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Schlaganfall durch Migräne?

Frau mit Migräne sitzt auf Sofa und reibt sich die Schläfen
Junge Migränepatientinnen können durch ihre Vorerkrankung leichter einen Schlaganfall erleiden. | Bild: Syda Productions / AdobeStock

Bluthochdruck, Adipositas, Typ-2-Diabetes, ein ungesunder Lebensstil, Herz- und Gefäßerkrankungen, insbesondere Vorhofflimmern – diese Faktoren tragen bekanntermaßen wesentlich zur Entstehung eines Schlaganfalls (Apoplex) bei. 

Eine Studie von 2023 zeigt aber: Besonders für junge Menschen scheinen andere Kriterien relevanter. Migräne war einer der bedeutsamsten Risikofaktoren für einen Schlaganfall.

Migräne – erste Anzeichen und Symptome 

Vorboten (Prodromalphase) – mögliche Symptome

  • meist ein bis zwei Tage vor einer Migräneattacke
  • Hochstimmung / besondere Leistungsfähigkeit oder
  • depressive Verstimmung und Gereiztheit, Schläfrigkeit/Müdigkeit, Konzentrationsprobleme
  • Nackensteifheit
  • bei manchen Patienten besonderer Appetit auf Süßes
  • vermehrter Hunger und Durst
  • Verstopfungen und/oder Übelkeit

 Aura

  • Zeichen direkt vor dem Kopfschmerz bei 10–15 % der Migränepatienten
  • häufig einseitig, entwickelt sich allmählich
  • meist 5–60 Minuten (maximal) anhaltend, vorübergehend, komplett reversibel, ohne Folgeschäden
  • häufig visuelle Störungen: „Lichtblitze“, „Flimmern“, „Gesichtsfeldausfälle“, „Doppelbilder“
  • auch Taubheitsgefühle, andere sensorische Störungen, Schwäche und Schwindel
  • Migräne mit Aura, Migräne ohne Aura, aber auch eine Aura ohne Kopfschmerz sind mögliche Formen 

Schmerzphase

  • mittlerer bis starker Kopfschmerz
  • pulsierend, pochend, stechend, verstärkt sich durch Bewegung
  • meist einseitig, Seitenwechsel oder Ausdehnung möglich
  • unbehandelt zwischen 4 und 72 Stunden
  • häufige Begleiterscheinungen:
    • Appetitlosigkeit (fast immer)
    • Übelkeit (80 %)
    • Erbrechen (40–50 %)
    • Lichtempfindlichkeit (60 %)
    • Lärmempfindlichkeit (50 %)
    • Geruchssensibilität (10 %)
    • leichtes Augentränen durch Parasympathikus-Aktivierung

 Rückbildungsphase

  • pulsierender Schmerz wird oft zu einem gleichbleibenden
  • Erschöpfung (durch Schmerzen, Erbrechen, Nahrungsverweigerung)
  • Schlafphase
  • oft zeigen sich entgegengesetzte Symptome der Vorboten aus der Prodromalphase

Schlaganfall – eine typische Alterserscheinung

2,5 Prozent der erwachsenen Menschen in Deutschland hatten bereits einen Schlaganfall. Das ist jeder 40. Mensch hierzulande. Das Risiko steigt exponentiell mit dem Alter und verdoppelt sich ungefähr mit jedem Lebensjahrzehnt.  

Der Schlaganfall ist ein Ereignis, bei dem die Blutzufuhr im Gehirn entweder durch ein ischämisches Geschehen (Mangeldurchblutung durch Thromben oder Arteriosklerose) oder durch eine Dissektion (Gefäßruptur) unterbrochen wird. 

Die Gefäßgesundheit nimmt mit steigendem Alter in der Regel ab, Vorerkrankungen und Risikofaktoren nehmen zu. Daher ist der durchschnittliche Apoplex-Patient 73 Jahre alt.  

Wie häufig sind juvenile Schlaganfälle?

Aber auch junge, gesunde und sportliche Menschen können einen Schlaganfall erleiden. Rund 15 Prozent der Schlaganfälle in Deutschland ereignen sich bei Personen im Alter unter 55 Jahren – das sind sogenannte juvenile Schlaganfälle. 

2,4 von 100.000 Menschen im Alter von 20–24 Jahren erleiden einen Schlaganfall. In der Altersgruppe 35–44 Jahre sind es 20 von 100.000. Im Vergleich dazu: Die Inzidenz arteriell-ischämischer Schlaganfälle im Alter ab 75 Jahren beträgt in Deutschland 1.200/100.000.

Studie findet untypische Risikofaktoren bei jungen Menschen

Bei den Schlaganfällen junger Menschen scheinen die Ursachen und Risikofaktoren nicht so eindeutig wie in höheren Altersgruppen. Eine Studie von 2023 aus den USA verglich traditionelle Risikofaktoren für einen Schlaganfall mit nicht traditionellen. 

Das Ergebnis: Besonders bei Menschen unter 45 Jahren fielen die nicht traditionellen Faktoren (teilweise) stärker ins Gewicht. 

Dazu wurden Daten von 2.618 Apoplex-Fällen (davon 73 % ischämisch) einer schlaganfallfreien Kontrollgruppe von 7.827 Menschen gegenübergestellt und verglichen. Alle Studienteilnehmer waren zwischen 18 und 55 Jahre alt. 

Je nach Alter wurden die Probanden in drei Gruppen eingeteilt: 18–34, 35–44 und 45–55 Jahre alt. In den jeweiligen Alters- und Geschlechtergruppen wurden die traditionellen und die nicht traditionellen Risikofaktoren bezüglich ihres Einflusses auf das Schlaganfallgeschehen betrachtet. Eins vorweg: Jeder der definierten Faktoren erhöhte das Risiko für einen Schlaganfall.

Risikofaktoren der Schlaganfall-Studie

Nicht traditionell: Migräne, Krebserkrankungen, HIV-Infektion, Hepatitis, Thromboseneigung, Autoimmunerkrankung, Vaskulitis, Sichelzellanämie, Herzklappenfehler, Nierenversagen, hormonelle Risikofaktoren (wie Einnahme oraler Kontrazeptiva und Schwangerschaft)

Traditionell: Hypertonie, Typ-2-Diabetes, erhöhtes LDL-Cholesterin, Schlafapnoe, periphere arterielle Verschlusskrankheit, Vorhofflimmern, koronare Herzkrankheit, Alkoholmissbrauch, Drogenmissbrauch, Tabakkonsum, Adipositas, Herzinsuffizienz

Nicht traditionelle Faktoren besonders bei Jüngeren ausschlaggebend 

Personen im Alter von 18 bis 34 Jahren mit Migräne, Nierenversagen, Autoimmunerkrankungen oder Herzklappeninsuffizienz hatten signifikant häufiger einen Schlaganfall als jene ohne diese untypischen Risikofaktoren. 

Bei den Männern wurden 31 % der Fälle den nicht traditionellen Risikofaktoren und nur 25 % der Fälle den traditionellen Risikofaktoren zugeschrieben. Bei den Frauen waren es sogar 43 % der Schlaganfälle, die durch einen oder mehrere der nicht traditionellen Risikofaktoren ausgelöst wurden, im Vergleich zu rund 33 % der Fälle, die durch die typischen Faktoren bedingt waren.

Migräne als stärkster Faktor bei jungen Frauen

Besonders stark war die Assoziation bei den unter 35-Jährigen. In dieser Probandengruppe hatten die nicht traditionellen Faktoren einen größeren Einfluss als die traditionellen: Migräne war der wichtigste untypische Risikofaktor, vor allem bei jungen Frauen. 

Diese Vorerkrankung wurde bei den 18- bis 34-Jährigen bei rund 20 % der Männer und bei 35 % der Frauen mit dem aufgetretenen Schlaganfall in Verbindung gebracht. Als mögliche Gründe für Migräne als starken Risikofaktor werden unter anderem eine durch Migräne bedingte Gefäßhypoperfusion, eine Endothel-Dysfunktion, der Einsatz von Migräne-Medikamenten, eine Thromboseneigung und genetische Faktoren diskutiert.

Schlaganfall: je älter, desto klassischer die Risikofaktoren

In der Altersgruppe 35 bis 44 gewannen die traditionellen Risikofaktoren bei den Männern die Überhand, bei den Frauen hielten sich traditionell (vor allem Bluthochdruck) und nicht traditionell – auch hier vor allem Migräne – ungefähr die Waage.  

Ab einem Alter von 45 Jahren scheint die Bedeutsamkeit der untypischen Risikofaktoren ab- und die der klassischen Faktoren zuzunehmen. In der Gruppe der 45- bis 55-Jährigen war Hypertonie der relevanteste Risikofaktor für einen Schlaganfall. Quellen
https://www.aerztezeitung.de/Medizin/Alter-bis-35-Migraene-erhoeht-Schlaganfall-Risiko-in-Studie-mehr-als-Hypertonie-448305.html

https://www.ahajournals.org/doi/10.1161/CIRCOUTCOMES.123.010307

https://www.dmkg.de/files/dmkg.de/Aerzte/ICHD-3-Deutsche-Übersetzung-German-Translation-2018-1.pdf

https://register.awmf.org/assets/guidelines/030-057l_S1_Therapie-der-Migraeneattacke-Prophylaxe-der-Migraene_2024-01.pdf

https://www.neurologen-und-psychiater-im-netz.org/neurologie/erkrankungen/migraene/krankheitsbild/

https://www.aerzteblatt.de/archiv/192642/Juveniler-Schlaganfall#:~:text=Die%20Inzidenz%20arteriell%2Dischämischer%20Schlaganfälle,)%20(2%2C%203).

https://schlaganfallbegleitung.de/wissen/schlaganfall-fakten#wer
 

Gesunder und aktiver Lebensstil beste Prävention

Trotz der Bedeutsamkeit der untypischen Faktoren für das Auftreten eines Schlaganfalls besonders in jungen Jahren steht ein gesunder und aktiver Lebensstil als Rundum-Prävention für die körperliche und geistige Gesundheit natürlich nach wie vor an erster Stelle und ist unerlässlich für eine dauerhafte Gefäß- und Herzgesundheit.