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Bei Kindern: Komplizierte Harnwegsinfektion erkennen

Ganz leicht fiel es der European Society for Pediatric Infectious Diseases (ESPID) nicht, einheitlich zu definieren, wann eine Harnwegsinfektion (HWI) bei Kindern als kompliziert einzustufen ist.
Eine solche Definition sei jedoch wichtig, damit Kinderärzte komplizierte Verläufe erkennen und adäquat behandeln, erklären Wissenschaftler im Fachjournal „The Pediatric Infectious Disease Journal“. So können langfristige Nierenschäden sowie Sepsis und Mortalität bei erkrankten Kindern begrenzt werden,
Gut zu wissen: HWI häufig im Kindesalter
Bis zum Alter von sieben Jahren erkranken 1 bis 2 Prozent der Jungen und 7 Prozent der Mädchen an einer Harnwegsinfektion.
Von denjenigen, die in der Notaufnahme vorstellig werden, gelten 5 bis 24 Prozent als komplizierte Harnwegsinfektion, es handelt sich also um eine häufige Infektion im Kindesalter.
Wann scheitert eine Therapie bei Kindern mit komplizierten HWI?
In der neuen europäischen Leitlinie hält das Expertengremium aus Mikrobiologen, pädiatrischen Nephrologen und Infektiologen fest:
Eine komplizierte kindliche Harnwegsinfektion liegt dann vor, wenn die Wahrscheinlichkeit erhöht ist, dass eine konventionelle Behandlung versagt.
Von einem Scheitern üblicher Therapien können Ärzte folglich ausgehen bei Kindern mit einer Harnwegsinfektion und
- anatomischen oder funktionellen Anomalien des Urogenitaltrakts,
- mehrfach rezidivierenden Harnwegsinfektionen (hohes Risiko für ungewöhnliche Erreger oder nicht diagnostizierte urologische Erkrankung),
- schwerem klinischen Bild (hohes Risiko für eingeschränkte Nierenfunktion),
- nicht urologischen Grunderkrankungen oder
- Neugeborenen (unreifes Immunsystem, hohes Risiko einer Bakteriämie).
HWI bei Kindern: Umfassende Diagnostik empfohlen
Unabhängig vom Status „kompliziert“ oder „unkompliziert“ raten die Leitlinienautoren zur Urinanalyse und Urinkultur, um eine Harnwegsinfektion überhaupt zu diagnostizieren.
Bei Verdacht auf einen komplizierten Verlauf könnten Ärzte – je nach Subgruppe des komplizierten Verlaufs – zusätzlich Entzündungsmarker, Elektrolyte und Kreatinin im Blut bestimmen und eine Blutkultur anlegen (z. B. bei ausgeprägter klinischer Symptomatik).
Auch Ultraschalluntersuchungen der Nieren und ableitenden Harnwege sind in manchen Fällen sinnvoll. Sie können helfen, akute Obstruktionen festzustellen.
Wie werden Kinder mit komplizierter Harnwegsinfektion behandelt?
Die Leitlinienautoren empfehlen zur Behandlung einer komplizierten Harnwegsinfektion bei Kindern Antibiotika. Die meisten randomisierten, kontrollierten klinischen Studien und Meta-Analysen zu Harnwegsinfektionen im Kindesalter schlossen komplizierte Verläufe jedoch aus.
Damit stützen die Leitlinienautoren ihre Antibiose-Empfehlungen auf retrospektive Daten und Expertenmeinungen und betonen, dass auch hier ein individueller Ansatz erforderlich bleibe – je nach lokalem Antibiogramm, früheren Antibiotika-Expositionen oder Allergien.
Zudem sei jede Untergruppe für unterschiedliche Erreger anfällig. Zu den Risikofaktoren für ESBL(Extended-Spectrum Beta-Lactamase)-produzierende Enterobakterien (ESBL-E) gehörten rezidivierende Harnwegsinfektionen, eine kürzliche Antibiotikaexposition, junges Alter und Klebsiella spp.
Risikofaktoren für resistente Carbapenemase-produzierende Uropathogene seien hingegen längere Krankenhausaufenthalte, invasive Geräte und kürzliche Reisen in endemische Gebiete.
Häufig raten die Leitlinienautoren zu Beta-Laktam-Antibiotika, teilweise zu Aminoglykosiden. Kindern mit rezidivierenden Harnwegsinfektionen könnten zunächst empirisch auf Grundlage früherer Kulturen behandelt werden.
Die Therapiedauer umfasst in der Regel zehn bis 14 Tage. Auch wenn sich die Behandlungsdauer für untere und obere Harnwegsinfektionen allmählich verkürzt habe, hätten auch hier Studien zu kürzeren Therapien Kinder mit komplizierten Verläufen weitgehend ausgeschlossen. Damit gebe es derzeit zu wenig Evidenz, um standardmäßig eine kürzere Behandlung zu empfehlen, erklären die Autoren. Quelle: Bryant PA, Bitsori M, Vardaki K et al. Guidelines for Complicated Urinary Tract Infections in Children: A Review by the European Society for Pediatric Infectious Diseases. Pediatr Infect Dis J. 19. März 2025 doi: 10.1097/INF.0000000000004790