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Kryptosporidiose: Durchfallerkrankung durch Darmparasiten

Frau sitzt auf der Toilette, Rolle Toilettenpapier liegt davor
Kryptosporidien verursachen derzeit vermehrt Durchfallerkrankungen. | Bild: Goffkein / AdobeStock

In Großbritannien werden momentan ungewöhnlich viele Durchfallerkrankungen ausgelöst durch Kryptosporidien – beobachtet. Die ausgelöste Erkrankung wird auch als Kryptosporidiose bezeichnet. Die Infektionen treten dabei in unterschiedlichen Regionen im Vereinigten Königreich auf, von einem lokalen Ausbruch kann daher nicht ausgegangen werden. 

Mehr als die Hälfte der Betroffenen haben in den letzten zwei Wochen vor ihrer Erkrankung eine Reise in verschiedene Länder am Mittelmeer unternommen. Schwimmen in Badegewässern, aber auch verunreinigte Lebensmittel können zu einer Kryptosporidiose-Infektion führen.

Auch in Deutschland treten Infektionen mit dem Darmparasiten aktuell häufiger auf. Laut Robert Koch-Institut (RKI) können bis zur 44. Kalenderwoche bereits 2.157 Fälle beobachtet werden. Seit Beginn der Meldepflicht konnten in den Jahren 2001 bis 2013 jährlich rund 800 bis 1.500 Fälle gezählt werden. In den folgenden Jahren trat die Erkrankung zwar schon etwas häufiger auf, doch aktuell liegen die Zahlen besonders hoch. 

Weiterhin kann davon ausgegangen werden, dass viele Erkrankungen mit dem Darmparasiten unerkannt bleiben, da bei einer Durchfallerkrankung auch von Fachleuten nicht unbedingt an eine Kryptosporidiose gedacht wird.

Um welchen Erreger handelt es sich?

Eine Kryptosporidiose-Infektion wird durch den Darmparasiten Cryptosporidium ausgelöst. Für die Durchfallerkrankungen beim Menschen sind überwiegend die beiden Arten 

  • Cryptosporidium hominis und
  • Cryptosporidium parvum

verantwortlich. Die einzelligen Parasiten bilden dabei sogenannte Oozysten, das sind 4 bis 6 µm große Dauerformen, die von erkrankten Menschen oder Tieren ausgeschieden werden. Die Oozysten enthalten wiederum Sporozoiten, die für die Infektion im Darm verantwortlich sind. Sporozoiten sind bestimmte Entwicklungsstadien des Einzellers, die das infektiöse Stadium darstellen. 

Ein einzelner Sporozoit kann in die Zelle des Wirts eindringen und sich dort vermehren. Oozysten mit den darin enthaltenen Sporozoiten gelten als äußerst widerstandsfähig und können bei ausreichender Feuchtigkeit bis zu zwei Jahre überleben und infektiös bleiben. Auch können sie eine Behandlung mit gängigen Desinfektionsmitteln oder eine Desinfektion des Trinkwassers mit Chlor überstehen.

Gut zu wissen: Abgekochtes Wasser am sichersten

Leitungswasser, das für fünf Minuten sprudelnd aufgekocht wurde, ist frei von Viren, Bakterien und Parasiten. Eine chemische Reinigung durch chlorabspaltende Tabletten kann hier nicht mithalten und tötet nicht alle Oozysten von Cryptosporidium zuverlässig ab. Schon wenige Dauerformen des Parasiten können reichen, um eine Durchfallerkrankung auszulösen.

Kryptosporidiose: Wie kann man sich infizieren?

Infizierte scheiden die Oozysten von Cryptosporidium mit den darin enthaltenen Sporozoiten fäkal aus. Andere Personen infizieren sich hauptsächlich durch die Aufnahme von mit Oozysten verunreinigtem Wasser. Dabei kann es sich um Trinkwasser oder aber auch um Badewasser handeln. In den USA kam es im Jahr 1993 durch verunreinigtes Trinkwasser zu einem großen Ausbruch mit rund 400.000 Betroffenen. 

Möglich sind aber auch fäkal-orale Übertragungen von Mensch zu Mensch oder von Tier zu Mensch, beispielsweise infizieren sich Personen, die in der Rinderzucht tätig sind, leicht mit Kryptosporidien. Als weitere Infektionsquelle können aber auch verunreinigte Lebensmittel gelten.

Wie äußert sich Kryptosporidiose?

Bei einer durch Bakterien oder Viren ausgelösten Durchfallerkrankung beträgt die Inkubationszeit meist zwei bis fünf Tage. Bei einer Infektion mit Kryptosporidien ist diese deutlich länger und liegt zwischen sieben und zehn Tagen. Häufig können Betroffene eine mögliche Infektionsquelle gar nicht mehr benennen. 

Laut dem Robert Koch-Institut macht sich eine Infektion durch wässrigen Durchfall mit teilweise großen Flüssigkeitsverlusten bemerkbar. Weiterhin können Betroffene an Bauchschmerzen, Übelkeit und Fieber leiden. Meist halten die Symptome über ein bis zwei Wochen an. Es gibt aber auch Infektionen, die symptomlos verlaufen, und auch diese Erkrankten können ansteckend sein.

Gefährlich ist die Erkrankung vor allem für Kleinkinder und immunsupprimierte Patienten, hier kann es zu lebensbedrohlichen Flüssigkeitsverlusten kommen. Vor allem bei Aids-Patienten kann es auch zu Beschwerden außerhalb des Verdauungstrakts kommen: Aufgrund der Kryptosporidiose-Infektion können sich die Gallenwege oder die Bauchspeicheldrüse entzünden.

Kryptosporidiose: Wie sieht die Therapie aus?

Menschen mit gesundem Immunsystem erholen sich meist innerhalb von ein bis zwei Wochen von einer Infektion. Eine spezifische Therapie gibt es bei einer Kryptosporidiose ohnehin nicht, die wichtigste Maßnahme besteht aus einem ausreichenden Flüssigkeits- und Elektrolytersatz. Laut der aktuell neu aufgelegten S2k-Leitlinie Gastrointestinale Infektionen der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten sollte diese orale Rehydratation am besten mit Hilfe einer glucosehaltigen Elektrolytlösung erfolgen. 

Bei Erwachsenen kann bei akuten Durchfallerkrankungen ohne Fieber und ohne Blut im Stuhl für weniger als 48 Stunden auch Loperamid gegeben werden, im Kindesalter soll der Wirkstoff jedoch nicht eingesetzt werden. Auch andere Antidiarrhoika wie Tannin, Kohle oder Heilerde sind bei einer infektiösen Durchfallerkrankung nicht empfehlenswert. Eine antibiotische Therapie ist auch bei immunsupprimierten Betroffenen normalerweise nicht angezeigt. 

In den USA wird zur Linderung der Symptome das Antiparasitikum Nitazoxanid eingesetzt. Diese Substanz besitzt in Deutschland allerdings keine Zulassung.

Wie kann man Kryptosporidiose vorbeugen?

Zum Schutz vor einer Übertragung des Parasiten müssen die Oozysten von Cryptosporidium abgetötet werden. Dies ist zuverlässig durch Abkochen von Wasser möglich. Wie bereits erwähnt stellt eine Chlorierung des Wassers keinen sicheren Schutz dar, auch gegen die gängigen Desinfektionsmittel sind die Dauerformen von Cryptosporidium widerstandsfähig. 

Hygienemaßnahmen wie gründliches Händewaschen mit Seife kann das Risiko einer Infektion deutlich vermindern. Das ist besonders nach dem Toilettengang sowie nach dem Kontakt mit Haustieren, Gartenerde und Abwasser wichtig. 

Um andere Personen nicht anzustecken, sollten Erkrankte weder Schwimmbäder noch andere Badegewässer besuchen. Darauf sollte bis 14 Tage nach Abklingen der Symptome verzichtet werden.

Worauf ist in der Beratung zu achten?

PTA und Apotheker sollten über Infektionen mit Kryptosporidien Bescheid wissen, denn dem pharmazeutischen Personal kommt bei der Beratung von Durchfallerkrankungen eine wichtige Rolle zu. Die meisten Patienten kommen bei einer Diarrhoe zunächst in die Apotheke und möchten entsprechende Präparate zur Selbstmedikation. Daher ist es wichtig, bei langanhaltenden Durchfallerkrankungen an die Möglichkeit einer Kryptosporidiose zu denken und Betroffene an einen Arzt zu verweisen. 

Dies gilt ebenso, wenn die Betroffenen von einer Fernreise zurückgekommen sind und dort möglicherweise Kontakt mit verunreinigtem Wasser bestand. Auch sollten Reisende im Vorfeld darüber informiert werden, dass chemische Mittel zur Trinkwasserentkeimung nur bedingt Schutz bieten. Wenn möglich sollte Wasser vor dem Trinken abgekocht werden, dieses kann dann für längstens 24 Stunden verwendet werden. Quellen:
https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_Kryptosporidiose.html;
https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2017/daz-24-2017/unterschaetzte-kryptosporidiose;
https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2023/Ausgaben/45_23.pdf?__blob=publicationFile;
https://register.awmf.org/assets/guidelines/021-024l_S2k_Gastrointestinale_Infektionen_2023-11_1.pdf