellung der Ergebnisse der Postkartenaktion erklärte Overwiening, sie sei „gerührt und begeistert von den vielen, sehr persönlichen Worten von Kindern, Frauen und Männern, die ihre ganz eigene Sicht auf die Apotheke vor Ort“ aufgeschrieben hätten. 

Die Aussagen hätten deutlich gemacht, „dass die Bevölkerung auf uns nicht verzichten kann und will“. Sie gehe davon aus, dass etwa eine halbe Million Patientenaussagen vorliegen würden. Allerdings sei die Aktion noch nicht final ausgezählt. Erste Eindrücke kann man sich auf der Website der ABDA schon abholen.

Auf Nachfrage sagte Overwiening zudem, dass man wegen gemeinsamer Protestaktionen im Herbst mit der Ärzteschaft in Kontakt stehe. Beide Heilberuflergruppen würden vom Gesundheitsminister „nicht wertgeschätzt“. Die Bereitschaft sei groß, zusammen etwas zu veranstalten.