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Was ist eigentlich das Moebius-Syndrom?

Emotionen wie Freude, Überraschung oder Enttäuschung zeigen sich normalerweise in unseren Gesichtern. So lächeln wir jemanden freundlich an, den wir kennen und mögen, öffnen beim Erstaunen Mund und Augen oder runzeln die Stirn, wenn uns etwas missfällt. Der Gesichtsausdruck erfüllt wichtige Funktionen im sozialen Miteinander. Schwer haben es daher Menschen, die ihre Gefühle nicht über Mimik ausdrücken können.
Neurologische Krankheitsmechanismen des Moebius-Syndroms
Ein solches Defizit haben Menschen, die am Moebius-Syndrom leiden. Bei dieser neurologischen Erkrankung sind wichtige Hirnnerven gelähmt, die das Gesicht innervieren. Betroffen sind vor allem der sechste Hirnnerv – Nervus abducens –, der für die seitlichen Augenbewegungen verantwortlich ist, und der siebte Hirnnerv – Nervus facialis –, der die mimische Muskulatur steuert.
Fehlbildungen sind kennzeichnend für das Moebius-Syndrom
Die Gesichts- und Augenmuskellähmung kann unterschiedlich stark ausgeprägt sein und einseitig auftreten oder beide Gesichtshälften betreffen. Sie führt dazu, dass die Augen nicht nach außen gedreht werden können, die Augenlider herabhängen und sich die Augen nicht richtig schließen. Ein oder beide Mundwinkel hängen herab. Das Gesicht bekommt einen maskenhaften Ausdruck und erscheint meist asymmetrisch.
Oft kommen weitere Fehlbildungen hinzu, etwa dass die Öffnung für den Tränenfluss nicht ausgebildet ist. Manche Betroffene haben einen sehr kleinen Mund, einen unterentwickelten Ober- oder Unterkiefer oder eine Zungenatrophie (Muskelschwund der Zunge). Typisch sind Schluck- und Sprechstörungen.
In Verbindung mit dem Moebius-Syndrom können sich noch weitere Fehlbildungen einstellen, unter anderem zusammengewachsene oder fehlende Finger oder Zehen, Klumpfüße, eine (einseitig) unterentwickelte Brustmuskulatur oder ein Schiefhals. Häufig liegt eine Hörstörung vor.
Moebius-Syndrom von Geburt an vorhanden
Beim Moebius-Syndrom handelt es sich um eine angeborene Erkrankung, die schon ab Lebensbeginn in Erscheinung tritt. So fällt bei Neugeborenen ein ausdrucksloses und beim Schreien einseitig verzerrtes Gesicht auf. Außerdem können die Säuglinge nicht richtig trinken und sabbern dadurch.
Bei betroffenen Babys fällt auf, dass sie bewegte Objekte nicht mit den Augen verfolgen, da sie die Augen nicht horizontal bewegen können. Sie drehen stattdessen den ganzen Kopf. Außerdem sind beim Schlafen die Lider nicht vollständig geschlossen. Durch elektromyografische Untersuchungen und bildgebende Verfahren wie MRT kann die Diagnose bestätigt werden.
Menschen mit Moebius-Syndrom haben meist eine normale Intelligenz, sind jedoch in den ersten Lebensjahren häufig in ihrer Entwicklung verzögert, mit Schwierigkeiten in der Motorik und beim Sprechen, da Zungen- und Sprechmuskulatur beeinträchtigt sein können. Auch Trinken und Essen können schwerfallen.
Wie Betroffenen mit dem Moebius-Syndrom geholfen werden kann
Die Erkrankung ist nicht fortschreitend, aber die Symptomatik bleibt lebenslang bestehen. Aufgrund ihres Aussehens und der fehlenden mimischen Ausdrucksmöglichkeiten werden Betroffene oft für dumm oder unfreundlich gehalten. Sie erfahren häufig Ausgrenzung und leiden psychisch unter ihren Defiziten.
Das Moebius-Syndrom lässt sich nur symptomatisch behandeln. Sprachtherapie, Physiotherapie und psychologische Unterstützung können für die Betroffenen hilfreich sein. In manchen Fällen werden Muskeln transplantiert.
Das Moebius-Syndrom ist eine sehr seltene Erkrankung. Sie tritt nur bei circa einem von 50.000 Neugeborenen auf. Über die Ursachen weiß man noch wenig. Nur in einigen Fällen ist die Erkrankung familiär bedingt, selten wurden Spontanmutationen in relevanten Genen gefunden. Man geht vielmehr davon aus, dass die meisten Fälle auf Störungen während der Schwangerschaft zurückgehen. Das können Durchblutungsstörungen, Drogenmissbrauch der Mutter oder Schwangerschaftstraumata sein.
Die Erkrankung erhielt ihren Namen vom deutschen Neurologen Paul Julius Moebius, der das Syndrom im Jahr 1888 beschrieben hat. Quellen:
- Moebius Syndrom Deutschland e.V.
- Moebius Syndrome Foundation
- Orphanet
- DocCheck
Moebius-Syndrom in Kürze
- Seltene, angeborene, nicht fortschreitende neurologische Erkrankung.
- Durch Hirnnervenlähmung von Geburt an Störungen, vor allem Gesichtslähmung und Augenmuskellähmung (ein- oder beidseitig); häufig zusätzlich Anomalien der Extremitäten (z. B. Klumpfuß, zusammengewachsene Finger/Zehen) und des Rumpfes (z. B. unterentwickelter Brustmuskel); vielfältige weitere Störungen möglich.
- Symptomatik: keine (oder nur einseitige) Gesichtsausdrücke wie Lächeln, Stirnrunzeln etc. möglich; maskenhaftes, asymmetrisches Gesicht, keine horizontalen Augenbewegungen möglich, unvollständiger Lidschluss, Schluck- und Sprechstörungen; Intelligenz meistens normal; wegen fehlender Mimik soziale Schwierigkeiten und psychische Belastungen.
- Ursache: oft unklar, Durchblutungsstörungen/Traumata/Substanzmissbrauch während Schwangerschaft angenommen, selten genetisch bedingt.
- Therapie: nur unterstützend, u. a. Sprach-, Physio-, Psychotherapie; evtl. chirurgische Maßnahmen, z. B. Muskeltransplantation.
- Erkrankung sehr selten: circa 1:50.000