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Breitbandantibiotika zu häufig bei Kleinkindern eingesetzt

Kleiner Junge hält Antibiotikasaft in der Hand
Der Einsatz eines Breitbandantibiotikums bei einem Kind sollte stets gut überdacht werden. | Bild: Racle Fotodesign / AdobeStock

Rund 40 Prozent der Kleinkinder in Deutschland werden mit Breitbandantibiotika behandelt, wenn sie zum ersten Mal ambulante Antibiotika erhalten. In Dänemark beträgt dieser Anteil nur 6 Prozent. Das berichtet das Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie in Bremen (Bips) mit Verweis auf eine Studie. 

„Medizinisch ist das nicht zu erklären“, sagt Bips-Professorin Ulrike Haug. Es sei davon auszugehen, dass sich das Infektionsgeschehen in beiden Ländern nicht grundlegend unterscheide. „Möglicherweise hat der höhere Einsatz an Breitbandantibiotika in Deutschland etwas mit Verschreibungsgewohnheiten zu tun.“

Einsatz von Breitbandantibiotika bedenklich

Diese Praxis sei „im Hinblick auf Nebenwirkungen und Resistenzen sehr bedenklich“, sagt Erstautor Oliver Scholle. „Manche Infektionen können nur mit Breitspektrum-Antibiotika therapiert werden, Schmalspektrum-Antibiotika wirken da nicht. Bei vielen anderen Infektionen reichen hingegen Schmalspektrum-Antibiotika“, ergänzte Ulrike Haug, Leiterin der Abteilung Klinische Epidemiologie am Bremer Institut. 

Durch unnötigen Einsatz von Breitbandantibiotika werde die Entstehung von Bakterienstämmen gefördert, die gegen Breitbandantibiotika resistent seien. Zudem töte ein Breitbandantibiotikum ein breites Spektrum an Bakterien ab, was dazu führe, dass auch nützliche Bakterienarten vernichtet werden. Die Folge seien etwa mehr Nebenwirkungen im Magen-Darm-Bereich.

Verschreibungen: Anteil von Breitbandantibiotika sehr hoch

Bei anderen Aspekten der Verschreibung von Antibiotika sind deutsche Ärzte jedoch zurückhaltender als dänische. In der Studie, die in der Fachzeitschrift „Infectious Diseases and Therapy“ erschien, wurden Daten aus dänischen Gesundheitsregistern und deutsche Krankenkassendaten verglichen. 

Die Forschenden betrachteten Kinder, die von 2004 bis 2016 geboren wurden. „Im Geburtsjahrgang 2016 betrug die Zeit bis zur ersten Antibiotikaverschreibung in Dänemark etwa 21 Monate, während sie in Deutschland bei etwa 28 Monaten lag. Die Rate der Antibiotikabehandlungen pro 1.000 Personenjahre betrug 537 in Dänemark und 433 in Deutschland. Dies weist zunächst auf ein zurückhaltenderes Verschreibungsverhalten in Deutschland hin“, berichtet Scholle. Besorgniserregend sei aber der Breitbandantibiotika-Anteil.

Die Studie des Bips und der Süddänischen Universität in Odense zeigt in beiden Ländern positive Veränderungen bei Antibiotikaverschreibungen im Laufe der Jahre bis 2016: So stieg das Alter bei der Erstverschreibung und die Verschreibungshäufigkeit ging zurück. Quelle: dpa / mia